Wie ein goldenes Schwert zerteilt der Sonnenstrahl das Zimmer in zwei ungleiche Hälften. Das passiert immer dann, wenn ich die Fensterläden am Vortag nicht richtig geschlossen habe und die Sonne, wie an diesem Morgen, im Westen aufgeht. Das Haus hatte sich mal wieder bewegt, doch das wundert mich nicht mehr. Was mich zuweilen noch in Erstaunen versetzt ist, wenn das Haus in der Nacht so viele Kilometer zurücklegt, das ich in einem anderen Land aufwache. Aufgefallen ist mir, das meine Träume einen Einfluss auf die Hausbewegungen haben, ebenso wie die Tiefe und Dauer meines nächtlichen Schlafes.

Heute Morgen steht das Haus an einer Klippe mit Blick auf ein Meer in dem drei Inseln, unweit der Küste, schwimmen. Mit dem GPS bestimme ich meine Position und sehe auf der Weltkarte über meinem Bett nach, wo ich mich befinde. Aufgrund der Inselgruppe muss ich irgendwo zwischen Hyères und Le Lavandou im Süden von Frankreich sein. So kann die Rückreise lange dauern. Morgen früh, wenn ich schlecht schlafe erst am Abend, wäre das Haus dann wieder da, wo mein Urgroßvater es erbaut hat und niemand würde sich darüber wundern, denn auch die Häuser meiner Nachbarn sind manchmal für einige Tage nicht zu sehen, wobei ich mir nicht sicher bin, ob sie sich auch bewegen, oder mein Haus nicht immer verlässlich zurückfindet.

Als ich die Fensterläden zurückschlage wird der Raum vom Licht geflutet und schwappt durch das Bad wo das Überflüssige im Abfluss der Dusche gurgelnd verschwindet. Der Kaffee bekommt aufgrund der geografischen Situation einen Schuss Milch mehr bevor ich ein revolverförmiges Blätterteigwerk hineintauche, dessen Namen ich weder aussprechen noch aufschreiben kann. Da ich zu Hause arbeite, ziehe ich mir ein Jackett über und gehe zum  Schreibtisch, wo einige Notizen vom Vortag liegen, die erinnern sollen, was zu tun ist. Diese Zettelwirtschaft ist nötig, weil ich nicht viele Dinge auf einmal in meinem Kopf behalten kann und das war schon immer so. Ich nummeriere die Ideen in der Reihenfolge, wie ich sie erledigen möchte und beginne sofort, denn wenn das Haus morgen früh wieder zurück sein soll, kann ich nicht allzu lange arbeiten sondern muss zeitig ins Bett, um das tun was ich am liebsten mache – schlafen.

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