Rede beim VfK Hessen in Butzbach, Vera Lengsfeld
Als mich die Veranstalterin fragte, welches Thema ich für den heutigen Vortrag wählen würde und meine Antwort lautete, ich wolle über die Große Transformation sprechen, war sie skeptisch. Das wäre doch irgendwie verschwörungstheoretisch und man würde diesem Schwab zu viel Aufmerksamkeit widmen. Ich widersprach. Es stimmt zwar, dass Klaus Schwab mit seinem Buch Covid-19: The Great Reset als erster in aller Offenheit propagiert hat, was sich die selbst ernannten globalen Eliten für die Welt vorgenommen haben. Sein Unterstützer Prinz Charles hat dazu ebenso offen verkündet, dass man sich die „golden oportunity“ der Covid-Pandemie nicht entgehen lassen dürfe, um den geplanten Umsturz durchzusetzen. Aber als sich herausstellte, dass dies in der Öffentlichkeit nicht gut ankam, wurde schnell als Verschwörungstheoretiker abgestempelt, wer Schwab zitierte. Eine Diskussion darüber, was diese Große Transformation eigentlich genau beinhaltet, sollte unbedingt vermieden werden. Es scheint gelungen zu sein, denn anscheinend ist der großen Mehrheit der Bevölkerung noch nicht bewusst, dass wir uns schon mitten in der Großen Transformation befinden. Das ist spätestens seit der Abarbeitung des Ampel-Koalitionsvertrages der Fall.
Eigentlich hatte ich gedacht, dass mich in der Politik nichts mehr überraschen würde. Ein Irrtum. Der Koalitionsvertrag der Ampelparteien ist eine Mischung aus Infantilismus, Idiotie und Größenwahn, die alle schlimmen Befürchtungen, die man nach dem Sondierungspapier der Ampelkoalitionäre haben musste, nicht nur bestätigt, sondern übertrifft.
Diese Transformation durchzuziehen, ist das erklärte Ziel des Vertrages und es steht auch offen drin, dass alle „Hindernisse“, die es dagegen gibt, beseitigt werden sollen. Den Machern und ihren Unterstützern in den Medien ist die Brisanz ihrer Offenheit wohl bewusst. Deshalb ist selten über ein politisches Dokument so viel gelogen worden, wie über diesen Koalitionsvertrag.
Die FDP hätte sich durchgesetzt, wurde behauptet, um den tatsächlichen Kniefall der einstigen Partei der Freiheit zu vertuschen. Die FDP hat nichts, aber auch gar nichts Handfestes, außer der Verhinderung des Tempolimits, in diesen Vertrag eingebracht. Die Beteuerungen, keine neuen Schulden aufzunehmen und die Steuern nicht zu erhöhen, waren reine Ablenkungsmanöver. Die Schulden, die Finanzminister Lindner aufnimmt, werden einfach in Sondervermögen umbenannt. Wer die FDP in der Hoffnung auf bürgerliche Restvernunft gewählt hat, sollte besser der Tatsache ins Auge sehen, dass die Lindner-Partei ebenso entkernt ist wie die Union. Sie ist nur noch ein Erfüllungsgehilfe der Grünen.
Die zweite Lüge ist, dass die Grünen im Vertrag irgendwie ausgebremst worden wären. Als Beispiel dafür wird genannt, dass der vorgezogene Kohleausstieg 2030 nur noch „idealerweise“ stattfinden soll. Wahr ist, dass es sich um ein radikal grünes Programm handelt, ich würde es sogar extremistisch nennen. Um die Härte der Ansage zu verschleiern, bedient man sich einer „sanften“ Sprache. Befehlen heißt jetzt „unterstützen“. Ich habe nicht gezählt, wie häufig dieses Wort im Text vorkommt, aber sehr wohl bemerkt, dass es immer erscheint, wenn grundstürzende Änderungen angekündigt werden, bei denen die Betroffenen „unterstützt“ werden sollen.
