Bereits  in jungen Jahren wird uns beigebracht, überdurchschnittlich zu sein.  Spätestens, wenn in der Schule Noten vergeben werden, begreift  wahrscheinlich auch der Letzte den Ernst der Lage.

Immerhin… über dem Durchschnitt zu liegen, verspricht in sehr vielen Fällen durchaus große Vorteile und kann viele Türen öffnen.

Warum kann es dennoch besser sein, nur durchschnittlich zu sein?

Um das zu verstehen, möchte ich erst einmal verdeutlichen, was Durchschnitt überhaupt bedeutet.

→ Wer das schon alles weiß, kann bis zum Diagramm weiter scrollen.

Im  einfachsten Fall ist es das arithmetische Mittel. Wenn bspw. 9 Menschen  kein Geld haben und 1 Mensch 10 EUR, dann haben alle durchschnittlich  einen Euro.

Ein  weiterer Ansatz ist es, den Median zu bestimmen. Dazu sortiert man die  Guthaben aller Menschen in aufsteigender Reihenfolge und pickt sich dann  den in der Mitte befindlichen Menschen heraus. Das obige Beispiel würde  einen Median von 0 Euro ergeben. Der 5te Mensch hat ja nix in den  Taschen. Erst beim 10ten ist etwas zu finden.

Ok… das Beispiel ist bewusst extrem gewählt.

Bei  einer großen Anzahl von Menschen mit unterschiedlichen Einkommen ist  der Median jedoch schon ein guter Anhaltspunkt. Sein Hauptvorteil ist,  dass Ausreißer den "Durchschnittswert" nicht zu sehr nach oben bzw.  unten ziehen.

Nachteil  am Median ist jedoch, dass es nur ein Einzelwert ist. Schöner wäre es,  für den Durchschnitt eine gewisse Bandbreite zu ermitteln, in der sich  ein Großteil der Bevölkerung befindet. Damit hätte man dann so etwas wie  einen repräsentativen "Durchschnittswert".

Zum  Glück gibt es diese Bandbreite bereits. Das Rad braucht nicht neu  erfunden zu werden. Die Zauberworte heißen Normalverteilung (auch  Glockenkurve genannt) und Standardabweichung.

Ich  will hier gar nicht in die Mathematik absteigen. Das nachfolgende  Diagramm zeigt plastisch eine Normalverteilung. Der Durchschnitt liegt  genau in der Mitte. Vereinfacht gesagt geht die Normalverteilung davon  aus, dass große Abweichungen vom Durchschnittswert überproportional  seltener vorkommen als kleine Abweichungen. Daher flacht die Kurve links  und rechts neben dem gelben Bereich stark ab.

Der  gelbe Bereich ist dann genau das, was man als "Durchschnittsbereich"  bezeichnen kann. Es handelt sich um das arithmetische Mittel +/- eine  Standardabweichung.

Nun also zu den Vorteilen…

1. In guter Gesellschaft leben

Im  Durchschnittsbereich befindet man sich quasi in der goldenen Mitte. Um  sich herum befinden sich viele Menschen, die einem ähnlich sind. Es ist  sozusagen eine starke Gemeinschaft.

Hinzu  kommt, dass der "Durchschnitt" oft die Norm darstellt. Soll heißen, wer  sich hier befindet, muss meist nichts verändern und kann sein Dasein  sorgenfrei genießen.

2. Sich nicht aufreiben müssen

Wer  überdurchschnittlich sein will, muss in der Regel überproportional viel  leisten. Für die Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in 10 Sekunden  reicht wahrscheinlich ein 100 PS Auto. Für die gleiche Leistung mit dem  gleichen Auto in 5 Sekunden braucht es wahrscheinlich schon einen 300 PS  Motor.

Der  Witz am Überdurchschnittlichen ist ja gerade, dass sich dort per  Definition nicht mehr so viele Leute aufhalten. Also wird es  entsprechend schwer sein müssen, so dass nur wenige das Ziel erreichen.

Die Frage ist:

Will man das wirklich?

Oder ist es vielleicht besser, seine Energie für andere Dinge einzusetzen?

3. Weniger Feinde haben

Wer  als überdurchschnittlich wahrgenommen wird, hat schnell Konkurrenz.  Schließlich ist man bereits da angekommen, wo andere noch hin wollen.

Willkommen im Haifischbecken!

Im  Spitzensport bekommt man besonders deutlich zu sehen, mit welchen  Mitteln die Konkurrenz versucht, neue Spitzenwerte zu erzielen. Die  Folge ist, der Durchschnittswert wird immer weiter angehoben. Das  Mithalten-Können wird so anstrengend, dass einige Profisportler am Ende  ihrer Karriere Krüppel sind.

4. Leichteres Leben

Wer  sich nicht unnötig aufreiben muss und keine Feinde hat, hat per se  schonmal ein leichteres Leben. Hinzu kommt, dass viele Dinge im Leben  auf den sogenannten "Otto Normalverbraucher" ausgerichtet sind.

Man  schau sich nur mal das Kapitel Kleidung an. Übergrößen sind mitunter  wahnsinnig teuer und schwer zu finden. Hingegen hat eine Frau mit  Schuhgröße 39 in Deutschland wahrscheinlich keine Sorge, immer tolle und  bezahlbare Schuhe zu bekommen.

Hinzu  kommt, dass man in der Masse nicht auffällt, wenn man sich von dieser  nicht zu sehr unterscheidet. Ok… manch einer will auffallen. Aber… wer  als Blondine mal durch ein südamerikanisches Land gelaufen ist, wird der  vielen männlichen Umwerbungen irgendwann mal überdrüssig werden.

5. Erfüllteres Leben

Immer  höher, schneller und weiter… Wer so lebt, der richtet sich oft nach den  Maßstäben anderer aus. Dabei bleibt mitunter nicht aus, dass man ganz  vergisst, sein eigenes Leben zu leben und dieses auch zu genießen.

Dinge,  denen man gern tut und mit Leidenschaft nachgeht, teilt man in der  Regel nicht nach unter- oder überdurchschnittlich ein. Man macht das,  weil es einen erfüllt. Das Ergebnis an sich ist dabei eigentlich egal.  Wie heißt es so schön: Der Weg ist das Ziel….

Überdurchschnittlich  sein zu wollen, impliziert, dass man besser als all die meisten sein  will. Besser als alle anderen sein zu "müssen" kann nicht dauerhaft  glücklich machen und wird schon gar nicht zu einem erfüllten Leben  führen.

Abschlussnote:

Es  gibt natürlich auch sehr viel Gründe, die für das Überdurchschnittliche  sprechen. Wie hätten wir uns als Menschheit je weiter entwickeln  können, wenn alle sich mit dem Durchschnitt zufriedengegeben hätten…?

Wie  bei vielen Sachen kommt es auch hier auf ein gesundes Mittelmaß an.  Wenn alle sich aufreiben und das eine Dog Eat Dog Welt schafft, ist  damit wohl auch nichts gewonnen.

Auf  der andere Seite würde es sich wohl auch nicht so toll anfühlen, wenn  einem als "Faultier" das Moos im Fell anfängt zu wachsen.

Dieser Beitrag ist zuerst auf Quora als Antwort auf die Frage: Welche Vorteile hat es, nur durchschnittlich zu sein? erschienen.

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