Seit Wochen berichten die Qualitätsmedien über den Beschluss der CDU, gegenüber der AfD eine Brandmauer zu bilden. Den Bürgern wird erzählt, dass der Vorsitzende der CDU, Friedrich Merz, darauf hingewiesen hat, dass diese "Brandmauer" natürlich auf allen politischen Ebenen, also von der Kommune bis hin zum Europaparlament gültig sei. Bei Missachtung wird den Parteimitgliedern Konsequenzen angedroht. Gerade im Zusammenhang mit der Einhaltung der sogenannten Brandmauer kam Friedrich Merz in große Schwierigkeiten, weil man ihm unterstellte, diese sogenannte Brandmauer teilweise infrage zu stellen. Die Qualitätsjournalisten berichteten und kommentierten diesen Sachverhalt sehr intensiv, so dass Friedrich Merz seine eigenen Aussagen zum Einhalten der sogenannten Brandmauer inzwischen relativierte. In vielen Kommentaren der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten wurden flammende Kommentare veröffentlicht, in denen auf die Notwendigkeit der strikten Einhaltung der "Brandmauer" hingewiesen wurde. Merz wurde massiv kritisiert, dass er es wagte, darauf hinzuweisen, dass es doch sinnvoll sein könnte, auf der kommunalen Ebene mit gewählten Bürgermeistern oder Landräten zu sprechen.
Der der Innenministerin nachgeordnete Behördenleiter des Verfassungsschutzamtes wird aktuell nicht müde, immer wieder darauf hinzuweisen, dass die AfD diesen Staat delegitimiert, indem sie darauf hinarbeitet, das Grundgesetz und unserer staatlichen Rechtssystem auszuhebeln.
Nun könnte man vielleicht zu der Auffassung kommen, dass hier Auffassungen und Meinungen vertreten werden, die diskussionswürdig seien und man allenfalls darauf erwidern könnte, dass hier doch eine sehr einseitige Stimmung erzeugt wird, die unsere Gesellschaft nicht verbindet, sondern zunehmend spaltet. Eine nähere Betrachtung des Sachverhalts ist jedoch einerseits sehr erhellend und anderseits sehr erschreckend, weil erkennbar ist, dass hier genau diejenigen, die der AfD verfassungsfeindliches Verhalten vorwerfen, diese Verfassung systematisch missachten. Noch schlimmer ist es, dass hier Juristen, wie zum Beispiel Friedrich Merz, vorsätzlich die Verfassung brechen, obwohl ihnen die Rechtslage der Kommunalparlamente sehr bekannt sein müssten. Kommunalrecht ist u. a. Teil der juristischen Prüfung und es ist kaum anzunehmen, dass Friedrich Merz noch nie etwas von einer Organtreue auf der kommunalen Ebene gehört haben sollte. Aber auch das Verhalten der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten kann nur noch Befremden auslösen. Bisher konnten die Hörer und die Zuschauer beim Fernsehen nicht wahrnehmen, dass darauf hingewiesen wurde, dass das Errichten von sogenannten Brandmauern zumindest auf der kommunalen Ebene verboten ist und es dazu sehr viele höchstrichterliche Urteile gibt.
Am Beispiel der Kommunalverfassung in Nordrhein-Westfalen – in den anderen Bundesländern gibt es analoge gesetzlich normierte Regelungen – kann festgestellt werden, dass die demokratisch legitimierten Organe, das sind der Rat und der Bürgermeister, das Recht auf ungestörte Ausübung ihres Mandats haben. Die gemeindlichen Organe und Organteile unterliegen bei der Ausübung ihrer Kompetenzen untereinander dem Grundsatz der Organtreue. Aus dem verfassungsrechtlichen Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme sowie auch dem Grundsatz zu Treu und Glauben, der auch im öffentlichen Recht verankert ist, ergibt sich die zwingende Pflicht der Beteiligten, sich gegenseitig nicht an der Ausübung der kommunalen Tätigkeit zu hindern. Ein Verstoß oder eine Verdrängung von gesetzlich eingeräumten Kompetenzen der jeweiligen Organe ist unzulässig.
Wenn Politiker von ihren Parteifunktionären einen Verfassungsbruch fordern, nichts anderes ist es, wenn Herr Merz verlangt auf der kommunalen Ebene eine „Brandmauer“ gegenüber der AfD zu errichten, dann wäre es Sache der Journalisten, auf diese Demontage unseres Rechtswesens hinzuweisen. Es gibt zahlreiche Entscheidungen von Verwaltungsgerichten und Oberverwaltungsgerichten zu diesem Sachverhalt, die unmissverständlich auf den Rechtsbruch hinweisen. Auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 16.5.2022, Az.: 1K 1296/21 wird verwiesen. In diesem Verfahren ging es konkret um die geplante Ausgrenzung eines Ratsmitgliedes der AfD durch die übrigen im Rat sich demokratisch nennenden Parteien. Nicht nur das Urteil spricht eine eindeutige Sprache, auch die Quellen im Zusammenhang mit diesem Urteil zeigen, dass sich mehrere Oberverwaltungsgerichte mit diesen Sachverhalten beschäftigt haben und eindeutig zu dem Ergebnis kamen, dass hier verfassungswidrig gehandelt wurde. In der Begründung des Verwaltungsgerichts Trier heißt es u.a. „Denn der Grundsatz der Organtreue ist keine Einbahnstraße dergestalt, dass sie nur den einzelnen Ratsmitgliedern Pflichten auferlegt………Er verpflichtet sämtliche Organe und Organteile, sich loyal zu verhalten, gegenseitig Rücksicht zu nehmen und die jeweiligen Kompetenzen so auszuüben, dass der rechtliche Status der anderen Organe bzw. Organteile geachtet wird. Aus dem Grundsatz der Organtreue folgt ferner das Verbot widersprüchlichen Verhaltens und der Blockade bzw. Behinderung anderer Organe und Organteile“.
Jetzt stellt sich die Frage, wie unter solchen rechtlichen Normen Politiker dermaßen arrogant und verfassungsfeindlich agieren und von den öffentlichen Medien dieser gefährliche Unfug einfach berichtet wird, als ob es sich um normale Vorgänge handelt. Ein solches Verhalten der Presse und des Rundfunks lässt den Vorwurf einer Falschberichterstattung nicht ganz unbegründet erscheinen. Es ist zu hoffen, dass die Journalisten der öffentlich-rechtlichen Medien nicht nach dem Grundsatz handeln: „Eine nicht ausgesprochene Wahrheit ist keine Lüge!“ Das ist richtig, aber es ist auch richtig, dass eine nicht ausgesprochene Wahrheit ein Vergehen an der seriösen journalistischen Arbeit ist und nichts mehr mit einem journalistischen Ehrenkodex zu tun hat. Es führt nämlich die Bürger in die Irre und vermittelt ihnen einen Sachverhalt, der falsch und sogar gesetzwidrig ist.
Herrn Haldenwang, der ja sehr sicher zu wissen scheint, wer in Deutschland die Verfassung gefährdet, sollte einmal prüfen, ob hier nicht die Verfassungstreue einiger Politiker einer besonderen Prüfung bedarf. Vielleicht reicht es auch schon, wenn diese Politiker ermahnt werden, sich an Recht und Ordnung zu halten.
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