Die Hochwasserereignisse im Sommer 2021 im Westen, im Süden und im Osten Deutschlands haben uns alle direkt oder indirekt getroffen. Besonders die vielen Opfer lassen uns sprachlos zurück. Viele unserer Mitglieder sind entweder direkt vom Hochwasser betroffen, arbeiten unermüdlich in den vielen Krisenstäben, helfen direkt bei der Notfallversorgung, den Aufräumarbeiten und beim Wiederaufbau mit oder versuchen - bei den vielen aufkommenden Fragen - Antworten zu geben.

Unser Mitgefühl gilt allen, die Freunde und Angehörige verloren haben, unser Dank gilt allen Helfern!

Erste Schuldzuweisungen in den Medien kamen leider genauso schnell wie die Flutwelle: Behördenschelte auf der einen Seite, Kritik an der Sorglosigkeit bei den Betroffenen auf der anderen Seite. Um die Ursachen zu klären, muss sicherlich eine genaue, differenzierte Analyse der Ereignisse in den betroffenen Gebieten im Nachgang erfolgen. Das ist hier nicht möglich! Fakt ist: der Auslöser der Ereignisse war kein lokal begrenztes Starkregenereignis oder Sommergewitter; es handelte sich eher um ein festsitzendes Tiefdruckgebiet mit intensivem Dauerregen über Mittelgebirgen. Warum sind das meteorologische Ereignis und die Topographie so wichtig? Sie lassen Rückschlüsse zum einen über die Vorhersagbarkeit der Ereignisse, zum anderen über mögliche vorbeugende Hochwasserschutzmaßnahmen ziehen. Lokale Starkregenereignisse sind kaum vorhersagbar; da scheitert die Meteorologie an zeitlich und räumlich verlässlichen Vorhersagen. Dauerregen dagegen sind gut vorhersagbar; so auch bei diesen Ereignissen seitens des DWD geschehen.

Die Topographie in einer Mittelgebirgslage mit steilen Hängen führt dazu, dass die Abflussakkumulation sehr schnell vonstattengeht, was die Vorhersagephase verkürzt. Wir sprechen hier oft von wenigen Stunden, was die Entscheidungsfindung bei den Verantwortlichen zusätzlich erschwert. Die engen Täler führen dazu, dass wenige Ausuferungsmöglichkeiten vorhanden sind, was dann einen schnellen Wasserspiegelanstieg und hohe Fließgeschwindigkeiten zur Folge hat. Für Bewohner in diesen Gebieten ist dies eine absolut gefährliche Entwicklung, besonders, wenn Informationen und Erfahrungen fehlen.

Was kann jetzt der vorbeugende Hochwasserschutz leisten? Nicht jede Maßnahme, die teilweise auch in der Öffentlichkeit diskutiert und in den Vordergrund gestellt wurde, ist effektiv bei den vorliegenden Randbedingungen:

  • Alle Klimaschutzmaßnahmen der Welt, ob Braunkohleausstieg, Emissionshandel oder E-Mobilität werden kurz- und auch mittelfristig gesehen diese extremen hydrologischen Ereignisse nicht verhindern. Die Klimaschutzmaßnahmen sind zwingend erforderlich und müssen umgesetzt werden, aber neben dem Klimaschutz ist auch die Klimaanpassung notwendig. Dabei geht es um Hochwasserschutz aber auch um das Niedrigwassermanagement, beides originäre Aufgaben der Wasserwirtschaft, die auch der BWK vertritt.
  • Das „Schwammstadt“-Konzept mit der Forderung nach mehr Grünanlagen in urbanen Räumen, begrünte Dächer, Muldensystem etc., wird sicherlich einen wichtigen Beitrag gegen Starkregenereignisse liefern und allgemein das urbane Klima verbessern; aber die vergangenen Hochwasserereignisse hätte das „Schwammstadt“-Konzept in den teilweise stark bewaldeten Regionen der Eifel nicht verhindern können.

Welche Maßnahmen hätten dann helfen können? Am Ende muss es auch hier eine abgewogene Mischung aus Maßnahmen sein, die auch weitestgehend bekannt sind; graue und grüne Maßnahmen werden wir brauchen: Zentraler oder dezentraler Rückhalt, mehr Raum für die Gewässer, Schutz durch Mauern, in den Unterläufen der Gewässer auch durch Deiche, hochwasserangepasste Raumplanung, Bauvorsorge, langfristige (z. B. Gefahrenkarten, historische Hochwassermarken) und kurzfristige (z. B. Warnsysteme) Informationsvorsorge und Verhaltensschulung für Bevölkerung und Katastrophenschutz (z. B. Faltblätter zum Verhalten bei Hochwasser, Schutzübungen oder Hinweise auf Evakuierungsräume). Und schließlich muss auch ein allgemeines Umdenken stattfinden: es gibt keine 100 %-ige Sicherheit und es wird niemals eine 100%-ige Sicherheit geben! Folglich müssen wir das vorhandene Risiko akzeptieren und mit Maßnahmen wie Versicherungen oder Aufbauhilfe dafür sorgen, dass die Wiederherstellungsdauer so kurz wie möglich ist. Leider funktioniert das nur, für alle wiederherstellbaren Werte, nicht aber für Opfer, Verlust persönlicher Gegenstände oder auch psychosoziale Folgen.

Der BWK fordert, ziehen wir die richtigen Schlüsse aus den vergangenen Ereignissen:

  • Kontinuierliche politische Aufmerksamkeit, finanzielle Unterstützung und Anpassung der Gesetzgebung im wasserwirtschaftlichen Bereich; denn die Herausforderungen für die Wasserwirtschaft wird mit den notwendigen Klimaanpassungsmaßnahmen immens steigen!
  • Verantwortungsbewusste Raum- und Flächenplanung sowie schnellere und konsequentere Umsetzung von Hochwasserschutzmaßnahmen; Ausbau der Frühwarnsysteme, Verbesserung des Meldewesens und intensivere Verhaltensvorsorge, um den Bevölkerungsschutz zu stärken; denn effektiver Hochwasser- und Bevölkerungsschutz kann Leben retten!
  • Kontinuierliche Förderung der Wissenschaft im wasserwirtschaftlichen Bereich; die Politik muss die gesetzlichen Voraussetzungen für die Umsetzung von wissenschaftlichen Entwicklungen schaffen; denn neue Technologien können unsere Zukunft wesentlich positiv beeinflussen!
  • Verbesserter Austausch zwischen Forschung, Behörden, freier Wirtschaft und Politik; denn nur gemeinsam können wir die kommenden Herausforderungen meistern!


Kontakt: Prof. Dr.-Ing. Daniel Bachmann
Referent für Öffentlichkeitsarbeit
Tel.: 0391/8864772
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