Der Kohleausstieg ist nicht nur schneller als gedacht von der Realität hinweggefegt worden, inzwischen wird sogar ein halb verdeckter Wiedereinstieg betrieben, unter heftigen Versicherungen, am Ausstiegsziel unbedingt festzuhalten. Das kennen wir aus der DDR, da ist der Plan nie erfüllt worden, obwohl am Ende der 5 Jahre Übererfüllung gemeldet wurde. Uns droht eine andere DDR-Erfahrung einzuholen. Im „Katastrophenwinter“ 1978/79 gingen in der DDR flächendeckend die Lichter aus. Als einziges Kraftwerk lieferte das AKW Greifswald noch Strom. Der wurde allerdings dazu benutzt, die Grenze zu beleuchten. Das war kein Versagen, sondern Absicht. Unsere letzten AKWs sollen mitten in der größten Energiekrise, die Deutschland erlebt hat, abgeschaltet werden. Das ist auch kein Politikversagen, sondern Absicht.
Es steht, verkleidet in beruhigendes Wortgeklingel in der Präambel des Koalitionsvertrages von SPD, Grüne und FDP: Deutschland, ein in der Vergangenheit wegen seiner Effizienz, seiner Wirtschaftskraft, seiner Innovationsfähigkeit, seines Bildungsniveaus, seiner Rechtsstaatlichkeit und seines sozialen Netzes in der Welt viel bewundertes Land, soll total umgekrempelt werden. Angeblich sei das notwendig, um in einer sich rapide verändernden Welt bestehen zu können. Es geht aber nicht um Anpassungen, sondern um Abbruch und Neuaufbau gemäß ideologischer Vorgaben. Dies soll so schnell wie möglich geschehen, indem alle „Hindernisse“, sprich rechtsstaatliche Verfahren, beseitigt werden. Das Vorhaben der Ampelkoalitionäre ähnelt Maos großem Sprung, wird auch im Vertrag ähnlich genannt: „Transformation“ oder „große Transformation“. Im Übrigen kann man dieses neudeutsche „Wording“ auch im Schwarz-Grünen Koalitionsvertrag der Regierung Wüst in NRW nachlesen.
Dort wird kaum ein Wort so oft wiederholt, wie Transformation. Um Kritiker vollständig auszuschalten, wird vom Familienministerium NRW bereits ein „bundesweit einzigartigen System von Meldestellen“ eingerichtet, die „insbesondere auch die Diskriminierungsvorfälle registrieren, die unterhalb der Strafbarkeitsgrenze liegen und deswegen nicht in den polizeilichen Statistiken erfasst werden“. Man beachte das „auch“. Es sollen also auch Nicht-Diskriminierungsfälle gemeldet werden. Der Verfassungsschutz hat ja in Anlehnung an die „staatsfeindliche Hetze“ der DDR, die „Delegitimierung“ von Demokratie, Regierung und Politikern eingeführt.
Zurück zum Vorhaben der Ampelkoalition. Im Neusprech der Koalitionäre: „Es gilt, die soziale Marktwirtschaft als eine sozial-ökologische Marktwirtschaft neu zu begründen. Wir schaffen ein Regelwerk, das den Weg frei macht für Innovationen und Maßnahmen, um Deutschland auf den 1,5-Grad-Pfad zu bringen. Wir bringen neues Tempo in die Energiewende, indem wir Hürden für den Ausbau der Erneuerbaren Energien aus dem Weg räumen. Schritt für Schritt beenden wir das fossile Zeitalter, auch, indem wir den Kohleausstieg idealerweise auf 2030 vorziehen und die Technologie des Verbrennungsmotors hinter uns lassen“.
Das der Staat Innovation schafft, ist neu, die entstehen in der Regel außerhalb vorgegebener Strukturen. Nach der Solarindustrie geht vor unseren Augen auch die Windindustrie pleite, weil sie sich auf der staatlichen Förderung ausgeruht hat und nun von der günstigeren Konkurrenz, hauptsächlich aus China, vom Markt verdrängt wird. Biosprit wird nicht staatlich gefördert, ist aber dabei, sich von Deutschland aus neue Märkte zu erschließen. Das ist Innovation.
