Ein stromlinienförmiger Achter, der nach Vorgaben des Steuermanns in ruhigem Gewässer seine Bahn gegen andere bis zur Ziellinie zieht: Das ist eine Analogie für die Welt der Unternehmen von früher. Situativ handelnde Menschen in einem rundlichen Schlauchboot, das durch tosende Stromschnellen tanzt, wobei man nie weiß, was als nächstes passiert: das Bild eines Unternehmens in der heutigen Business-Welt.

Die erste Welt war einfach und überschaubar, die zweite ist unvorhersehbar komplex. Im ersten Fall folgen die Ruderer Regeln, Schlagzahl-Ansagen und Plan. Im zweiten Fall braucht es ständigen Austausch, spontanes Handeln und Kollaboration, um heil ans Ziel zu gelangen. Heutzutage findet Leadership in einem Wildwasserumfeld statt. Dies erfordert ganz andere Vorgehensweisen – und eine andere organisationale Struktur.

Das Neue kommt oft wie aus dem Nichts

Das Denken und Handeln in nichtlinearen Zusammenhängen und schnellen Iterationen ist von nun an Voraussetzung für den Erfolg. Dazu müssen die internen Rahmenbedingungen stimmen – sowohl kulturell als auch strukturell. Permanente Vorläufigkeit ist von nun an die Norm. In der Digitalökonomie werden ständige Disruptionen mehr und mehr Usus. Wir wissen nicht, ob oder wann sie kommen, doch wenn, dann kommen sie schnell.

Natürlich haben die meisten Unternehmen damit begonnen, die Agilisierung voranzutreiben. Doch selbst da, wo Pilotteams selbstorganisiert arbeiten dürfen, verpufft deren Transformationsenergie, sobald sie auf ein verkrustetes Grundgerüst treffen. Es reicht einfach hinten und vorne nicht mehr, nur ein paar Spielwiesen freizugeben, um den notwendigen Wandel hinzubekommen.

Die neuen Methoden sind alle da. Doch bei hierarchiegeprägten, silobasierten „Betriebssystemen“ bringen sie wenig. Mit Flickschusterei kuriert man höchstens Symptome. Besser, man geht an die Wurzel des Übels und kümmert sich um die Gesamtkonstitution. Gegen die quirligen Netzwerkorganismen der jungen Unternehmen haben Topdown-Formationen nicht den Hauch einer Chance.

Fit für die Zukunft: das Orbit-Modell

Für die „Next Economy“, in der sich menschliche und künstliche Intelligenzen miteinander verbinden, wird eine „Next Organisation“ gebraucht. Sie ist nicht nur geprägt von einem hohen Digitalisierungsgrad und einer Kultur des ständigen Wandels, sondern auch von Kollaboration und Wertschöpfungsnetzen. Veränderungsresistente Strukturen kann sich niemand noch länger leisten.

Im Kern ist das Wettrennen zwischen herkömmlichen Unternehmen und den neuen Top-Playern der Wirtschaft keins um das bessere Produkt, sondern eins um das bessere Organisationsmodell. Passende organisationale Strukturen machen bahnbrechend neue Geschäftsideen ja überhaupt erst möglich. Zu diesem Zweck haben wir das Orbit-Modell entwickelt. „So sieht das Unternehmensmodell der Zukunft aus“, sagt das Wirtschaftsmagazin Capital.

Im Rahmen von neun Aktionsfeldern propagiert das Orbit-Modell den Übergang von einer veralteten pyramidalen zu einer zirkulären, sich ständig weiterentwickelnden dynamischen Organisation. Es ermöglicht den schnellen Wandel zu einem Unternehmen, das sich adaptiv und antizipativ auf die Erfordernisse unserer Hochgeschwindigkeitszukunft einstellen kann.

Die Aktionsfelder des Orbit-Modells

Das Orbit-Modell ist eine Organisationsinnovation. Es hebt Unternehmen auf eine neue Entwicklungsstufe. Dies zeigt sich wie folgt:

• Der Purpose: Im Zentrum der Organisation steht ein kraftvoller Purpose - der Daseinssinn eines Unternehmens. Er ist ökonomisch, ökologisch und sozial von Bedeutung und zugleich attraktiv für die Kunden und alle Mitarbeiter. Wie der Kern einer Frucht sichert dieser Purpose das Überleben am Markt.

