Coronaviren sind eine Ordnung und zu ihnen zählt man viele verschiedene Spezies. Unter ihnen findet man z.B. auch SARS und MERS, die eine ähnliche epidemiologische Geschichte haben und ebenfalls Pathogene des Respirationstrakts sind. Coronaviren sind bekannt dafür ein großes Spektrum von Wirten infizieren zu können. Das liegt auch daran, dass sie hauptsächlich den Respirationstrakt infizieren, in dem er sehr konservierte Strukturen gibt die sich einigermaßen konstant durch alle Säugetiere ziehen, aber auch Vögel und Fische können ihnen zum Opfer fallen. Diese Eigenschaft gepaart mit ihrer relativ hohen Mutationsrate führt dazu, dass es immer wieder zu Zoonosen kommt, bei denen ein Tierpathogen sich an den Menschen anpasst und dann auf ihn überspringt. Ehemals harmlose Viren können so gefährlich für den Menschen werden. Gute Beispiele dafür sind SARS oder MERS die ebenfalls als Zoonosen gefährlich für den Menschen wurden. Im Gegensatz zum 2019-nCoV haben diese beiden Erreger allerdings eine sehr hohe Mortalitätsrate. Das liegt unter anderem daran, dass diese Viren sehr schlecht an den Menschen angepasst sind.

Coronaviren können eine Größe zwischen 120–160 nm erreichen, weshalb sie zu den eher größeren Viren zählen. unten sieht man nochmal das Schema nachdem die Viren aufgebaut sind.

Eine schematische Darstellung von Coronaviren

Die Viren infizieren ihre Zielzellen im Respirationstrakt über den ACE2 (Angiontensin COnverting Enzyme 2) Rezeptor, zu denen Epithelzellen des Atemtrakts und die Parenchymzellen der Lunge zählen. Dort entlassen sie ihr RNA Genom, aus dem sie die Proteine ablesen, aus welchen sie sich wiederum zusammenbauen. Sie replizieren ihr Genom und bauen alles zusammen. Beim Entlassen der einzelnen Partikel nehmen sie die Membran der Wirtszelle mit und werden als neue Viren entlassen, die dann wieder neue Zellen infizieren können und der Kreislauf beginnt von vorne.

Der Replikationszyklus von Coronaviren

Epidemiologie

Viele Menschen werden sich noch an den Ausbruch von SARS erinnern und wie sich dieses Virus als Epidemie sehr schnell sehr weit verbreitet hat und auch sehr viele Menschenleben forderte. Das SARS Virus führte zu einem Schweren Akuten Respiratorischen Syndrom, was bedeutet, dass die Atemwege schwer beschädigt wurden. Am Ende der damaligen Epidemie wurden über 8000 Menschen infiziert und ca. 10% verstarben. Das ist schon ziemlich gefährlich. Jetzt ziehen wir parallelen zum aktuellen Virus.

Ebenso wie SARS ist auch nCoV vermutlich auf den Tiermärkten von einer Tierart auf den Menschen übergesprungen. Derzeit wird noch viel spekuliert, man vermutet aber, dass das Virus entweder von Stachelschweinen, Schlangen oder Civet Cats stammt die in Wuhan verzehrt wurden.

Es ist nach aktuellem Stand des Wissens nicht unwahrscheinlich, dass der natürliche Wirt des nCoV eine Schlangenart sein könnte. Klar ist aber, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit Flughunde zu den natürlichen Wirten des Virus gehören. Flughunde sind Wirte sehr vieler Viren, die in ihnen keine Krankheit auslösen, wie z.B. Nipah oder Marburg. Von den Flughunden kann das Virus auf andere Tiere übertragen werden, die dann verzehrt werden und als Vektor des Virus dienen, und es weiter auf den Menschen übertragen. Zu den Kandidaten zählen:

Bungarus multicinctus (die vielgebänderte Krait)

Eine Abbildung einer Bungarus multicinctus

Und die Naja atra (die chinesische Kobra)

Eine Abbildung einer Naja atra

Aber auch die Civet Cats (Civettictis civetta) zählen zu möglichen Überträgern, da diese in der Region sehr gerne verzehrt werden.

