Eine sehr aktuelle Unterart des Mobbing
Eigentlich kennen wir alle das Phänomen. Irgendwann im Leben ist es uns begegnet. Wir haben es beobachtet, manche haben’s erlitten, und manche haben dabei mitgemacht und wollen es nicht mehr wahrhaben. Andere jedoch sehnen sich klammheimlich nach einer neuen Gelegenheit dafür.
Wir neigen zum Vergessen. Wir flüchten uns ins Verdrängen. Wohl wissend wozu Menschen fähig sind ziehen wir es vor, nicht hinzusehen, wenn sie es wieder tun.
Wieder und wieder tun, WEIL sie es können, solange keiner hinsehen will. Solange keiner einschreitet.
Es ist die alte Rudel-Grausamkeit, aufgeschaukelt durch den Rückhalt des sich-in-der-Überzahl-Fühlens. Es ist die Prügelherrschaft der Schulhofbrutalos, das Dreinschlagen der Freicorps, die rücksichtslose Unmenschlichkeit einer jeden entfesselten Soldateska.
Jeder Feigling fühlt sich plötzlich stark, und ganz besonders der Feigling wird die Grausamkeit auf die Spitze treiben, während er zum ersten Mal im Leben ein Publikum hat. Ein Publikum, das ihn sogar anfeuert - während er nicht merkt, dass er nur vorgeführt wird.
Wir erinnern uns an Berufsverbote aufgrund politischer Missliebigkeit, an Pressezensur und an die ungeheure Dreistigkeit derer, die sich zum Blockwart berufen fühlen, und es packt uns ein eiskalter Schauder davor, wie unsere aktuelle, greifbare Gegenwart sich alledem immer ähnlicher zeigt.
Anfängliche Verblüffung weicht blankem Entsetzen: Wie konnten wir, die wir es doch besser wissen, es so weit kommen lassen?
Schon wieder?
Nur weil wir systematisch voneinander getrennt und jeder einzeln von Chören des Hohns niedergebrüllt wurden, während die angeblichen Fahnenträger des Pluralismus untätig daneben standen, haben wir klein beigegeben?
Nur weil andere, dir wir bisher an unserer Seite sahen, dem Druck des Mobs nichts entgegenzusetzen hatten, haben wir aufgegeben? Wurden wir es tatsächlich müde, für das einzustehen, was allein ein menschliches Miteinander überhaupt möglich macht? Wer sind wir, diese allesverschlingende Barbarei zuzulassen?
Wohl wahr: Stehst du, nur mit deiner unerschütterlichen Menschlichkeit bewaffnet, einem rücksichtslosen Schlägertrupp gegenüber, dann musst du bereit sein, dich noch im Versuch den Gegner zu umarmen von der johlenden Meute fertig machen zu lassen, und wenn die Verhältnisse im Staate bereits so weit gediehen sind wie wir es vor uns sehen, dann musst du dich dafür auch noch einsperren lassen.
Selbst Freisler ist wieder überall.
Dennoch: Wer, wenn nicht du?
Wer, wenn nicht ich?
Wann, wenn nicht jetzt?