Über die Seite Tagesschau.de, welche ein Service der bekannten ARD Sendung Tagesschau darstellt, wurde am gestrigen Mittwoch offensichtlich eine Falschmeldung veröffentlicht.
Anlass der Berichterstattung war eine Mitteilung der europäischen Luftsicherheitsagentur EASA und der EU-Gesundheitsbehörde ECDC, welche die Empfehlung zum Tragen einer Maske im Flugzeug annullierten.
Laut tageschau.de hätten „Staaten wie Italien oder Frankreich und andere EU-Länder“ bereits „entsprechende Corona-Maßnahmen“ aufgehoben. Schaut man sich allerdings an, was die italienische Botschaft auf der Webseite an Informationen bereithält, so findet man eine Diskrepanz. Die Botschaft verweist auf die geltenden Regelungen, nach welchen in Flugzeugen und generell im Öffentlichen-Personen-Nahverkehr eine FFP2-Maskenpflicht bestehen würde. Schaut man sich nun andere Primärquellen an, so stellt man fest, dass auch das Ministerium für auswärtige Angelegenheiten und internationale Zusammenarbeit (Ministero degli affari esteri e della cooperazione internazionale) auf dieselbe Regelung verweist.
„Ab dem 1. Mai ist das Tragen von Masken vom Typ FFP2 in folgenden Fällen vorgeschrieben:
(a) für den Zugang zu und die Benutzung von folgenden Verkehrsmitteln:
- Luftfahrzeuge, die für die gewerbliche Personenbeförderung eingesetzt werden;“²
Wie kam es jedoch zu dieser Ente?
Genau diese Frage stellte ich der ARD, doch aktuell gab es noch keine Antwort auf meine Nachfrage. Was jedoch schon jetzt klar ist: Der Ursprung ist nebulös. Leider geben Sender der ARD nicht immer die Quellen für ihre Berichte an, was beklagenswert ist. Unter dem Artikel auf tagsschau.de steht jedoch ein Hinweis:
„Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 11. Mai 2022 um 13:30 Uhr in den Nachrichten.“
Wenn man sich jedoch die originale Nachrichtensendung anhört, wurde weder Italien noch Frankreich erwähnt, ab dem Zeitstempel 3:47 beginnt der Themenkomplex, welchen man hier nach hören kann. Spätestens ab diesem Punkt wird es spannend, die Quelle der Tagesschau kann der Hörfunkbeitrag also nicht sein, doch woher kommt es dann?
Schuld ist hier wohl die nachträgliche Änderung am Textbeitrag, welcher mit Aussagen einer Lufthansasprecherin ausgebaut wurde. Hier heißt es: „Italien, Frankreich und andere Länder haben entsprechende Corona-Maßnahmen schon aufgehoben.“
Woher diese Aussage stammt, ist aktuell noch nicht klar. Möglich wäre es, dies ist jedoch nur eine Mutmaßung, dass die schreibende Person eine Aussage dieser Sprecherin übernommen hat, dies jedoch nicht kenntlich gemacht wurde.
Im Text wurde dies als gültige Aussage niedergeschrieben, als wäre es also der aktuelle Sachstand, was wie beschrieben offensichtlich nicht stimmt. Schaut man sich die anderen Veröffentlichungen so an, dann wurde dies woanders kaum reproduziert. Selbst das ZDF hatte diese Passage nicht in ihrem Text, obwohl Stefan Homburg diesen als Beweis für seine Aussage anführte. Was wiederum zu einem anderen Thema führt. Beim Zweiten Deutschen Fernsehen nutzt man als Quelle die Nachrichtenagenturen AP und dpa (Associated Press & Deutsche Presse Agentur).
Die erste Version des tagesschau.de Artikels ist noch ohne die entsprechende Aussage, was man über das Web Archive einsehen kann, hier entfällt auch der Inhalt mit der Sprecherin der Lufthansa. Gleiches gilt ebenso für den Beitrag bei Deutschlandfunk, was auch erklären dürfte, warum der Teil des Artikels nicht im Rundfunk vorkommt. Die beiden Texte wurden später mit den falschen Informationen ergänzt.