Ein neues Land braucht offenbar auch neue Menschen. So wollen die Koalitionäre dafür sorgen:
„Die nötigen Fachkräfte wollen wir durch bessere Bildungschancen, gezielte Weiterbildung, die Erhöhung der Erwerbsbeteiligung sowie durch eine Modernisierung des Einwanderungsrechts gewinnen“. Deutschland sei eine „vielfältige Einwanderungsgesellschaft. Um der gesellschaftlichen Wirklichkeit Rechnung zu tragen, ermöglichen wir gleichberechtigte Teilhabe und modernisieren die Rechtsnormen – vom Familienrecht bis hin zum Staatsbürgerschaftsrecht. Jeglicher Diskriminierung wirken wir entgegen“.
Die Koalition macht sich stark, damit die Neubürger schnell und unbürokratisch ins Land kommen können: „Wir bekennen uns zu unserer humanitären Schutzverantwortung und wollen die Verfahren zu Flucht und Migration ordnen“. Neuordnung heißt, das hat Kathrin Göring-Eckardt schon früher mit aller Deutlichkeit ausgesprochen, für legale Fluchtwege zu sorgen. In Weißrussland hat Alexander Lukaschenko das bereits vorgemacht, indem er Flüge für Migranten nach Minsk organisierte, von wo aus sie dann an die EU-Grenzen geschickt wurden, um „Asyl“ beantragen zu können. Leider spielten die Polen und die Litauer da nicht mit, selbst einigen EU-Kommissaren dämmerte es, dass einen neues 2015 kontraproduktiv werden könnte. Die Ampelkoalitionäre scheinen weit von dieser Erkenntnis entfernt zu sein. Ihnen liegt die Erschließung neuer Wählerschichten näher. Der Krieg in der Ukraine hat eine neue Art von Flüchtlingen hervorgebracht. Die Ukrainer werden von Anfang an mit Hartz IV versorgt und voll ins Gesundheitssystem integriert. Aber auch alle Araber und Schwarzafrikaner, die jetzt passlos an unserer Grenze erscheinen und behaupten, sie seien Ukrainer, dürfen nicht überprüft, sondern müssen nach Anweisung unserer Innenministerin Faeser ohne Fragen angenommen werden. Der neue Zustrom hat bereits in manchen Gebieten zum Wohnungsnotstand geführt.
Wie soll der neue Staat aussehen? Es soll ein totaler Fürsorgestaat werden, der seine Bürger von der Wiege bis zur Bahre „unterstützt“, wie es im Koalitionssprech heißt. Wer geglaubt hat, das mit dem Zusammenbruch des Sozialismus die staatliche Bevormundung der Vergangenheit angehören würde, muss zur Kenntnis nehmen, dass sie im Ampel-Koalitionsvertrag fröhliche Urständ feiert. Mit freundlicher Hilfe der FDP, die damit ihre Grundprinzipien über Bord wirft.
Im Koalitionssprech: „Deutschland muss handlungs- und leistungsfähig sein, insbesondere in Krisenzeiten. Der Staat muss vorausschauend für seine Bürgerinnen und Bürger arbeiten. Dazu wollen wir ihn modernisieren, so dass er Chancen ermöglicht und Sicherheit gibt. Ein Staat, der die Kooperation mit Wirtschaft und Zivilgesellschaft sucht, mehr Transparenz und Teilhabe in seinen Entscheidungen bietet und mit einer unkomplizierten, schnellen und digitalen Verwaltung das Leben der Menschen einfacher macht.
Für die vor uns liegenden Aufgaben braucht es Tempo beim Infrastrukturausbau. Die Verfahren, Entscheidungen und Umsetzungen müssen deutlich schneller werden. Wir werden deshalb Planungs- und Genehmigungsverfahren modernisieren, entbürokratisieren und digitalisieren sowie die Personalkapazitäten verbessern. Indem wir Bürgerinnen und Bürger früher beteiligen, machen wir die Planungen schneller und effektiver“. (S.8)
Wie die Bürgerbeteiligung nach Abschaffung rechtsstaatlicher „Hindernisse“ aussehen soll., lässt der Vertrag offen. Die Grünen, die selbst sich zu Meistern entwickelt haben, durch wiederholte rechtliche Einsprüche Vorhaben zu verzögern oder ganz zu verhindern, wissen genau, was sie beseitigen müssen, um die große Transformation effektiv durchziehen zu können.
