Die Zahl der offiziellen Corona-Toten ist laut Berechnungen von Bertram Häussler überschätzt. Häussler zufolge ist bei 80 Prozent der offiziellen Corona-Toten seit Anfang Juli die Todesursache offen. Das sagte der Mediziner und Soziologe in einem Interview für die Tageszeitung "Welt" (Bezahlschranke). Häussler ist Leiter des unabhängigen Forschungs- und Beratungsinstitut für Infrastruktur- und Gesundheitsfragen IGES in Berlin. Das IGES veröffentlicht den "Pandemie-Monitor" zur wissenschaftlichen Einschätzung der Corona-Pandemie.

Häussler sagte gegenüber der "Welt", im Vergleich zur "zweiten Welle" mit bis zu 1200 Toten täglich seien die Sterbezahlen derzeit mit täglich etwa acht Menschen "sehr gering". Doch auch für diese Sterbezahl erklärt der Leiter von IGES: "Es werden mehr Todesfälle gemeldet, als tatsächlich an Corona gestorben sind." Denn bei etwa 80 Prozent der offiziellen Corona-Toten seit Anfang Juli liege die Infektion länger als fünf Wochen vor dem Sterbefall zurück. Corona könne daher nicht als wirkliche Todesursache gelten.

Häussler erklärt, die Gesundheitsämter meldeten Verstorbene auch als Corona-Tote, wenn der Infektionsnachweis bereits Monate zurückliege. "Da kann es sich auch um einen alten Menschen handeln, der sich zwar 2020 infiziert hat, jetzt aber an Herzversagen gestorben ist." Das Robert Koch-Institut wisse um diesen Sachverhalt. Diese Zählweise verzerrt laut dem Mediziner die Corona-Sterbestatistik des RKI: "Angesichts massenhaft solcher Meldungen wird die Sterbestatistik so zunehmend verzerrter."

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Eine spezielle Datenbank des IGES ermögliche es, den als gestorben Gemeldeten ein Infektionsdatum zuzuordnen, während sich bei der regulären RKI-Datenbank die Zahlen "überlagern".

Der Leiter des IGES sagt, auch wenn die Inzidenz steigt, sei aufgrund der Impfungen auch mit "Delta" keine massive Sterblichkeit wie in der "zweiten Welle" oder im März zu erwarten. Das sehe man an Großbritannien, wo es trotz Öffnungen des gesellschaftlichen Lebens und mehr als 38.000 Neuinfektionen täglich nur etwa 100 Sterbefälle sowie wenige COVID-Schwerkranke auf den Intensivstationen gebe. An den USA könne man sehen, dass es nur wenig Todesfälle unter den Geimpften gebe.

Derzeit liege bei den Infizierten das Durchschnittsalter bei Ungeimpften unter 30 Jahren. Die Infizierten seien aktuell in der Regel jung und wenig gefährdet. Häussler folgert: "Es ist deshalb sinnlos, bei einer Inzidenz von über 50 an einen Lockdown zu denken."


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