Obwohl ärztliche Soft-Skills, wie Empathie, Aufmerksamkeit und das ausführliche ärztliche Gespräch in allen ärztlichen Bereichen selbstverständlich sein sollten, finden sich, nachweislich wirksame, primär auf Sprechende Medizin beruhende Faktoren, aufgrund zunehmender Arbeitsverdichtung in der Medizin, zunehmend nur noch in vereinzelten Bereichen.

Der ärztliche Bereich der Schmerztherapie ist, soll er in erster Linie patientenorientiert und -dienlich sein, nur schwerlich mit zeitlichen Vorgaben oder Budgets in Einklang zu bringen. Effizienzorientierte Maßnahmen stoßen hier schnell an Grenzen.

Chronische Leiden, wie zum Beispiel Schmerzzustände lassen sich nicht nur mit elektrischer Neurostimulation, z.B. „TENS“, besser ertragen, auch Zuwendung und Mitgefühl sind besonders in der Schmerztherapie enorm wichtig und sind durchaus in der Lage, einen wirksamen Beitrag zu erbringen, um Analgetika einzusparen.

In der Schmerztherapie, wie auch in allen anderen Bereichen der Medizin haben PatientInnen zur Linderung von Beschwerden einen Anspruch auf beide Effekte:

Sowohl Placebo als auch neurobiologisch begründbare Effekte sind in der Schmerztherapie  willkommen. Als „theatralisches Placebo“ wird die Akupunktur in der Schmerztherapie seit nunmehr 50 Jahren genutzt und hat sich dabei mittlerweile einen festen Stellenwert in der Therapie chronischer Schmerzzustände erarbeitet.

Unabhängig von Wirkweise und Plausibilitätsmodellen zur Erklärung der Effekte ist die Akzeptanz der Akupunktur bei PatientInnen seit jeher sehr gut und wird, auch wegen ihrer Armut an unmittelbaren und schädlichen Nebenwirkungen, gerne angewendet.

Es stellt sich im Rahmen evidenzorientierter Betrachtung die Frage, warum Soft-Skills, wie Zuwendung und Empathie, als Erklärungsmodell  in der Schmerztherapie nicht ausreichen können (oder dürfen?), um eine Behandlung mit Akupunktur zu rechtfertigen. Weder „Energiepunkte“ noch obskure „Meridiane“ sind bis dato in Ansätzen nachgewiesen und dienen lediglich als „Pseudowissenschaftliche Krücke“, um einen Modus erwartbarer Wirksamkeit zu kreieren.

Die in den siebziger Jahren grassierende Unzufriedenheit mit der Medizin bediente sich der sogenannten „Traditionellen Chinesischen Medizin“, die als ein artifizielles Kondensat vieler Richtungen unterschiedlicher Traditionen von China aus in den Westen transportiert wurde. (Quelle) Die Inhalte sind von einer eigens hierfür bestimmten Kommission erarbeitet worden. Ziel war es dabei, sowohl den Anschluss an die Moderne und an den Westen nicht zu verpassen und gleichzeitig Traditionen zu konservieren, wobei auch der Erhalt von Arbeitsplätzen auf dem Lande in China eine nicht unerhebliche Rolle spielte. Während dieser Phase der Definition und Neuschöpfung spielte die Akupunktur als Marginalie der TCM zunächst eine nur unwichtige Rolle. Das Schattendasein währte allerdings nur kurz: In den Focus geriet diese Form der Behandlung, als sich das amerikanische Militär für Akupunktur zu interessieren begann. (Quelle)

Haupt-Anwendungsgebiete: Schmerztherapie, Orthopädie, Anästhesie (PONV) / Einsparung von Analgetika

Die Akupunktur ist heute ein fester Bestandteil des Behandlungsangebotes vieler ärztlicher Disziplinen, bei denen aufgrund langwieriger Behandlungsintervalle bei der Schmerztherapie auch die Einsparung von Analgetika im Focus steht. Nephro- und hepatotoxische Effekte analgesierender Medikamente sind bei chronisch anhaltenden Schmerzzuständen höchst unerwünschte Nebenwirkungen. Die bei der Akupunktur erzielten Behandlungseffekte entstehen auf dem Boden von Überraschung, Ablenkung im Kontext mit schmerzmodulierenden Effekten, die ebenfalls  beispielsweise von der elektrischen Neurostimulation (TENS) genutzt werden. Positive Effekte von Akupunktur werden ebenfalls von einigen Autoren in der Anästhesie beschrieben im Umgang mit postoperativer Übelkeit und Erbrechen (PONV).

Problematik

Die Problematik der Akupunktur ist verbunden mit den Erklärungsmodellen, die keinerlei  evidenzbasierter Betrachtung standhalten. Der Erwerb der zur kassenärztlichen Abrechenbarkeit notwendigen Diplome ist sowohl sehr zeit- als auch kostenaufwendig. Es stellt sich die Frage, ob zur Erlangung von Fähigkeiten zur Anleitung einer ritualisierten Entspannung die Bindung derartig vieler Ressourcen weiterhin unverzichtbar sein soll, oder ob hier nicht aus Gründen der Behandlungsökonomie eine Analog-Abrechnung – z.B. als „psychologische Intervention“ - eher angezeigt wäre.

Die in den Kursen für MedizinerInnen vermittelten Wissensinhalte und Theorien zur Wirkungsweise sind, gemessen an den Maßstäben heutiger evidenz- und richtlinienbasierter Medizin, als zweifelhaft einzuordnen. In den Kursen vermittelte technische Fähigkeiten sind, da die Anforderungen mit denen für subkutane Injektionen vergleichbar ist, verzichtbar.