Die Civettictis civetta haben teilweise sehr engen Kontakt zu Menschen in China und werden sogar verzehrt

Das ist aber reine Theorie und es gibt auch noch sehr viele andere Tiere, die als Vektor für den Erreger gedient haben könnten. Das Virus findet sich nämlich in sehr vielen Tieren und alle davon beteiligt gewesen sein. Auch das Stachelschwein könnte Vektor gewesen sein, da es in der Region gerne verzehrt wird, weil ihm eine potenzsteigernde nachgesprochen wird. Die Liste ist sehr lang und es wird noch eine ganze Weile dauern bis man den Vektor identifiziert hat, wenn man es überhaupt schaffen sollte.

Sobald das Virus einen Menschen infiziert hat, kann sich dieses sehr rasch von Mensch zu Mensch ausbreiten. Derzeit geht man von einer Inkubationszeit von 1 bis 14 Tagen aus. Das bedeutet, das Virus kann bis zu 14 Tage lang unbemerkt einen Patienten infiziert haben, bevor es zum Ausbruch der ersten Symptome kommt. Außerdem wird vermutet, dass das Virus bereits vor Ausbruch der Symptome ansteckend ist und hier liegt der Hund begraben. So kommt es nämlich unter Anderem zur extremen Geschwindigkeit mit der sich die Epidemie ausbreitet. Der Infizierte kann das Virus bereits an den Nächsten weitergeben, ohne zu wissen, dass er infiziert ist, da er keine Symptome zeigt.

Das Virus hat sich bisher auf 9 836 Menschen ausgebreitet (die die im Labor bestätigt wurden) von denen 213 starben (Stand 31.01.2020). Das sind ziemlich geringe 2%. But wait! There's more!

Die Menschen die verstarben waren allesamt bereits vorbelastet, litten an Krebs oder Atemwegsbeschwerden, Diabetes, Immunschwächen oder waren schlichtweg sehr alt. Das Virus scheint daher für einen gesunden Menschen nicht sonderlich gefährlich zu sein, wobei die Fallzahl von ca. 10,000 einfach noch sehr gering ist. Bei so wenigen bestätigten Fällen von einer Mortalitätsrate zu sprechen ist noch verfrüht, aber derzeit sieht es nicht aus als wäre dieses neue Virus ein neues SARS, denn diese Epidemie war wirklich gefährlich. Dazu kommt noch, dass die Dunkelziffer der Infizierten vermutlich sehr viel höher ist. Da das Virus aber hauptsächlich Grippe Symptome auslöst, werden die meisten Fälle gar nicht erst diagnostiziert. Alle Fälle in denen das Virus gar keine oder milde Symptome auslöst, werden nicht wahrgenommen. Bei den meisten anderen Viren kennt man die Inzidenz bereits sehr gut und kennt daher auch die Mortalitätsrate und den Krankheitsverlauf sehr gut.

Diagnose

Natürlich kann es passieren, dass sich das Virus noch ein wenig verändert und auch eine globale Epidemie muss mit allen Mitteln verhindert werden. Die Wärmedetektoren oder Infrarotpistolen an den Flughäfen sind jedoch völlig wirkungslos und werden einfach nur für Panik sorgen, sollte er einmal positiv ausfallen, auch wenn die arme Person einfach nur eine Erkältung hat. Und sollte jemand Träger des Virus sein und sich noch in der Inkubationszeit befinden, wird die Person gar kein Fieber haben. Diese Methode ist daher sehr radikal und meines Erachtens nach nicht sehr sinnvoll.

Das Virus sorgt in gesunden jungen Menschen für fast gar keine Symptome. Im schlimmsten Fall kommt es zu Husten, Atembeschwerden und leichtem Fieber. Besonders bei älteren Menschen oder Patienten mit vorbelastenden Krankheiten (wie Diabetes oder Immundefizienz) kann es jedoch schwere Folgen haben und sogar zum Nierenversagen, zur Pneumonie oder sogar zur Virämie mit gefolgter Sepsis und zum Tod kommen.

