Jeder kann ein Held sein!

Der Psychologe Phillip Zimbardo, der u.a. für das #StanfordPrisonExperiment oder sein Werk zum #Luzifereffekt berühmt ist, geht davon aus, dass Helden keine besonderen Eigenschaften haben, sondern jeder ein Held sein kann. Das Grundprinzip ist dabei, dass wenn jemand wahrnimmt, wie jemand anderes gute Taten begeht, dieser auch selbst zu guten, auch im Sinne von helfenden Handlungsweisen, tendiert. Kleine, alltägliche, gute "Helden"-Taten führen also dazu, dass auch andere Menschen gute Taten begehen. Langfristig solle sich so eine Gesellschaft zu einer Gesellschaft von alltäglichen Helden umwandeln können.

Hemmschwelle zur Begehung von positiven Handlungen?

Ich finde dies ist ein nachvollziehbarer Ansatz. Demnach käme es nicht nur darauf an, dass Menschen positive Handlungen begehen. Es käme vor allem darauf an, dass andere Menschen diese von ihnen als positiv definierten Handlungen bzw. kleinen "Heldentaten" wahrnehmen können. Der Gedanke ist, dass wir auch für gute Handlungen eine Art Hemmschwelle haben, so wie wir auch für normabweichende Handlungen (u.a. #Kriminalität) erst eine Hemmschwelle überschreiten müssen. Dass wir auch für gute Handlungen eine Art Hemmschwelle haben müssen, halte ich eigentlich für sehr realistisch. Wie oft hat man in seinem Leben eine Situation in der man sich im Nachhinein sagt: Hätte ich da nicht eingreifen müssen oder sollen? Hätte aber jemand anderes schon gehandelt, wäre es viel leichter gewesen selbst zu handeln, da die Hemmschwelle geringer gewesen wäre. Zimbardo erfasst das letztlich als umgekehrtes Bystander-Phänomen.

Für digitale Themen habe ich in meinem #Brokenweb-Ansatz - basierend auf den Ansätzen von #routineactivity (Cohen und Felson) und #brokenwindows (Wilson und Kelling) - beschrieben, wie gerade sichtbare Normüberschreitungen zu einer generellen Senkung der Hemmschwelle und so zur Tatbegehung führen können: Dass also, wenn Menschen z.B. immer sehen wie andere Menschen bei Rot über die Ampel gehen (oder zu schnell Autofahren, Müll liegen lassen, im Internet Menschen beleidigen oder belästigen etc...), ohne dass diese Konsequenzen erleiden, ihre eigene Hemmschwelle (i.S. eines rationalchoice-Ansatzes) zum Normbruch sinkt, da das Risiko offenbar nur gering ist. Im Gegenzug könnten also sichtbare, positive, alltägliche Handlung, die Hemmschwelle zur Begehung positiver Handlungen ebenso senken. Dieser Ansatz ist vermutlich auf alle entsprechenden Theorien (auch im digitalen Raum, man denke hierbei nur an Counterspeech) anwendbar. Wenn beispielsweise alle Menschen bei Rot stehen bleiben, stärkt es auch die Normakzeptanz und der gleiche Effekt tritt ein, wenn alle Menschen unter der Höchstgeschwindigkeit fahren.

Die Präventivwirkung des Wissens!

Die Kernessenz dieser Überlegungen ist also eine Art Umkehrung des popitzschen Prinzips der Präventivwirkung des Nichtwissens. Popitz beschreibt ja den Umstand, dass wenn jeder wüsste, was der andere schon an Normüberschreitungen (Kriminalität) begangen hätte ohne dafür bestraft zu werden (Dunkelfeld), würde das gesellschaftliche Konstrukt der Normenkontrolle zusammenbrechen. Es liegt also im Interesse einer Gesellschaft, dass nicht jede kriminelle oder normabweichende Handlung bekannt wird.

Im Interesse einer Gesellschaft würde es aber demnach vor allem liegen, dass positive Handlungen gerade nicht heimlich und ohne Kenntnis der Gesellschaft stattfinden. Vielmehr braucht es eine gesellschaftliche "Präventivwirkung des Wissens" durch die alltäglichen, positiven Taten der Menschen, die damit auch als Vorbilder dienen können. Sei es, dass in Not befindlichen Menschen geholfen wird, an Unfällen nicht vorbeigefahren wird, Verdachtsmomente von Kindesmissbrauch nicht unbehelligt bleiben, im Internet Menschen, die massiv angefeindet werden, zur Seite gesprungen wird oder einfach auch nur nette und auch dankende Worte an unsere Mitmenschen gerichtet werden.

Getreu dem Motto:

Tu' was Gutes und sprich auch darüber!

Bildquelle @Pixabay license EliasSch