„Wir haben Lust auf Neues und werden technologische, digitale, soziale und nachhaltige Innovationskraft befördern. Durch bessere Rahmenbedingungen für Hochschule, Wissenschaft und Forschung wollen wir den Wissenschaftsstandort kreativer und wettbewerbsfähiger machen. Wissenschafts- und Forschungsfreiheit sind der Schlüssel für kreative Ideen, die dazu beitragen, die großen Herausforderungen unserer Zeit zu bewältigen“. (S.9)
Der Staat setzt nicht mehr nur die Rahmenbedingungen und sorgt dafür, dass sich seine Bürger ungestört betätigen können, nein, er ist nach den Vorstellungen (auch der FDP!) nun auch der Ideengeber und Treiber der Innovationskraft. Wohin diese Idee im Sozialismus geführt hat, war 1989/90 in allen sozialistischen Ländern zu besichtigen, ist aber offenbar vergessen. Inzwischen kann man auch im Ahrtal die staatliche Ineffizienz, besser gesagt, Staatsversagen besichtigen. Nur weil die Zivilgesellschaft mit ihren individuellen Initiativen noch funktioniert, konnte die schlimmste Not gelindert werden. Den vielen freiwilligen Helfern war man keineswegs dankbar. Sie sind zum Teil sogar diffamiert worden. Ein Teil der Spenden ist wegen bürokratischer Hürden offenbar immer noch nicht im Ahrtal angekommen.
Wer der schönen neuen Welt der Koalitionäre widerspricht, muss sich auf etwas gefasst machen. Unter modernem Staat und Demokratie verstehen die Ampel-Macher vor allem Ausschluss von Andersdenkenden:
„Wir wollen einen grundlegenden Wandel hin zu einem ermöglichenden, lernenden und digitalen Staat, Wir wollen eine neue Kultur der Zusammenarbeit etablieren, die auch aus der Kraft der Zivilgesellschaft heraus gespeist wird […] Um die Integrität des Öffentlichen Dienstes sicherzustellen, werden wir dafür sorgen, dass Verfassungsfeinde schneller aus dem Dienst entfernt werden können“. (S.9)
Zu den neuen „Verfassungsfeinden gehören inzwischen auch alle, die Politik und Regierung kritisieren. Wenn die Koalitionäre ihr Vorhaben ernst nehmen würden, müssten sie sich selbst schnellstens „entfernen“, denn der Koalitionsvertrag ist ein einziger Angriff auf das Grundgesetz.
In der „modernen Demokratie“ soll es nach dem Vorbild der Regierung Merkel, die fachfremde „Ethikkommissionen“ eingesetzt hat, um dem Atom- und Kohleausstieg ohne Einspruch von Fachkräften zu ermöglichen, „Bürgerräte“ geben:
„Wir wollen die Entscheidungsfindung verbessern, indem wir neue Formen des Bürgerdialogs wie etwa Bürgerräte nutzen, ohne das Prinzip der Repräsentation aufzugeben. Wir werden Bürgerräte zu konkreten Fragestellungen durch den Bundestag einsetzen und organisieren. Dabei werden wir auf gleichberechtigte Teilhabe achten“. (S.10) Gleichberechtigte Teilhabe, statt Fachwissen. Diese Bürgerräte sollen helfen, die „Hindernisse“ zu beseitigen, aber für eine demokratische Camouflage sorgen. Wie wenig Fachwissen noch gefragt ist, beweist die Kommission, die von Wirtschaftsminister Habeck eingesetzt wurde, um die Abschaltung der letzten Atomkraftwerke zu überprüfen. Da war kein einziger Fachmann dabei.