Es wurden aber bereits Primer entwickelt, die es uns ermöglichen das Virus mittels PCR zu diagnostizieren. Dazu kann man einem Infizierten respiratorische Proben entnehmen und das Virus innerhalb von 3 Stunden direkt detektieren. Außerdem wird anderen indirekten diagnostischen Nachweismethoden gearbeitet. Derzeit versucht man Antikörper, die sich gegen das Virus richten, mittels ELISA zu detektieren, wie man das z.B. bei HIV macht. Der Vorteil dieser Tests ist, dass sie sehr schnell und billig sind.

Therapie

Jetzt stellt sich natürlich die Frage nach einer Impfung. Natürlich kann es zu diesem Zeitpunkt noch keine Impfung geben, da das Virus erst im Dezember 2019 isoliert und entdeckt wurde. Davor wusste man noch nicht, dass das Virus überhaupt existiert. Aber spätestens seit Januar 2020 hat das Virus immer mehr Aufmerksamkeit auf sich gezogen und nun kommen die ersten Projekte ins Rollen. Zuerst muss einem bewusst sein, dass die Entwicklung eines Impfstoffes von Anfang bis Ende ca. 500 Mio. € kostet. Eine universelle Heilung kommt nicht gratis. In der Regel dauert die Entwicklung eines Wirkstoffes von seiner Entdeckung bis zum Verkauf in Apotheken über 10 Jahre. Aber natürlich wird der Prozess in diesem Fall stark beschleunigt werden wegen der Dringlichkeit und weil es heute bereits außerordentlich gute Methoden gibt neue Impfstoffe schnell herzustellen. Am Institut für Virologie in Marburg wird bereits daran gearbeitet ein solches Impfkonstrukt zu erstellen.

Dabei nimmt man das Spikeprotein des nCoV, also das Protein, das sich auf der Oberfläche des Virus befindet, und „transplantiert“ es auf ein Konstrukt, das so aussieht wie ein Virus, aber keine Krankheit auslöst. In diesem Fall verwendet man das MVA (Modified Vaccinia Ankara) Konstrukt, das auch bei der Immunisierung der Pocken verwendet wurde. Bis zu Fertigstellung dieses Konstruktes wird es im schnellsten aller Fälle mindestens ein halbes Jahr brauchen. Danach kann der Impfstoff an den ersten Tieren getestet werden. Wenn alle Tests vielversprechend und ohne Probleme verlaufen, sollte der Impfstoff dann in allerfrühestens 1 ½ Jahren an den ersten Personen getestet werden können. Und das nur, wenn absolut alles läuft wie geplant (was normalerweise nie passiert). Ein funktionierender Impfstoff könnte damit zukünftige Epidemien verhindern.

Aktuell kann das Virus per se jedoch nicht behandelt werden. Es werden lediglich die Symptome behandelt. Man achtet darauf das Fieber zu senken, sollte es über 40°C steigen, es wird ausreichend Flüssigkeit gegeben und nur in den allerwenigsten Fällen werden Medikamente wie Lopinavir oder Ritonavir gegeben. Das sind Medikamente, die sehr gut bei HIV Infektionen helfen und virale Enzyme hemmen. Das Virus kann dadurch zwar nicht entfernt werden, aber die Replikation des Virus wird eingeschränkt. Leider haben beide Medikamente viele Nebenwirkungen und Kontraindikationen, weshalb sie nur in den aller seltensten Fälle verabreicht werden.


Christopher Veeck ist Virologe am Institut für Virologie der Universität Marburg, wo aktuell das Projekt zur Entwicklung einer Impfung gegen das Coronavirus gestartet wurde.
Er verfasst Artikel, wie diesen hier, leistet Aufklärung zum Thema, und beantwortet Fragen auf Quora.