Berlin 15.07.2021 #Medienkritik

Während die privaten Medien wie Wuppertalradio, WELT TV oder NTV fast unermüdlich und in Marathonsendungen über das Hochwasser berichten, läuft beim ÖRR fast alles normal weiter.
Bei den regionalen Informationen versagt der WDR erneut. Nichts aus der Katastrophe von 2014 gelernt.

Auto-Audio (für Sehgeschädigte)

Im TV kaum eine Rede wert:

Als ich am heutigen Morgen mein Fernseher anmachte und beim "Morgen Magazin" (ARD/ZDF) nicht wirklich viele Infoformationen entnehmen konnte, schaltete ich zum West Deutschen Rundfunk und dort lief "
Mein bester Freund Marlon ", währenddessen bei WELT (TV) schon Nachrichten liefen. Jetzt würde man meinen der ÖRR hat neben ARD und ZDF, ja noch Phönix und Tagesschau24. Auf beiden Sendern liefen keine Sondersendungen. Der Sender welcher mal für Berichterstattung zu aktuellen Ereignissen bekannt war zeigte "Trauminseln" und auf dem Tagesschau Sender lief ebenso das "Morgen Magazin".  Man könnte meinen: "Ok das war jetzt nur eine Momentaufnahme", doch hier muss ich leider enttäuschen.

Auch in der vergangen Nacht sah das Programm nicht gerade gut aus. Beim WDR konnte um 22 Uhr ein "WDR Aktuell" sehen und dann nur Wiederholungen.

Über Regionale Berichterstattung und Versagen

Gerade die ARD rühmt sich häufig für ihre regionale Berichterstattung. Beim WDR bestand diese in der Nacht jedoch fast nur aus einem Webseiten Ticker. Irgendwann kam man auch auf die Idee die Informationen per Twitter zu verbreiten. Fernsehen und Radio machten Dienst nach Vorschrift. Was nach 22:30 Uhr passiert verschläft man dort eher. Neben "WDR extra" um 20:15 Uhr und dem schon erwähnten "WDR aktuell" von 22 Uhr gabs keine weiteren Infos im TV.
Beinahe so als wenn der WDR stoisch die Fluten ignoriert. Eine Katastrophe nimmt den Lauf und der Öffentlich Rechtliche Rundfunk schaut weg. Wie soll man das den Bürger*innen erklären? Wie den Zahler*innen des Rundfunkbeitrages?

Wenn ein kleines privates Lokalradio, wie es Radio Wuppertal nun mal ist, besser die Bevölkerung informieren kann und eine Marathonsendung abhält, ja dann muss man sich Fragen: Warum kann ein Kleinst-Sender im Gegensatz zu ARD und ZDF das, was die großen Öffentlichen Rundfunkanstalten nicht können? Bis weit in der nach berichtet man dort in einer Sondersendung über die aktuellen Ereignisse. Für die Stadt Wuppertal übernimmt man dort die Funktion des Warnradios, wie Chefredakteur Georg Rose dwdl.de gegenüber erklärte.
Natürlich lief auch Musik auf dem Sender und dennoch konnte man die Bevölkerung informieren. Warum schafft es der WDR nicht? Während also die ersten Talsperren überliefen und in Wuppertal die Sirenen die Nacht unterbrachen, da sendete der WDR "Vom Traum zum Terror - München 72".

Nicht einmal ein Hinweis auf den Webseitenticker erklang. Gegen 1:20 Uhr schaffte man es dann wenigstens die Komplexität eines Laufbandes zu verstehen und fügte es mit ein. Verwiesen wurde nun auf den Ticker und die Nachrichten des WDR. Und zwischendurch knallte der ARD-Musik-Irrsinn durchs Programm.
Nun liefen ab 1:30 Uhr zwar halbstündlich Nachrichten, doch nach ca. einer Minute und 30 Sekunden war es auch schon wieder vorbei. Daneben unterbrach das kleine Lokalradio ganze vier mal pro Stunde ihr Programm und dies spürbar länger.