• Die Stellung der Kunden: Die vielbeschworene Kundenzentrierung wird in diesem Modell sofort sichtbar. Die Kunden scharen sich um den Purpose, weil dieser für sie anziehend und unterstützenswert ist. Alle Mitarbeitenden kreisen um die Kunden – auf Augenhöhe miteinander und in dynamischer Interaktion.

• Die Stellung der Mitarbeiter: Sie stehen nicht länger unten in einer Topdown-Hierarchie, sondern agieren gleichrangig in einem Kreis mit den Führungskräften und Partnern des Unternehmens gemeinsam auf das Kundenwohl hin. Operative Entscheidungen treffen die Mitarbeiter dezentral, crossfunktional und zumeist selbstorganisiert.

• Die Stellung der Führungskräfte: Die Führungskräfte sind nicht von den Kunden separiert. So wird Kundenähe in unserem Modell nicht nur sichtbar gemacht, sondern auch tatsächlich gelebt. Die Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern und Partnern des Unternehmens funktioniert gleichberechtigt und Hand in Hand.

• Die Bedeutung der Partner: Längst bringen die Schwächen, die sich bei herkömmlichen Corporates in Bezug auf den transformativen Wandel zeigen, immer mehr Unternehmen dazu, an Innovationszentren anzudocken, eigene Innovation Labs aufzubauen, digitale Einheiten auszugründen und/oder mit passenden Start-ups zu kooperieren. Solche strategischen Alliierten sind die neuen Innovationshelfer und Wachstumstreiber.

• Die Brückenbauer: Wenn sich in der Außenwelt alles vernetzt, muss das auch drinnen im Unternehmen passieren. Hierzu werden Brückenbauer gebraucht, die interdisziplinäre Verbindungen schaffen und das „Sowohl-als-auch“ moderieren. Zudem werden externe Fürsprecher und Influencer benötigt, die dafür sorgen, dass neue Kunden kommen und kaufen.

• Die Stellung der Geschäftsleitung: Die Geschäftsleitung symbolisiert nicht die Spitze, sondern das Fundament einer Firma und sorgt für die notwendige Stabilität. Sie ist verantwortlich für die Transformationsstrategie. Sie ist zudem das Bindeglied in Richtung Öffentlichkeit. Und sie ist Brückenbauer in Richtung Zukunft.

• Die eingebaute Dynamik: Kreise sind ein typisches Merkmal sich dezentralisierender Organisationen. Im Kreis sind alle gleichberechtigt und niemand hat eine dauerhaft höherwertige Stellung. Doch auch Kreise brauchen Dynamik, indem sie sich miteinander verbinden. Hierbei entsteht ein System, in dem Facetten der Erneuerung von jedem an jeder Stelle und jederzeit initiiert werden können.

Wie die Umsetzung gelingt

In einem dynamischen System erneuert sich eine Organisation aus sich heraus permanent selbst. So muss es in Zukunft auch sein. Wandlungsfähigkeit wird zur Daueraufgabe. In Transformationszeiten ist der Experimentiermodus ständig auf „on“. Denn das Tempo des Fortschritts ist nicht zu stoppen. Und die Erwartungshaltung der Kunden nimmt weiter zu.

Wichtigste Qualitäten einer Organisation und ihrer Mitarbeiter sind deshalb diese:

• digitale Expertise,
• emotionale Intelligenz,
• Beschleunigungskraft und
• Adaptionskompetenz.

In „Die Orbit-Organisation - In 9 Schritten zum Unternehmensmodell für die digitale Zukunft“ zeigen wir detailliert, wie die Umsetzung gelingt. Das Buch ist eine umfassende Handlungsanleitung, mit deren Hilfe die nötigen Veränderungsmaßnahmen zügig zu schaffen sind. Zudem bietet sich eine Ausbildung zum zertifizierten Orbit-Organisationsentwickler an.

Die Autorin: Anne M. Schüller ist Managementdenker, Keynote-Speaker, mehrfach preisgekrönte Bestsellerautorin und Businesscoach. Die Diplom-Betriebswirtin gilt als führende Expertin für das Touchpoint Management und eine kundenfokussierte Unternehmensführung. Zu diesen Themen hält sie Impulsvorträge auf Tagungen, Fachkongressen und Online-Events. 2015 wurde sie für ihr Lebenswerk in die Hall of Fame der German Speakers Association aufgenommen. Beim Business-Netzwerk Linkedin wurde sie Top-Voice 2017 und 2018. Von Xing wurde sie zum Spitzenwriter 2018 und zum Top Mind 2020 gekürt. Weitere Infos: www.anneschueller.de