Er war enttäuscht.
So hatte er sich das nicht vorgestellt. Als Erstgeborener sollte er doch von Bedeutung sein, oder nicht? Daher müsste auch ihm allein die Vormachtstellung zustehen.
Und doch blieb ihm die Anerkennung verwehrt, obwohl sie sein Geburtsrecht war.
Er war frustriert.
Trotz seiner Bedenken traf er damals die Entscheidung, diese eine Aufgabe zu übernehmen - die Wichtigste von allen. Hätte er es nicht getan, wären sie alle im Chaos versunken. Warum konnten die anderen das nicht sehen? Warum wollten sie es nicht begreifen? Nicht seinen jüngsten Bruder, sondern ihn sollten sie verehren, denn nur wegen ihm hatten es seine Geschwister so leicht im Leben. Alle von ihnen.
Und doch blieb ihm die Anerkennung verwehrt, um die er sich so sehr bemühte.
Er war verzweifelt.
Ständig war er dem Hohn und Spott der anderen ausgesetzt. Er musste sich all die Beleidigungen anhören und immer war er für deren Fehler und für alles, das schief lief, verantwortlich. Viele von denen wünschten sich sogar die Auslöschung seiner Existenz. Aber würde er nicht mehr existieren, dann… Ja, was wäre dann? Was würde passieren, wenn er seiner Aufgabe nicht mehr nachkäme? Wenn er entschied, dass es jetzt reichte? Dass er genug ertragen hatte? Dass er nicht mehr in der Lage war, es hinzunehmen?
Würden sie ihm dann endlich die Anerkennung gewähren, die er so dringend brauchte?
Er war erschüttert.
Würde er sich seiner Verantwortung entziehen, dann müsste einer seiner Brüder die Aufgabe übernehmen - denn wenn nicht, würde das gesamte System zusammenbrechen. Das durften sie niemals zulassen. Keiner von ihnen.
Würde er die Anerkennung annehmen wohlwissend, dass seine Familie dafür leiden müsste?
Er war entschlossen.
Es war nicht Anerkennung, Dankbarkeit oder Verehrung. Der Grund für seine damalige Entscheidung war ein ganz anderer gewesen. Liebe. Die Liebe zu seinen Geschwistern. Und vielleicht war es genau das, was einen großen Bruder ausmachte. Er trug die Last auf seinen Schultern, damit die Jüngeren es nicht mussten. Das war nicht einfach. Und genau deswegen war es auch seine Aufgabe. Für jetzt und für immer.
Sollen die anderen mich doch hassen und ihre Witze machen.
Ich ertrage es.
Für meine Brüder.
Weil ich es kann.
Damit sie es nicht müssen,
dachte der Montag und lächelte.