Das Bundesverfassungsgericht im Rahmen einer Wahlprüfungsbeschwerde (Beschluss vom 15. Dezember 2020 - 2 BvC 46/19) wegen der Geschlechterzusammensetzung des Bundestages diese als unzulässig verworfen.

Die Beschwerdeführerinnen rügten, dass bei 51,5 % weiblichen Wahlberechtigten der Anteil von Frauen im Bundestag nur rund 30 % betrug. Der Gesetzgeber sollte die Parteien verpflichten paritätische Listen (abwechselnd mit Mann und Frau) aufzustellen, um auf diese Weise eine paritätische Zusammensetzung des Bundestags zu erreichen.

Während dem Ergebnis, dass keine paritätischen Listen vorgeschrieben werden sollen, zuzustimmen, gibt es in der Begründung Elemente, die zu kritisieren sind. Es ist erfreulich, dass das BVerfG dem allgemeinen Quotierungstrend nicht gefolgt und nicht nach willkürlichen Vorgaben, welche Gruppen als "gerecht" empfunden werden, die Chancen mancher Gruppen auf Vertretung im Bundestag unabhängig vom Wahlausgang verändert. Erfreulicherweise hat das Gericht der Vorstellung eine Absage erteilt, dass der Bundestag in der Zusammensetzung die Bevölkerung widerspiegeln muss. Das ist ja der Grundgedanke hinter der Quotenforderung, wobei es denjenigen, die die Quoten fordern, natürlich nicht um ein Widerspiegeln der Bevölkerung insgesamt geht sondern um die Erhöhung der eigenen Klientel im Bundestag geht. Würde der Bundestag die Bevölkerungszusammensetzung abbilden, dürften beispielsweise höchsten 5 % der Mandatsträger überhaupt eine Partei angehören. Berufsgruppen, die nicht Lehrer oder Juristen sind, sind massiv unterrepräsentiert.  Es gibt - nach Schätzungen - rund 15 % funktionale Analphabeten. Die könnten doch auch per Quote rund 90 Abgeordnete stellen. Wer entscheidet also, welches willkürliche Bevölkerungsmerkmal nun zur Grundlage für die Abbildung der Bevölkerung im Bundestag genommen wird?

Es gibt jemanden, dem per Grundgesetz die Entscheidung, wer in den Bundestag einzieht oder nicht, übertragen worden ist. Das ist das Volk, das diese Entscheidung in Wahlen ausübt. Wer daran durch Vorgaben/Quoten, sei es wegen Genitalien, Kurzsichtigkeit, Linkshändigkeit, Alkoholismus, Bildung, etc. etwas ändern will, handelt undemokratisch.

Gleichstellungsauftrag

Leider wird das in der Entscheidung des BVerfG nicht so deutlich, wie es eigentlich sein müsste. Stattdessen wird ein Begriff benutzt, der immer wieder durch die Diskussion geistert, aber im Grundgesetz keine Grundlage hat - der Gleichstellungsauftrag.

In Art. 3 GG heißt es:

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

Aus dem zweiten Satz in Absatz 2 wollen nun manche, das heißt, diejenigen, die sich Vorteile davon versprechen, einen Gleichstellungsauftrag herauslesen. Er steht da nur nicht drin. Die Begründung der Entscheidung des BVerfG lässt aber befürchten, dass das die dortigen Richterinnen und Richter das nicht wahrhaben wollen. Die "Förderung der Gleichberechtigung", kann nicht einen Gleichstellungsauftrag bedeuten. Frauen haben nicht mehr oder weniger Rechte in den Bundestag gewählt zu werden als Männer. Falls jemand rechtliche Vorschriften findet, die Männer und Frauen dabei irgendwie unterschiedlich behandeln, möge er sie benennen (es gibt sie verfassungswidrig parteiintern bei den Parteien, die eine verbindliche Quote haben).

Es bleibt dann nur der der folgende Halbsatz "wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile" übrig, aus dem sich ein Gleichstellungsauftrag ergeben könnte. Dazu müsste man erst einmal Nachteile feststellen. Worin diese bei den Parteien und ihrer Listenerstellung liegen, hat noch niemand dargelegt. Es mag sein, dass Hinterzimmer-Kungeleien auf vor Ortsvereinstreffen Frauen abschrecken, so wie sie das bei vielen anderen Menschen unabhängig vom Geschlecht auch tun. Aber ist das ein Nachteil? Müsste es sich, wenn sich ein Gleichstellungsauftrag hinsichtlich der Geschlechter, aus dem Beseitigen von Nachteilen ergeben sollte, nicht einen geschlechtsbezogenen Nachteil geben? Wo ist der?

Es wäre also schön gewesen, das Verfassungsgericht hätte nicht nur im Ergebnis den willkürlichen Quotierungsvorstellung nach Genitalien eine Absage erteilt, sondern gleichzeitig auch das Narrativ vom Gleichstellungsauftrag aus dem Grundgesetz beendet.

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