Aufbruch und Transformation sind dringlicher als jemals zuvor, um in der Future Economy eine Rolle zu spielen. Permanente Vorläufigkeit ist das „Neue Normal“. Mit althergebrachten Managementtools kommt man deshalb nicht weit. Die waren für festen Grund und stabile Zeiten gebaut. In einer fluiden Umgebung geht man damit unter. Nun werden Vorgehensweisen benötigt, die derart beweglich machen, dass die „Wildwasser“ der Zukunft erreicht werden können.
Um für Aufbruchsstimmung zu sorgen, das Neue ins Unternehmen zu lassen und den Wandelwillen tatsächlich in Gang zu setzen, sind Selbstversuch und Tuchfühlung mit der Realität für jeden Manager elementar. So lassen sich Berührungsängste abbauen und Chancenpotenziale glasklar erkennen. Zudem müssen die internen Rahmenbedingungen stimmen — strukturell und kulturell. Alles steht und fällt mit dem Faktor Mensch.
Das Schlechteste, was man bei steigendem Außendruck machen kann — doch leider allzu oft üblich: Daumenschrauben anziehen, Vorgaben detaillieren, die Planungsdichte erhöhen, den Rahmen verengen und den hierarchischen Innendruck mächtig erhöhen. So erzeugt man nur Starre. Das Beste stattdessen: Käfigtüren öffnen und das Neuland als Herausforderung mutig erschließen. Dazu empfehle ich die folgenden Schritte:
1. Befassen Sie sich permanent mit der Zukunft — gemeinsam
Die entscheidenden Fragen: Welche Tragweite haben Zukunftstechnologien für unsere Branche? Und für unsere Kunden? Wie können wir uns rechtzeitig darauf einstellen? Und wie gehen wir dabei vor? Beziehen Sie bei der Antwortsuche alle Beschäftigten mit ein, besonders die „unteren“ Reihen, die jungen Talente und auch mögliche Kunden. YouTuben Sie Futurologen, Zukunftsforscher und Wirtschaftsphilosophen oder lesen Sie deren Bücher. Ziehen Sie TedX-Videos als Lernquellen heran. Buchen Sie entsprechende Kurse renommierter Online-Universitäten.
Springen Sie raus aus der Filterblase Ihrer eigenen Vorgehensweisen. Blicken Sie über den Tellerrand Ihrer Branche. Überarbeiten Sie Ihre eigenen Mindsets. Holen Sie sich anerkannte Experten für Vorträge und Workshops ins Haus. „Draußen“ in der Welt ist man sehr oft schon deutlich weiter. Befassen Sie sich mit Unternehmen, die Transformationsprozesse hinter sich haben und über ihre Erfahrungen offen berichten. Von glattgebügelten PR-Storys hingegen lernt niemand auch nur irgendwas.
Vernetzen Sie sich mit Organisationen, die schon auf dem Weg sind. Bleiben Sie kontinuierlich an den Trendthemen dran. Die üblichen jährlichen Strategiemeetings reichen längst nicht mehr aus. Dreimonatige Updates sind Minimum, damit das Neue ruckzuck im gesamten Unternehmen Fuß fassen kann. Hierbei sind Zukunftsszenarien hilfreich, um sich dann von dort aus zurückzudenken.
2. Tauchen Sie in die Szene der jungen Unternehmen ein
Statt mit Gleichgesinnten aus der eigenen Branche über das immer gleiche zu reden, docken Sie besser an die neuen Innovationsökosysteme an. Branchenfremde erkennen leichter das Potenzial neuer Ideen. Buchen Sie projektweise ein Innovation Lab, um schnell besser zu werden. Dort präsentiert man eine konkrete Problemstellung in Bezug auf ein neues Produkt oder Geschäftsmodell. Eine heterogene Gruppe aus Gründern und Experten erarbeitet daraufhin in wenigen Stunden mögliche Lösungsansätze.
Oder besuchen Sie Corporates meet Startups-Veranstaltungen. Auf solchen Events treffen Unternehmensvertreter mit Gründern locker und formlos zusammen. Oder gehen Sie in ein Innovation Camp, wo Sie weit weg vom Alltag und in einem geschützten Raum neue Methoden der Arbeitsorganisation und des Innovationsmanagements kennenlernen, meist über Branchen- und Ländergrenzen hinweg.
