Ich bemühe mich auf Twitter jeden Tag darum, auf für mich signifikante Bruchstücke im wachsenden Trümmerhaufen unserer öffentlichen Diskussion zu deuten und meinen Followern auf meine Art zu zeigen, worum es dabei wirklich geht. Mal mit Humor, ironisch, zynisch oder einfach deutlich. Nun wachsen diese Trümmer gerade wieder um einen großen Brocken an:
Die nachgemeldeten Nebeneinkünfte der Annalena Baerbock.
Ich traue meinen Followern jedoch zu, sich von der Art, wie dazu berichtet, diskutiert, kommentiert und polemisiert wird, nicht verwirren oder verunsichern zu lassen.

Ich traue ihnen zu, zu begreifen, dass es hier nicht um eine schwarze Kasse geht, oder 20.000,- € Honorar für einen einstündigen Vortrag vor einer Versicherungsgesellschaft, sondern um Weihnachts- bzw. Erfolgsboni und eine Corona Sonderzahlung, die ihr ihre Partei gezahlt hat.

Ich traue ihnen zu, zu sehen, dass diese Zahlungen an Abgeordnete bei den Grünen üblich sind. Nicht so bei anderen Parteien, deren Abgeordnete ihre Nebeneinkünfte aus anderen Quellen beziehen. Zum Beispiel für Beratertätigkeiten. Oder als Provisionen für vermittelte Masken-Deals.

Ich traue ihnen zu, selbst herauszufinden, dass Frau Baerbocks Nebeneinkünfte Teil der 122.000,- € Nebeneinkünfte aller Grünen Abgeordneten sind. Wirkt recht bescheiden, betrachtet man daneben die (gemeldeten) 14.535.500,- € Nebeneinkünfte der Abgeordneten von CDU und CSU.

Ich traue ihnen zu, zu wissen, dass nicht die BILD Frau Baerbocks Versäumnis, diese Einkünfte bei der Bundestagsverwaltung zu melden, aufgedeckt hat, woraufhin sie dann nachgemeldet wurden, sondern sie das bereits von sich aus im März tat. Weshalb die Sache für die Bundestagsverwaltung wahrscheinlich bereits längst erledigt ist.

Ich traue ihnen zu, Phillip Amthors Äußerung, die CDU Fraktion sei »fassungslos und schockiert« von diesem »Beweis für ihre mangelnde Erfahrung und fehlende Professionalität« wörtlich zu nehmen. Denn wo käme die CDU wohl hin, wenn es nun Schule machen würde, Nebeneinkünfte nachzumelden?

Ich traue ihnen zu, Armin Laschet als Hanswurst zu erkennen, der unfähig ist, zu begreifen, wie er sich mit dieser Sache als wenigstens halbwegs ernstzunehmender Kandidat profilieren könnte. Nämlich mit dem klaren Statement, dass dies zwar ein Fauxpas ist, aber bei Weitem kein Skandal, und dass es weit dringlichere Themen zu diskutieren gibt.

Ich traue ihnen zu, selbst zu wissen, dass es bei dem Geschrei, mit dem die Schweinetreiber Land auf, Land ab durch die digitalen Dörfer ziehen, nur um eines geht: Die einzige Person zu diskreditieren und zu demontieren, die dem Status Quo der alteingesessenen Parteien bei der Wahl im Herbst gefährlich wird.

Ich traue ihnen zu, vieles davon, wenn nicht sogar alles, selbst zu erkennen, es für sich richtig einzuordnen und vielleicht sogar den einen oder anderen klugen oder witzigen Tweet für ihre eigenen Follower dazu zu schreiben. Oder entsprechende Tweets dazu zu finden und sie zu retweeten.

Ich traue ihnen all das zu.
Und noch sehr viel mehr. Und ich bin froh darum. Denn ich bin müde. Ich bin von all dem, was sich Tag für Tag in Politik, Medien und Social Media Kanälen abspielt, so unfassbar müde, dass ich dringend eine Pause brauche und sei sie noch so kurz.
Und deshalb habe ich meinen Followern, dieses eine Mal, zu dieser wichtigen Sache leider nichts zu sagen. Und Ihnen auch nicht.

Behalten Sie den Überblick.
Das traue ich Ihnen zu.

Und im Übrigen bin ich der Meinung, dass der Faschist Björn Höcke bei jeder sich bietenden Gelegenheit als eben solcher benannt werden muss.
#TausendMalGesagt

(Dieser Text erschien im Original als zwölfteiliger Thread, also eine zusammenhängende Reihe von Tweets, auf Twitter. Herr Balsam schreibt dort unter @HerrBalsam seit einigen Jahren für seine Follower über tagesaktuelle Themen aus Gesellschaft und Politik, dazwischen über Alltagsgeschichten, Literatur, Film, Familienleben oder auch mal über die Freuden des Longboardens.
Unter dem Hashtag #TausendMalGesagt merkt er regelmäßig an, dass er im Übrigen der Meinung ist, dass der Faschist Björn Höcke bei jeder sich bietenden Gelegenheit als eben solcher benannt werden muss.)

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