Entlarvend auch, was die Koalitionäre unter „Schutz der Integrität des politischen Wettbewerbs“ verstehen: Sie wollen gegen „Beeinträchtigung durch verdeckte Wahlkampffinanzierung mittels so genannter Parallelaktionen“ vorgehen. „Dies soll unter Einbeziehung möglichst aller demokratischen Fraktionen geschehen“ (S.10)
Das heißt ganz klar, dass demokratisch gewählte, aber missliebige Parteien per Dekret für immer ausgeschlossen werden. Das war schon vorher Praxis, indem der AfD in den Parlamenten ihnen zustehende Sitze einfach verweigert wurden, was bisher aber immer mit einem undemokratischen Geschmäckle versehen war. Nun wird des zur modernen demokratischen Norm, denn der Koalitionsvertrag steht nach Ansicht seiner Macher über dem Gesetz. Nicht anders kann man die jüngste Einlassung von Robert Habeck verstehen, der die bayrischen Abstandsregeln für Windräder mit dem Hinweis kippen will, dass in dieser Vereinbarung zwischen drei Parteien, mehr ist es ja nicht, steht, dass die Erneuerbaren künftig “im öffentlichen Interesse“ und damit privilegiert seien.
Die Opposition soll nicht nur ausgegrenzt, sie soll auch finanziell ausgetrocknet werden. Dafür soll die Parteienfinanzierung „modernisiert“ werden. „Die Arbeit und Finanzierung der politischen Stiftungen wollen wir rechtlich besser absichern. Dies soll aus der Mitte des Parlaments geschehen unter Einbeziehung möglichst aller demokratischen Fraktionen“. (S.11)
Heißt im Klartext, dass die als undemokratisch bezeichnete Fraktion nicht beteiligt wird. Prompt wurde die Desiderus-Erasmus-Stiftung der AfD von der Finanzierung ausgeschlossen, während die Rosa Luxemburg-Stiftung der SED-Linken das nicht befürchten muss.
Nur wenn es um den Erhalt von Privilegien geht, halten die Koalitionäre an überlebten Gesetzen fest: „Wir stehen zum Bonn-Berlin-Gesetz. Hierzu wird der Bund mit der Region Bonn sowie den Ländern Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz eine vertragliche Zusatzvereinbarung abschließen.“ (S.11)
Gibt es gar nichts Gutes im Koalitionsvertrag? Doch. Ein Lichtblick:
„Wir werden die „Kommission zur Reform des Bundeswahlrechts und zur Modernisierung der Parlamentsarbeit“ erneut einsetzen. Die Kommission wird sich mit dem Ziel einer paritätischen Repräsentanz von Frauen und Männern im Parlament befassen und die rechtlichen Rahmenbedingungen erörtern. Die Kommission wird zudem Vorschläge zur Bündelung von Wahlterminen, zur Verlängerung der Legislaturperiode auf fünf Jahre sowie zur Begrenzung der Amtszeit des Bundeskanzlers / der Bundeskanzlerin prüfen.“
Die Begrenzung der Amtszeit des Bundeskanzlers wäre ein echter Fortschritt und könnte sogar gelingen, weil Olaf Scholz aus Altersgründen keine dritte Amtszeit anstreben dürfte.
Warum bin ich so sicher, dass die Koalition bis dahin durchhält?
Ganz einfach. Sie wird sich zur Machtsicherung radikal neue Wählerschichten erschließen. “Wir werden das aktive Wahlalter für die Wahlen zum Europäischen Parlament auf 16 Jahre senken”. „Wir wollen das Grundgesetz ändern, um das aktive Wahlalter für die Wahl zum Deutschen Bundestag auf 16 Jahre zu senken. Wir wollen die Ausübung des Wahlrechts für im Ausland lebende Deutsche erleichtern”. (S.12)
Während im Jugendstrafrecht die Altersgrenze immer weiter nach oben verschoben wird, weil junge Menschen noch nicht in der Lage wären, ihre Taten richtig einzuschätzen, sollen die gleichen Jugendlichen imstande sein, weitreichende politische Entscheidungen zu treffen. Dass die Befürworter der Absenkung des Wahlalters identisch sind mit jenen, die für eine Erhöhung der Altersgrenze im Jugendstrafrecht streiten und sich diese Klientel nicht genötigt sieht, zu diesem Widerspruch Stellung zu nehmen, spricht für die Arroganz der Macht, die sich anschickt, uns zu beherrschen.
