Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels, den man bisher als eine seriöse Institution kannte, deren Hauptaufgabe die Pflege und Förderung der Literatur sein soll, meint die Regierungspolitik unterstützen zu müssen. Aber solche Trivialitäten, wie sich mit Literatur zu befassen, sind aktuell nicht mehr ausreichend, um gesellschaftlich anerkannt zu werden. Heute muss man starke Signale setzen und vor allen Dingen Rückgrat zeigen. So ist es keine Überraschung, dass der Börsenverein glaubt, es sei höchste Zeit, sich für die Demokratie einzusetzen, weil dies offensichtlich die neue Staatsraison ist. So zeigten sich die Vorsteherin des Börsenvereins, Karin Schmidt-Friderich und der Hauptgeschäftsführer Peter Kraus vom Cleff mit Schildern mit der Beschriftung: „Demokratie wählen – Jetzt“. Was haben diese Herrschaften denn bisher gewählt? Will man den Bürgern sagen, dass es erst jetzt möglich ist, die Demokratie zu wählen, weil dies staatlich verordnet wurde?
Es ist erschreckend, wie auch die Buchmesse durch den Börsenverein in eine Parteipolitisierung getrieben wurde. Von einer intellektuellen Freiheit des Denkens, die viele Richtungen zulässt, scheint auch bei der Buchmesse nichts mehr übriggeblieben zu sein. So stellt der Börsenverein in einer Erklärung zur Buchmesse in Leipzig fest: „Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels und die Leipziger Buchmesse wollten vor den Hintergrund Freiheit und Toleranz> und im Hinblick auf anstehende Wahlen <ein starkes Signal von der Frühjahresmesse der Buch- und Medienbranche aussenden>.
Es fehlt nur noch die Ergebenheitsadresse des Börsenvereins an die „Staatsführung der demokratischen Parteien“, die unermüdlich für die „wehrhafte Demokratie“ eintritt.
Unerträglich sind die Ausführungen der Vorsteherin des Börsenvereins anlässlich der Eröffnung der Buchmesse. Karin Schmidt-Friderich wies auf die friedliche Demonstration vor 30 Jahren hin, bei der in Leipzig Tausende auf die Straße gingen. Sie nahmen in Kauf, dass sie von den damaligen Staatsorganen sanktioniert wurden, vielleicht sogar in Haft kamen. Jetzt nach 30 Jahren, so führte Schmidt-Friderich weiter aus, seien wieder Hunderttausende in Leipzig auf die Straße gegangen, um ein Zeichen für die Demokratie zu setzen. Sie erklärte in ihrer Rede: „Dass heute wieder so viele Menschen für die Demokratie und gegen Rechtsextremismus auf die Straße gehen, ist ein gutes Zeichen. Vielleicht hat das Recherchen-Netzwerk Correctiv uns aus dem Dämmerschlaf der Demokratie-Selbstverständlichkeit geweckt“. Für wie dumm meint diese Vorsteherin des Börsenvereins gebildete Bürger zu halten, wenn sie sich auf eine Agitationsfirma, die von der Bundesregierung mitfinanziert wird und im Zusammenhang mit dem angeblichen Potsdamer Geheimtreffen eigene linksorientierte Meinung als gesicherte Recherchen der Öffentlichkeit vermittelte, beruft? Eine Organisation, die behauptete, dass man über Deportation gesprochen habe, obwohl dieses Wort nie gefallen ist? Im Gegensatz zu den Demonstrationen der Leipziger Bürger vor dreißig Jahren waren die jetzigen Demonstrationen gut vorbereitete von linken Kaderorganisationen organisierte Demonstrationen, wie sie auch in der DDR von der damaligen SED organisiert wurden. Wie die NZZ kürzlich berichtete, wobei sie sich auf eine wissenschaftliche Untersuchung berief, durch die analysiert wurde, welcher Personenkreis an den gut organisierten Demonstrationen teilgenommen hatte, waren die Genossen der Partei Bündnis 90/ die Grünen sowie weitere linke Demonstranten beteiligt. Nicht an den Demonstrationen beteiligten sich Bürger der sogenannten Mittelschicht.
Es ist schon erschreckend, wie weit das intellektuelle Niveau in Deutschland gesunken sein muss, wenn renommierte Institutionen, wie der Börsenverein, sich so einseitig von der gegenwärtigen Regierungspolitik instrumentalisieren lässt. Glücklicherweise gibt es in Deutschland durchaus noch Intellektuelle und andere gebildete Personen, die sich das eigene Denken nicht verbieten oder einschränken lassen. Damit besteht immer noch die Hoffnung, dass es auch in Deutschland wieder dazu kommt, dass die intellektuelle Freiheit des Denkens nicht nur eine Forderung, sondern wieder eine Realität sein wird. Und davor scheint die gegenwärtige "Ampelregierung" große Angst zu haben.
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