Homburgs Nichtbeachtung der Primärquellen
Was besonders erstaunet ist, dass Stefan Homburg sich hier ausgerechnet auf das ZDF berufen hat, obwohl die Sendeanstalt im Text nicht einmal Italien erwähnte. Eventuell hat er einfach beide Artikel verwechselt, was nicht für eine große Sorgfalt sprechen dürfte. Wer die Tweets dieses Mannes regelmäßig betrachtet, stellt ein gewisses Verhalten fest. Homburg behauptet des Öfteren Dinge, welche sich dann allerdings etwas anders gelagert darstellen. In seinem Tweet baut er eine Kausalkette auf, welche er später selbst missachtet. Nach seinen Aussagen hätten Frankreich und Italien den Maskenzwang beendet, was wie oben beschreiben so nicht der Wahrheit entspricht. Danach sei angeblich die EU gefolgt und hätte diese Pflicht aufgehoben. Als Beweis führt er dann den zuvor genannten ZDF-Beitrag an.
Als ich Herrn Homburg mit den Problemen seiner Aussage konfrontiert, gab es erst einmal die gewohnten liebevollen Antworten seiner Anhänger*innen. Er selbst kam plötzlich mit dem Bericht der ARD um die Ecke und ich solle mal „halblang“ machen. Als ehemaliger Akteur an einer deutschen Hochschule sollte er quod erat demonstrandum kennen, was Latein ist für „was zu beweisen war“ und damit oft einen logischen Zusammenhang meint. Ebenso sollte er wissen, dass man immer die Primärquelle nutzen sollte, auch in seinem Gefilde der Wirtschaftswissenschaften. Sein erster Beweis entpuppte sich sofort als Nullnummer, der zweite Beweis tagesschau.de hat natürlich eine gewisse Seriosität, auch wenn selbst hier Fehler vorkommen können oder seien es einfach Ungenauigkeiten in der Formulierung. Nur ignoriert Stefan Homburg hier zwei Primärquellen, welche in diesem Zusammenhang deutlich glaubhafter sind. Noch glaubhafter ist dann nur die Regierung selbst und auch diese verweist auf die Maskenpflicht.
Also alles „halblang“?
Bei Stefan Homburg muss dabei die Intention beachten, er selbst gefällt sich dabei in der Rolle des Aufklärers oder fast schon des Missionars, welcher den Schlafschafen nun einmal die Wahrheit verkünden möchte. Im Laufe der Zeit konnte er einige Anhänger*innen rund um seinen Twitter-Account sammeln und postet immer wieder Material, welches sich mit dem großen Teil der wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht deckt. Seine Position zu Corona macht Homburg bereits sehr deutlich. Oft gefielen ihm in der Vergangenheit auch nicht die Meldungen der Öffentlich-Rechtlichen-Sendeanstalten. Immer wieder übte er Kritik, außer wenn die Beiträge zu seinem Anliegen passen oder er sie als vermeintliche Beweise nutzen kann. Die Motivation dafür ist fraglich, aber wissenschaftlich geht er diese Sache nicht an. Im wissenschaftlichen Prozess würde man, sobald Gegenargumente oder Beweise kommen, eine Überprüfung seiner Aussage einleiten, besonders sobald diese fundiert sind. Die Beweislage ist auf Homburgs Seite eher dünn und auf der Gegenseite stehen die Aussagen der italienischen Regierung.
Eine Galerie der „tollsten“ Antworten:
#EuerOBI - Stand der Veröffentlichung 12. Mai 17 Uhr
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Quellen, wenn nicht anders im Text verlinkt:
² Diese Information ist nur in italienischer Sprache vorhanden: https://www.viaggiaresicuri.it/approfondimenti-insights/saluteinviaggio
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