Jahrzehntelang ist ein erheblicher Teil der Grünen der Meinung gewesen, Deutschland sei nicht mehr als „ein mieses Stück Scheiße“. Die Bürger, die dieses Land all die Jahre am Laufen gehalten und zuletzt im Ahrtal bewiesen haben, dass sie im Gegensatz zu staatlichen Institutionen noch handlungsfähig sind, haben das hingenommen.
Nun wird dem „miesen Stück Scheiße“ der Gnadenschuss verpasst und wir müssen sagen, wir sind dabei gewesen. Hinterher soll keiner behaupten, er hätte den Zusammenbruch, auf den mit aller Macht zugesteuert wird, nicht kommen sehen können. Das kann man schon an der Auswahl der Ministerien erkennen, die von den Grünen reklamiert wurden. Alle Ämter, die für die große Transformation unverzichtbar sind, haben die Grünen in der Hand, bis auf eins.
Fangen wir mit der Ausnahme an: Annalena Baerbock ist Außenministerin. Damit haben sich die Grünen geschickt ihres größten Problems entledigt. Das ehemals prestigeträchtige Amt hat unter Merkel bereits seine Bedeutung verloren. Die Kanzlerin war die eigentliche Außenministerin und Olaf Scholz versucht, es genauso zu handhaben. Bearbock darf noch in den diversen internationalen Gremien ihre Hand heben, oder auch nicht. Einfluss hat sie wenig. Der letzte Außenminister, der sich jahrelang auf diesen Posten vorbereitet hat, war Joschka Fischer. Als er es dann tatsächlich wurde, hatte er wahrscheinlich alle wichtigen Bücher für dieses Amt gelesen. Das Pendant von ihm wäre Jürgen Trittin, der sich als Mitglied im Auswärtigen Ausschuss und Mitglied der Parlamentarischen Versammlung der NATO seit 2014 in die Außenpolitik eingearbeitet hat. Aber was in der Politik nicht mehr zählt, ist Fachwissen.
Das zeigt sich auch bei der Besetzung des Landwirtschaftsministeriums. Statt des lange dafür gehandelten Anton Hofreiter beschloss die Parteispitze einstimmig Cem Özdemir für dieses Amt zu nominieren. Das war das Ergebnis eines innerparteilichen Machtkampfes, bei dem Fachwissen erneut keine Rolle gespielt hat. Aber vielleicht ist es in der beabsichtigten großen Transformation der Landwirtschaft besser, einen Minister zu haben, der nichts von der Materie versteht. Was auf die Bauern zukommt, steht im Koalitionsvertrag. Weder Feldbau noch Tierhaltung werden bestehen bleiben. Im Augenblick könnten die deutschen Bauern die Bevölkerung unseres Landes problemlos ernähren, ob das nach der Transformation der Landwirtschaft noch der Fall sein wird, ist mehr als ungewiss. Aktuell wurde vom Bundesrat eine Nitratverordnung beschlossen, die viele landwirtschaftliche Betriebe in akute Gefahr bringt.
Robert Habeck als Minister für Wirtschaft und Klimaschutz, sowie Vizekanzler, ist der wichtigste Mann im Kabinett, denn die Grünen haben im Koalitionsvertrag verfügt, dass alle Gesetzesvorhaben auf „Klimaverträglichkeit“ überprüft werden müssen. Damit sind ihm alle Vorhaben untergeordnet. Er ist derjenige sein, der dafür sorgen wird, dass alle störenden „Hindernisse“ bei der Durchsetzung der „Energiewende“ ausgehebelt werden. Er nimmt das so ernst, dass er schon, bevor er sein Amt antrat, angekündigt hat, die in Bayern geltenden großen Mindestabstände von Windrädern zu Wohnhäusern kippen zu wollen. Habeck verwies in der “Neuen Osnabrücker Zeitung” auf die Festlegung im Koalitionsvertrag, wonach erneuerbare Energien künftig “im öffentlichen Interesse” sein sollen. Damit seien sie privilegiert. Das könne in Bayern dazu führen, dass die vorgeschriebenen Abstände von Windrädern zu Wohngebieten unwirksam werden. Klimaschutz geht vor Menschenwohl.
