Ein Gespräch mit meinem Nachbarn.

Wir kennen uns seit fast 20 Jahren. Netter Kerl, nicht dumm,  nicht fanatisch. Laufen wir uns mal über den Weg, unterhalten wir uns  eine Weile. Noch nie allerdings über Politik.

Meme: Pommes Leibowitz

Keine Ahnung also, wie es jetzt dazu kam. Es begann mit obiger  Äußerung von ihm, dem Titel dieses kleinen Erlebnisberichtes. Ich war  einigermaßen verblüfft über die Plattheit und Aggressivität dieser  Aussage, erwiderte deshalb nur vorsichtig:

„Aber das sind doch nicht alles Nazis?!“

Da stimmte er sofort zu. Nein, das wären wohl überwiegend Protestwähler. Und genau da konnte ich nun prima ansetzen:

„Und die protestieren ja nicht ohne Grund, oder?“

Und plötzlich waren wir uns total einig. Was in der Politik läuft,  seit über 20 Jahren, sei eine Katastrophe. Die zerstören Deutschland.  Die seien allesamt total unfähig oder gar böswillig. Es gehe immer  weiter abwärts und ideologischer Unsinn würde zur Normalität erklärt. Er  redet sich fast in Rage.

In den grünen Wohlstandsinseln gilt „weiter so“

Da mein Nachbar, wie auch ich, in der Wirtschaft tätig ist, bekommt  er den allgemeinen Niedergang natürlich eher mit als z. B. ein  „Klimawandelsoziologe“ (gibt es tatsächlich) oder  „Antidiskriminierungsbeauftragter“ mit staatlichem Forschungsauftrag,  der persönlich luxuriös in einer grünen Vorstadt lebt. Oder halt ein  kleiner Beamter oder Bürgergeldempfänger, der sich von grünen Predigern  die Weltrettung erhofft und der festen wenn auch merkwürdigen  Überzeugung ist, dass Politiker und Medien niemals lügen.

Für mich die Gelegenheit einen Bogen zurück zu spannen:

„Wenn also alles schief läuft, in der Politik, was macht man denn dann?“

Immer das Gleiche wählen, damit weiterhin alles schief läuft, es weiterhin abwärts gehen kann?

Protestwahl als konstruktive Einflussnahme

Da er kurz sprachlos ist, erläutere ich ihm jetzt das Prinzip des  Protestwählens. Es kommt dabei nicht darauf an, dass die Protestpartei  eine Regierungsbeteiligung erlangt. Es ist nicht einmal nötig, dass sie  regierungsfähig ist. Es kommt nur darauf an, dass man den etablierten  Parteien gut dotierte Sitze stiehlt.

Wenn die in einer extremen ideologischen Blase lebenden  Spitzenpolitiker nicht mehr alle ihre Parteisoldaten unterbringen  können, womöglich sogar den einen oder anderen gewinnbringenden  Lobbyisten verlieren, nur dann, und ich betone noch mal: NUR DANN kann  man sie zum Aufwachen bringen.

Das war auch einst bei den Grünen so. Inzwischen haben praktisch alle  Parteien die Umweltproblematik in ihr Programm aufgenommen. Und die  Grünen selber sind ja praktisch bis heute regierungsunfähig – wie sie  täglich eindrucksvoll beweisen.

Fassen wir zusammen

Er stimmt mir zu. Er stimmt mir praktisch in allem zu. Hier noch mal die entscheidenden Punkte:

– Die AfD-Wähler sind also eigentlich gar keine Nazis und die Politiker natürlich auch nicht alle – wenn überhaupt.

– Die Politik der etablierten Parteien ist eine Katastrophe, und das seit über 2 Jahrzehnten, spätestens seit Angela Merkel.

– Die einzige Möglichkeit, daran etwas zu ändern, wäre, eine Protestpartei zu wählen.

Ja, das stimmt leider, antwortet er kurz und nachdenklich.

Weiter so?

Was wird er jetzt wohl wählen? Nachdem er mir noch erläutert, dass er  aus einer Sozialdemokratenfamilie stamme, so als wäre das erblich (eine  Anmerkung, die ich mir verkneife), und dass ihn halt diese Rechten  nerven (diesmal vermeidet er das Wort Neonazis), zeichnet sich für mich  deutlich ab:

Er wird wieder und für immer SPD wählen. Er weiß eigentlich, dass das  falsch oder zumindest keine Lösung ist, aber er wird es trotzdem tun.  Weil er es schon immer getan hat. Und wegen diesen Räächten überall …

P.S. Ich habe zu keinem Zeitpunkt versucht, meinen  Nachbarn zu überzeugen, was auch nicht funktionieren würde. Ich habe nur  versucht, Denkprozesse anzuregen. Aber was ist schon der kühle Verstand  gegenüber der Macht der Gewohnheit und dem Hass auf den vermeintlichen  politischen Gegner.

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