Des Krieges größter Profiteur ist immer die Rüstungswirtschaft. Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine stiegen die Wertpapiere von unter anderem Rheinmetall und Hensoldt um bis zu 40 Punkten. Dass Menschenrechte dem Geschäft nur hinderlich sind, macht darüber hinaus auch Stephan Heibel in einem Tweet vom 24. Februar 2022 deutlich. Der Betreiber eines „Börsen-Tickers“ ermunterte auf dem „sozialen Netzwerk“ seine Leser*innenschaft, in dieser Zeit in Aktien zu investieren. Auch die Kritik, er könne angesichts der Tragödie doch solch eine Aussage nicht tätigen, erwiderte er in der Logik eines Finanziers, dass er das Kriegsgeschehen finanzwirtschaftlich bewerte. Der Menschenhass ist aus allen Zeilen ersichtlich, doch es verdeutlicht auch eine Seite der kapitalistischen Weltordnung, wonach der Mehrwert und die Kapitalakkumulation vor Menschenrechten und Frieden Vorrang haben.

Diese stets als „liberale Freiheit“ titulierte Weltordnung offenbart in den letzten Tagen auch in der BRD, was prioritär zu behandeln ist. Während am vergangenen Wochenende in allen Teilen der Welt die Menschen auf die Straße gingen, um gegen den imperialistischen (Stellvertreter-)Krieg, für den sowohl die NATO und ihre westlichen Verbündeten als auch die Russische Föderation verantwortlich sind, zu protestieren, verkündete die Bundesregierung unter dem Sozialdemokraten Olaf Scholz ein Sonderpaket in Höhe von 100 Milliarden Euro für die nationale Aufrüstung. 100 Milliarden Euro sind zwei Jahresetats, und Scholz als auch das Verteidigungsministerium machten deutlich, jährlich mehr als zwei Prozent des BIP für die Wehrfähigkeit auszugeben. Die Bevölkerung ruft nach einem Ende des Krieges, und die Bundesregierung schickt Soldat*innen in die baltischen Staaten, genehmigt Rüstungsexporte in die Ukraine und suhlt sich in permanenten Falsch- und Lügenmeldungen.

Das Postulat, wonach der Einmarsch in die Ukraine seit Ende des Zweiten Weltkrieges wieder einen Krieg in Europa auslöste, wurde nur durch die Äußerung zynisch getoppt, wonach es sich gar um das schlimmste Ereignis seit 70 Jahren handele. Vergessen scheint hier bei den Herrschenden die Zerschlagung des sozialistischen Jugoslawiens und der NATO-Krieg 1999, bei der ebenfalls eine sozialdemokratisch deutsche dominierte Regierung in den Krieg zog. Der Vorwurf, Russland breche massiv das Völkerrecht, mag seine Richtigkeit haben; dennoch wirkt es aus dem Munde derer, die gewaltsam den jugoslawischen Vielvölkerstaat zerschlugen, bis hin zur Abtrennung der serbischen Provinz Kosovo wie ein blanker Hohn. Vielmehr erweist sich die deutsche Sozialdemokratie einmal mehr als der patriotischste Steigbügelhalter der herrschenden Klasse, geostrategische deutsche Interessen kriegerisch zu erreichen.

Die Vereinnahmung der Friedensdemonstrationen durch die Scholz-Regierung tut dabei ihr Übriges. Innenpolitisch ist das Vorhaben, 100 Milliarden Euro in den Wehretat zu pumpen, wie ein direkter Schlag ins Gesicht all jener Menschen, die seit Ausbruch der Pandemie auf Kurzarbeitergeld angewiesen sind, ihren Job verloren und das Narrativ ständig verbreitet wurde, man habe kein Geld für irgendetwas. Kein Geld für die Pflege, kein Geld für die Bildung, kein Geld für die Schwächsten der Schwachen - doch für die Aufrüstung ist nonchalant 100 Milliarden Euro vorhanden. Dass kein Geld vorhanden sei, entsprach schon immer einer Lüge, doch hier wird es sehr deutlich. Finanzminister Christian Lindner (FDP) reiht sich in den Zynismus ein und unterstützt die Milliardenförderung - der Fokus auf den “Sozialstaat” sei in der Vergangenheit zu zentral gewesen, das müsse sich ändern. Eine als „progressiv“ verbrämte Regierung setzt die Axt an den ohnehin schon schwachen Sozialstaat, rüstet massiv auf und schickt Soldat*innen an NATO-Stützpunkte zur direkten Konfrontation mit der Russischen Föderation. Etwas, was sich eine christdemokratische Regierung nie getraut hätte.

Damit muss Schluss sein. Kein Cent darf in den Wehretat gesteckt werden. Das Geld, was offensichtlich vorhanden ist, muss unweigerlich zur Unterstützung der Pflege, der Bildung, den Schwächsten der Schwachen gesteckt werden, in eine Erhöhung der Renten, der Lohnuntergrenzen und des Ausbaus und der Förderung in erneuerbare Energie angesichts der Klimakatastrophe. Krieg schafft immer Elend und Barbarei. Auch angesichts der Tatsache, dass die Aufrüstung der NATO-Staaten ohnehin schon weit über den Etat Russlands geht, ist es gefährlich absurd, 100 Milliarden Euro zusätzlich zu investieren. Die Interessen der BRD werden wohl an der Grenze zu Russland verteidigt. Die Doppelmoral wird in der Eskalation der politisch-militärischen Auseinandersetzung im Umgang mit der Ukraine mehr als deutlich. Die (vermeintliche) Solidarität mit der Ukraine münzt in einen militärischen Komplex, der nicht anders kann, als in einen Flächenbrand auszuarten. Der BRD und dem deutschen Kapital ist der Krieg immer dienlich, und nur zu verurteilen, wenn er deutsche Interessen betrifft. Nicht anders ist zu erklären, dass immer dann, wenn westliche Staaten Kriegsverbrechen begehen, geschwiegen wird, aber der russische Imperialismus mit der höchsten Form der (A)Moral beantwortet wird.