Dem Familienministerium, in dem die Ministerin schon ausgetauscht werden musste, kommt eine Schlüsselrolle zu. Es geht um die Abschaffung der Familie. Das war bisher ein Projekt der Diktaturen, deswegen findet man im Koalitionsvertrag ein Lippenbekenntnis zur Familie, ohne dies näher zu definieren. Der Pferdefuß kommt mit dem Wort „Verantwortungsgemeinschaft“ mehrerer erwachsener Personen, die wie eine Familie behandelt werden soll. Da kann man auch gut die muslimische Mehrehe oder Kinderehe unterbringen, die bei uns noch aus guten Gründen verboten sind. Eben haben die Grünen die auch von Muslimen abgelehnte Ferda Ataman als Antidiskriminierungsbeauftragte durchgeboxt. Das ist die Frau, die Biodeutsche als „Kartoffeln“ diskriminiert hat, was sie offenbar als besonders qualifiziert erscheinen ließ.
Bleibt Umweltministerin Steffi Lemke, die härteste Ideologin im Kabinett. Sie ist die einzige Ostdeutsche und erfüllt somit die Quote, so dass das einzige Argument für Kathrin Göring-Eckardt wegfiel. Wenigstens die ist uns erspart geblieben. Aber das ist ein allzu schwacher Trost. Unter Lemke wird der Umwelt- Landschafts- und Artenschutz ausgehebelt, um mehr Windräder bauen zu können, obwohl es weder Speicherkapazitäten, noch Stromleitungen dafür gibt. Die bereits installierte Windenergie hat unser Netz bis an den Rand seiner Möglichkeiten destabilisiert. Immer häufiger gibt es Stromausfälle wegen Netzüberlastung.
Bleibt noch die neue Kulturstaatsministerin Claudia Roth, die hinter einem Banner „Deutschland, du mieses Stück Scheiße“ hinterherlief und mit Mullahs High Fives wechselte. Zu der fällt mir kein Kommentar mehr ein. Mit dieser Frau gab es prompt den Antisemitismus-Skandal auf der Kasseler Documenta, wo 43 Millionen Steuergelder eingesetzt wurden, ohne dass jemand hingeguckt hat, was damit gemacht wurde. Vor dem Bundestagsausschuss sagte eine der „Kuratorinnen“, man hätte sich nicht damit beschäftigt, welche Werke gezeigt würden. Bevor sich Roth notgedrungen von den antisemitischen Machwerken distanzierte, hatte sie wochenlang vor den Warnungen, die es gab, Augen und Ohren verschlossen.
Wir sollten nicht Augen und Ohren vor dem verschließen vor dem, was sich abspielt. Deutschland ist bereits so transformiert, dass unser einst für seine Effektivität berühmtes und beneidetes Land kaum noch etwas reibungslos funktioniert. Täglich erreichen uns neue Warnungen. Die explodierenden Energiekosten gefährden den Industriestandort und verteuern die Lebensunterhaltskosten in einem Maße, das für die Geringverdiener ein Problem wird. Das alles ist keine Naturkatastrophe, sondern hausgemacht von Politikern, die sich offenbar nicht mehr als Volksvertreter, sondern als Selbstbediener in einem Schlaraffenland sehen. Christian Lindners Dauerhochzeit hat es uns überdeutlich vor Augen geführt: Es war nicht nur eine Inszenierung „Wir hier oben, ihr da unten“, sondern ein schamloser Griff in die Steuerkasse, denn die aufwendigen Sicherungsmaßnahmen wurden nicht von einer von Lindner bezahlten Security-Firma übernommen, sondern vom Staat beansprucht. Boris Johnson ist wegen geringerer Vergehen aus seinem Amt gedrängt worden.
Zwar gibt es schon den Hashtag Bundesregierungsrücktritt, aber es schweigen noch zu viele.