Ein Zehn-Punkte-Plan des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) liest sich an vielen Stellen wie ein Wunschkatalog der Energiekonzerne RWE und Eon. Darauf weist Journalist Malte Kreutzfeldt hin, der die beiden Dokumente gegenübergestellt hat – mit verblüffenden Ergebnissen.


"„Die Bundesnetzagentur weist einen Zubau von Gaskraftwerken bis zum Jahr  2035 zwischen 22 und 36 Gigawatt aus“, sagte Katherina Reiche heute zum  Versorgungssicherheitsbericht der @bnetza.bsky.social.  Aber das steht im Bericht gar nicht drin." so beginnt ein Thread von Malte Kreutzfeldt.

Gleiche Sprache, gleiche Agenda

Bereits die Titel lassen keinen Zweifel:

RWE/Eon: „Marktorientiert und pragmatisch: Die Energiewende braucht einen Neustart“

BMWi: „Mehr Markt“, „Pragmatismus“ und „eine Neuausrichtung der Energiewende“

Das Ministerium übernimmt nicht nur die Stoßrichtung, sondern teilweise ganze Formulierungen.  Kreutzfeldt hat auf Bluesky einen lesenswerten Thread dazu.

Beispiel: Die Konzerne beklagen „weit über 15.000 Rechtsnormen“, die das energiepolitische Zieldreieck belasten. Im BMWi-Papier heißt es fast wortgleich: „Über 15.000 Rechtsnormen stellen das energiepolitische Zieldreieck […] permanent auf den Prüfstand.“

Auch bei den „klaren Leitplanken statt Detailsteuerung“ ist kaum zu unterscheiden, ob der Satz aus der Konzernzentrale oder aus dem Ministerium stammt.

Politische Kehrtwenden zugunsten der Konzerne

Brisant ist nicht nur die sprachliche Nähe, sondern vor allem der inhaltliche Kurswechsel:

Erneuerbare Energien: Die Konzerne fordern eine „kritische Überprüfung“ der Ausbauziele. Das Ministerium übernimmt die Linie – ein Bruch mit dem eigenen Monitoring-Bericht, der eigentlich mehr Tempo verlangt.

Smart Meter: Eon und RWE wollen, dass die Netzbetreiber den Rollout exklusiv verantworten. Das BMWi stimmt zu – entgegen bisheriger Pläne für Wettbewerb.

Wasserstoff: Beide Seiten kritisieren die „strenge Definition von grünem Wasserstoff“ und setzen auf Low-Carbon-Varianten. Die Konzerne wollen Ausbauziele für Elektrolyseure streichen – im Ministeriumsplan heißen sie nun „flexibel“.

Das Ministerium rückt gleich an mehreren Stellen von den eigenen energiepolitischen Zielen ab – immer im Sinne der Konzerne.

Fachabteilungen außen vor

Nach Informationen Kreutzfeldts wurden die zuständigen Fachabteilungen im BMWi bei der Erstellung des Papiers kaum beteiligt. Das wirft die Frage auf, wessen Handschrift im Plan eigentlich steckt.

Die offizielle Antwort aus dem Ministerium wirkt ausweichend:
„Die Debatte in Deutschland zur Energiepolitik ist intensiv. Entsprechend liegen auch Stellungnahmen von vielen Stakeholdern vor, die die Ministerin und ihr Haus zur Kenntnis nehmen und wägen.“

Konsequenzen für die Energiewende

Die Parallelen haben mehr als nur symbolischen Wert. Sie markieren ein Abrücken von zentralen Klimazielen: verlangsamter Ausbau der Erneuerbaren, mehr Spielraum für fossile Energien und schwächere Regeln für Wasserstoff.

Das ist keine Kleinigkeit – es geht um die Richtung der Energiewende in Deutschland.

Die Kernfrage bleibt: Schreibt das Ministerium seine Energiepolitik noch selbst – oder übernehmen längst die Konzerne die Federführung?

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