Oder arbeiten Sie auf Zeit in einem Coworking-Space. Dort bucht man nicht nur einen Tisch oder ein Büro. Vielmehr sind sie Begegnungsorte für neue Formen der Arbeit. Man gewinnt Zugang zu Freelancern, Startups und Kreativ-Agenturen. Oft finden sich dort zudem kleine Teams aus Konzernen, die an neuen Produkten forschen und sich dafür vernetzen. Bisweilen gibt es auch Events und Lernformate, die von der und für die Coworking-Community organisiert werden.
3. Führen Sie ein internes Reverse-Mentoring-Programm ein
Mit einem Reverse-Mentoring-Programm bringen Sie auf einfache Weise frischen Wind, digitale Denke und agiles Handeln ins Unternehmen und bereiten den Boden für größere Transformationsmaßnahmen vor. Geht es nämlich um technologische Errungenschaften, aktuelles Käuferverhalten und zeitgemäße Arbeitsbedingungen, dann ist die Generation der längst digital transformierten Millennials in ihrem Element.
So drehen sich beim Reverse Mentoring die Rollen des klassischen Mentorings um: Der Junior coacht den Senior auf den Themengebieten, die „Jung“ besser kann als „Alt“. Vornehmliches Ziel ist es, die digitale Fitness im gesamten Unternehmen zu erhöhen, altgewohnte Kommunikations- und Arbeitsweisen an die Erfordernisse der digitalen Ära anzupassen und Ältere mit der Lebenswelt der Millennials vertraut zu machen.
4. Sturmtrupps für Digitalisierung und Nachhaltigkeit bilden
Die Diskussion, wo die Digitalisierung verortet sein soll, bleibt in der Silodenke verhaftet. Das ist ein Fehler. Die Digitalisierung der Geschäfts-, Produktions- und Kommunikationsprozesse betrifft abteilungsübergreifend alle im Unternehmen. In die IT-Abteilung gehört sie ganz sicher nicht, dort sitzen vor allem Systemerhalter.
Ähnliches gilt für das Thema Nachhaltigkeit. Auch hier werden alle im Unternehmen gebraucht. Installieren Sie besser interne Taskforces, die sich komplett selbstgesteuert organisieren. Sie treten mit ihren Belangen als Brückenbauer zwischen den einzelnen Bereichen in Aktion. Sie arbeiten crossfunktional und interhierarchisch.
Veranstalten Sie zudem Hackathons. Hackathons, eine Wortschöpfung aus Hack und Marathon, sind Events zur konzentrierten gemeinsamen Lösung von meist digitalen oder nachhaltigen Aufgabenstellungen mit einem extrem engen Zeitplan. So kommt man zu hocheffizienten Resultaten — in der Hälfte der üblichen Zeit.
5. Veranstalten Sie Workshops zum Zweck der Selbstdisruption
Wer erfolgreich ist, übersieht ständig neue Ideen, weil er seinen Erfolg überschätzt. Tappen Sie nicht in diese Falle. Die entscheidende Frage: Was wird in unserem Bereich als nächstes abgelöst und verschwinden? Nutzen Sie gute Zeiten, damit sie gut bleiben. Bevor Sie angegriffen werden, unternehmen Sie besser, von einem Moderator fachkundig angefeuert, den Selbstangriff, zumindest als theoretische Übung.
So können Sie Ihre wunden Punkte ausfindig machen, bevor es andere tun, sich selbst neu denken und Grundlagen schaffen, um zukünftige Geschäftsfelder zu erschließen. Viele Vorreiter der Digitalwirtschaft befassen sich ständig mit diesem Thema, um nicht von jüngeren, besseren Angreifern disruptiert zu werden.
Lassen Sie sich bei alldem von Anderen inspirieren. Finden Sie aber definitiv Ihren eigenen Weg. Denn keine zwei Unternehmen sind gleich. Und, ganz entscheidend: Legen Sie explizit fest, dass Versuch und Irrtum unumstößlich zur Vorgehensweise Ihres Transformationsprozesses gehören. Denn man muss üben, um zu brillieren.
(Dies sind 5 Tipps aus meinem Bestseller Die Orbit-Organisation - In 9 Schritten zum Unternehmensmodell für die digitale Zukunft. Das Buch war Finalist beim International Book Award und ist auch als Hörbuch erhältlich)