R/DV/RS CC BY 2.0

Und all das ist nicht neu!
2014. Pfingstmontag. Mehre Menschen starben und der WDR gelobte Besserung.
Jörg Kachelmann gehört damals zu den Kritikern, welche dem WDR vorwarfen eine Mitverantwortung zu tragen. Damals hieß es auf Nachfrage von Stefan Niggemeier: "Im Rückblick wäre ein Crawl am Abend im WDR Fernsehen besser gewesen. Das haben unsere Fernsehkolleginnen und -kollegen so nachbesprochen und werden es künftig in vergleichbaren Fällen entsprechend handhaben."
Kachelmann ging sogar soweit, dass er den Rücktritt vom WDR-Intendanten Tom Buhrow forderte. So schrieb er auf seinem Blog: "Gestern gab es den Test, für Sie, für den Sender, ob Sie irgendetwas bewegt haben dort, wo Menschenleben gerettet werden können: Nicht mit lustigen Talkshows, Magazinsendungen und flockigem Morgengebrabbel, sondern bei der Daseinsvorsorge, beim Schutz der Bevölkerung."

Aber nach all den Beteuerungen bleibt nichts über

Ich gehöre persönlich nicht zu den Leuten, welche dem Öffentlich Rechtlichen Rundfunk den Gar ausmachen wollen: Nur zeigt der ÖRR immer wieder massive Probleme und das gerade bei dem, was man so gut können will. Die regionale Berichterstattung ist Kern der ARD oder sollte es zumindest sein. Wenn selbst eine der größten Rundfunkanstalten es nicht schafft, muss man sich schon Fragen: Für was brauchen wir das System? Würde dann nicht auch ein einziger Sender reichen? Warum leistet man sich gerade in der ARD so viele Sender, welche regional Berichten könnten und zeigt trotzdem nicht das Wesentliche?
Der Rundfunk ist wichtig um neutrale Berichte gewähren zu können und um bei regionalen Ereignissen zu berichten. Nur wenn das nicht passiert, ist das eine Katastrophe. In den Zeiten der Digitalen Welten können wir gewisse Inhalte zu jeder Zeit konsumieren, aber bei aktuellen und regionalen Informationen kann keiner mit dem Potential der ÖRR mithalten.
Das wenigste Geld aus den Gebühren geht jedoch dahin. Spielfilme, Sport und überzählige Krimi-Soko-Polizei-Was-auch-immer-Tatorte zeigt man gerne. Teilweise rennt man der Quote hinterher und das obwohl man nicht drauf angewiesen ist. Klar will man auch Programm zeigen, aber warum soviel vom gleichen? ARD und ZDF müssen sich auf ihre Werte besinnen. Es bedarf eines starken Rundfunks und dieser kann nur bestehen wenn der Kern stimmt. Verlässliche Informationen sind in diesen Zeiten so wichtig und das nicht nur bei Katastrophen, aber gerade hier zeigt sich das Versagen der ÖRR sehr deutlich. Wenn ein Sender wie Radio Wuppertal so eine Leistung abliefert und auf Werbeeinnahmen angewiesen ist, muss man sich schon fragen: Ob nicht lieber Radio Wuppertal was von der Gebühren bekommen sollte?

Am Ende bleibt ein Versagen des WDR und der ÖRR hat sich erneut nicht gut geschlagen, aber ich hoffe auf Verbesserung und dennoch halte ich eine Reform für notwendig. Vielleicht sollte man bei der Spitze anfangen?

Update 15:20 Uhr : Wie A.Hofmann mitteilte (Kommentar unter dem Artikel) - sei das Studio in Wuppertal nicht in der Lage gewesen zu senden: "war das dortige WDR-Studio selbst so stark vom Unwetter betroffen, dass es ab 3 Uhr in der Nacht nicht mehr selber senden konnte.". Die Kritik bleibt dennoch weiter erhalten. Die Meldung des RND dazu hier. Eine Anfrage an den WDR blieb bis jetzt unbeantwortet.

Update 16.07.2020: Kleine Lese-Empfehlung dwdl.de Interview "WDR-Newsroom-Chef Brandenburg: "Im Nachhinein ist man immer klüger":
"Es sei ein Fehler gewesen, nicht aus der ARD-Popnacht auszusteigen und etwa bei WDR 2 eigenes Programm zu senden, räumt Stefan Brandenburg, Programmbereichsleiter Aktuelles und Leiter des Newsrooms im WDR, im DWDL.de-Interview ein."
Ebenso von dwdl.de: Viele Sondersendungen zu Unwettern über Deutschland

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