Die Androhung regulatorischer Macht reichte aus, um einen der  bekanntesten Late-Night-Hosts Amerikas von den Bildschirmen zu  verbannen. Ein bedenklicher Präzedenzfall für die Meinungsfreiheit.

Washington, D.C. – Es war eine beunruhigende Demonstration von Macht, die kaum laut  ausgesprochen werden musste: Jimmy Kimmel, einer der letzten prominenten  Kritiker von Präsident Donald Trump im US-Fernsehen, ist mit sofortiger  Wirkung von ABC suspendiert worden. Der Grund war nicht etwa ein  gravierender Skandal, sondern der gezielte Druck der US-Regierung auf  seinen Sender – ein Lehrstück in autoritärer Taktik.

Der  Vorfall, der die Suspendierung auslöste, war ein missglückter Witz. In  seiner Monolog-Sendung vom Montag spekulierte Kimmel, der Mörder des  konservativen Aktivisten Charlie Kirk könne aus dem MAGA-Umfeld stammen –  eine Aussage, die sich bereits einen Tag später durch neue Beweise als  höchstwahrscheinlich falsch erwies. Kimmel korrigierte sich umgehend.

Doch  das Eingeständnis reichte nicht. Was folgte, war ein Musterexemplar  strategischer Erpressung. Brendan Carr, der von Trump eingesetzte Chef  der US-Medienaufsicht FCC, griff den Komiker in einem Podcast am  Mittwoch direkt an. Er forderte die lokalen Sender, die Kimmels Show  ausstrahlen, auf, die Ausstrahlung einzustellen, und drohte implizit mit  Konsequenzen: "Es ist an der Zeit, dass sie auftreten und sagen, dass  dieser Müll... nicht den Bedürfnissen unserer lokalen Gemeinschaften  dient."

Diese Drohung  ist eigentlich illegal. Der FCC ist per Gesetz jede Zensur verboten.  Carr berief sich auf eine äußerst selten genutzte Ausnahme für  vorsätzliche Falschberichterstattung im Nachrichtenbereich – eine  Kategorie, auf die ein satirischer Monolog eines Comedians kaum  anzuwenden ist.

Die Angst der Konzerne: Lizenzentzug und blockierte Deals

Die  Androhung regulatorischer Macht zeigte sofort Wirkung. Noch am selben  Tag zog mit Nexstar der größte Besitzer lokaler TV-Sender in den USA die  Notbremse. Das Unternehmen, das gerade eine milliardenschwere Übernahme  plant, die ausgerechnet der FCC genehmigen muss, warf Kimmel "anstößige  und unsensible" Kommentare vor und zog seine Sendung aus dem Programm.

Ohne  die Verbreitung über Nexstars etwa 200 Sender, die knapp 40 % des  US-Marktes abdecken, war Kimmels Show für den Mutterkonzern Disney/ABC  wirtschaftlich nicht mehr tragbar. Die Suspendierung war nur eine Frage  der Zeit.

Muster demokratischer Erosion

Der  Vorgang folgt einem bekannten Muster, das Politikwissenschaftler von  Autokraten wie dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán kennen:  Die Instrumente des Staates werden nicht neutral, sondern als Waffe  gegen politische Gegner eingesetzt. Scheinbar neutrale Regulierungen und  behördliche Genehmigungsverfahren werden zu Hebelmitteln, um unliebsame  Stimmen gefügig zu machen.

Dass  die betroffenen Medienkonzerne Disney und Nexstar keinen nennenswerten  Widerstand leisteten, ist dabei besonders bezeichnend. Sie zogen es vor,  einen ihrer größten Stars zu opfern, anstatt einen kostspieligen und  unsicheren Rechtsstreit mit einer administrationstreuen Behörde zu  riskieren. Es ist das klassische Einfallstor für Autoritarismus: Die  ökonomische Rationalität der Unternehmen spielt der politischen  Unterdrückung in die Hände.

Fazit: Ein Warnsignal

Der  Fall Kimmel ist mehr als nur der Rauswurf eines Talkmaster. Es ist eine  qualitative Eskalation. Er zeigt, wie schnell vermeintlich stabile  demokratische Institutionen untergraben werden können, wenn die Drohung  regulatorischer Schikane ausreicht, um Redakteure zur Selbstzensur zu  bewegen. Die Freiheit der Presse wird nicht immer mit einem lauten Knall  beseitigt. Manchmal reicht ein leises, aber unüberhörbares Flüstern aus  den Korridoren der Macht.

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