Vor über 40 Jahren habe ich das folgende Prosagedicht angefangen, aber erst um die zehn Jahre später fertiggestellt. Immer hatte ich aber auch die Hoffnung, dass das von Hass und Vorurteilen geprägte Gemetzel in der Welt eines Tages überwunden werden könnte.
Heute, Jahrzehnte später, sehen wir aber nur die Rückkehr ins Mittelalter, da die Autokraten zu Tyrannen und Ethik und Moral von Profitgier und Lügen niedergewalzt werden. Und eine blutige Welt scheint für immer aktuell zu bleiben...

BlutWelt

(Der Ruf des letzten Propheten)

Willkommen in der blutigen Welt:
Die nach Osten buckeln
küssen ihre Waffen wie Kinder
und die an der ewigen Mauer klagen
sind verstockt bis ins steinige Herz

Wir alle haben ihnen Hass in die Wiege gelegt:
Ihre Puppen heißen nach dem Zorn ihrer Väter
dem die Söhne ins gleiche Verderben folgen

denn allen wurde die Seligkeit versprochen
zu Füßen eines barmherzigen Schöpfers
dem sie im Blut ihrer Feinde entgegen waten
und ihm opfern sie jeden Verräter

So wie die Analphabeten in den staubigen Einöden
die zu Waffen kamen. Ihre Namen
schreiben sie mit Blei, Blut und Erde --
oder nach dem,
was die Witwen und Waisen ihnen nachrufen...

Bis vielleicht der Tag kommt
wo sich die Unzahl der Toten
erhebt wie ein unterirdisches Mahnmal:
Eine grausige Welle berstender Schädel
knöcherne Pflugscharen
gespannt vor die gebogenen Rechen der Rippen

die uns unterpflügen werden
weil wir keine Rechenschaft geben können
über das Unverzeihliche, dessen wir uns nie geschämt
über das Unvermeidliche, das wir nicht verändert
und über die Gleichgültigkeit in unseren Gedanken
die jeder Beschreibung spottet

Wir alle hätten es wissen können --
unsere Augen waren Capas, Nachtweys und viele andere
aber selbst vernetzt bleiben wir blind
denn nur Geschwätzigkeit macht sich breit
in dem, was uns verbinden sollte
während URBIS et ORBIS wie früher
zum Kreuze ihres Heilands kriechen

Ich rate euch: Betet lieber zu den Toten
wenn ihr schon beten müsst
damit sie euch vorläufig verschonen
denn einen Heiland werdet ihr vergebens erwarten --
oder hätte sich jemals einer gezeigt
im Dunstkreis der Heilsrufer
um Leiden zu lindern
oder Tränen zu trocknen
wo die Hoffnung abhanden kam ?

Das Salz der Erde stammt von euren Tränen
euer Brot werdet ihr miteinander brechen
oder ihr geht weiter zugrunde
auf die gewohnte menschliche Art
die ihre Pfunde wuchern lässt auf der Bank
wo eure Gleichgültigkeit
mit der Überweisung an Amnesty abgezinst wird

Und wenn Ihr am Ende seid
hofft ihr immer auf diesen Gevatter
mit seinem EWIGEN LEBEN
als wäre DER euer Erlöser !

Ich sehe nur, er meidet die Völkermörder und Tyrannen
genauso wie die Gefolterten, die sich nach ihm sehnen
und NACH ihm wird sowieso nichts mehr sein ...

Deshalb glaubt mir wenigstens das Eine:
EUER Dasein wird im DIESSEITS vollendet !

Copyright: Michael Lobisch-Delija

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