Immerhin dauerte es Wochen bis nun auch der Hauptakteur in der Graichen-Affäre, nämlich der Minister Habeck selbst, die Konsequenzen zog und die Entlassung seines Staatssekretärs Graichen veranlasste. Denn wenn der Minister Habeck aktuell jetzt so tut, als wenn er mit der gesaten Angelegenheit gar nichts zu tun hatte, dann ist dies eine Irreführung der Bürger. Was jetzt so honorig aussieht, ist keinesfalls ein Ruhmesblatt für diese Regierung. Die NZZ veröffentlichte heute eine Grafik, in der sie sehr eindrucksvoll und überschaubar die Querverbindungen der Beziehungen von Habeck und seiner Familie darstellte. Demnach gibt es nicht nur das Problem eines Staatssekretärs, der in seinem arroganten Gebaren glaubte, sich über alle ethischen Regeln hinwegsetzen zu können. Vielmehr ist deutlich geworden, mit welchem Filz linke Politiker hantieren, wenn sie sich an der Macht glauben.
Bei Habeck kommt noch hinzu, dass hier ein Frame aufgebaut wurde, der den Bürgern vermitteln sollte, wie seriös und umsichtig dieser Politiker vorgeht und dass er sich wohltuend von den übrigen Politikern unterscheidet. Habeck, der Mann mit der Empathie, der in der Lage ist, Fehler zuzugeben und nicht herumredet, wenn etwas nicht gelungen ist. Betrachtet man jedoch die Grafik der NZZ, dann ist in der ersten Ebene unter dem Minister Habeck bereits eine familiäre Verbindung zwischen den beiden Staatssekretären von Habeck, Graichen und Kellner zu sehen. In den nachgeordneten Institutionen des Wirtschaftsministeriums, dem Öko-Institut und dem Nationalen Wasserstoffrat, beide beraten das Wirtschaftsministerium, sind wieder Geschwister des Herrn Graichen in Gestalt des Bruders Jakob Graichen und dessen Schwester Verena Graichen tätig. Der Öffentlichkeit bekannt ist dies nur dadurch geworden, dass der inzwischen in den einstweiligen Ruhestand versetzte Staatssekretär Graichen seinen Trauzeugen Michael Schäfer in die Position des Vorstandschefs der Deutschen Energie-Agentur bringen wollte und hier die Öffentlichkeit Fragen stellte, die dann Robert Habeck selbst in erhebliche Schwierigkeiten brachten.
Nun ist es in der Politik nicht neu, dass es Verflechtungen zwischen den agierenden Personen gibt und Persönlichkeiten, die an den Machthebeln des Staates sitzen, sich ihr vertrautes personelles Umfeld schaffen. Was jetzt neu ist, ist der Anspruch der Grünen, die sich immer als die Moralapostel der Nation hinstellen und den Bürgern ein Bild vermitteln wollen, dass jetzt ein neues Kapitel in der Politik aufgeschlagen wird. Auch die Komplexität der persönlichen privaten Verbindungen in öffentlichen Ämtern ist bemerkenswert.
Es wird von den Grünen viel von Werten gesprochen, von Respekt und Achtung anderen gegenüber und von Transparenz, so dass die Bürger erkennen können, welche politischen Entscheidungen von welchen Personen mit welchem Ziel getroffen werden. Dieser überzogene Moralanspruch ist es, der jetzt dem Herrn Habeck selbst auf die Füße fällt, weil auch er zeigt, dass er sich nicht anders verhält, als die vielen anderen Politiker die viel von Vertrauen und Offenheit geredet haben, allerdings mehr ihre eigenen Interessen als die der Bürger verfolgten. Übrigens ist ein solches Verhalten nicht nur bei Politikern zu beobachten. Das jüngste Beispiel in der katholischen Kirche konnten viele katholische Christen mit Erstaunen aber auch mit Entsetzen wahrnehmen, als in der Öffentlichkeit bekannt wurde, dass der Bischof Lehmann keinesfalls die Empathie gegenüber Missbrauchsopfern hatte, die er der Öffentlichkeit gegenüber vermittelte.
Habeck glaubte wahrscheinlich, dass die Wirkung des Frames eines integren Politikers, der offen und ehrlich ist und bei Fehlern sofort diesen zugibt, bereits so verfestigt sei, dass er es sich leistete, von einer üblen Kampagne zu reden, die die Umweltpolitik des Herrn Graichen nur torpedieren wollte. Nachdem diese Erzählung nicht mehr geglaubt wurde, zog er dann die Notbremse, als weitere Verfehlungen seines Staatsekretärs Graichen bekannt wurden und sprach von einem Fehler, der zu viel gemacht wurde, so dass er nun seinen Staatsekretär Graichen entlassen müsse.
Was ist von solchen Politikern zu halten? Glauben diese Herrschaften wirklich, dass die Bürger dies einfach zur Kenntnis nehmen und dann zur Tagesordnung übergehen? Nein, diese Regierung hat mittlerweile jegliches Vertrauen verspielt. Bemerkenswert ist auch die Rolle des Bundeskanzlers, den das Ganze offensichtlich gar nichts anzugehen scheint. Aber auch Olaf Scholz hat eine gute Technik entwickelt und den Bürgern vermittelt, wie man sich als integrer Politiker inszeniert, wenn man gleichzeitig im Verdacht steht, in Hamburg mit der Warburg-Bank Kontakte gehabt zu haben, die allenfalls der Bank, vielleicht auch der SPD in Hamburg aber keinesfalls den Steuerzahler etwas genutzt haben. Nun, die Strategie von Herrn Scholz ist die Gnade des Vergessens, man kann sich eben nicht mehr daran erinnern, wann man über Millionen mit dem Vorstandsvorsitzenden einer Bank gesprochen hat.
Beide Strategien, die, bei der man so tut, als wenn man seine Fehler eingesteht – in der Regel allerdings nur dann, wenn es nicht mehr anders geht – und die, bei der man sich eben an nichts mehr erinnern kann, sind ein Schlag gegen die Demokratie und eine Missachtung des Souveräns, dem man eigentlich verantwortlich gegenüber sein sollte. Herr Bundeskanzler, Herr Wirtschaftsminister, Sie sollten nicht nur von Respekt gegenüber den Bürgern reden, sondern diesen auch Respekt zollen. Und das würde bedeuten, dass im vorliegenden Fall der Wirtschaftsminister Habeck vom Bundeskanzler entlassen wird. Dieser trägt nämlich die eigentliche Verantwortung dafür, was sein ehemaliger Staatssekretär Graichen angerichtet hat.
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