Nicht nur in den USA, auch in anderen Ländern gab und gibt es umfangreiche Maßnahmen, die auf die HPV-Impfungen hinweisen. Trotzdem ist die Impfquote meist recht niedrig. Warum ist das so?

Schuld daran sind nicht unbedingt die Impfgegner und ihr Geschwätz. Es liegt eher an einer Mischung aus ebenjenem, Unwissenheit und falschen Annahmen. In den USA wurden Eltern sowie Ärzte befragt, warum (ihre) Kinder gegen HPV geimpft wurden - oder eben nicht1. Insgesamt wurden 122 Eltern befragt (zumeist Mütter) sowie 30 Angestellte im Gesundheitswesen. Statistisch ist das zwar nicht wirklich relevant und schon gar nicht auf die Allgemeinheit übertragbar, aber es ist ein interessanter Einblick und ermöglicht es mir, auf einige Punkte einzugehen, die bei üblichem Debunking gar nicht angesprochen würden.

Die Aussagen der Eltern:

  • "Ich denke, die Impfung ist eine gute Idee, also würde ich sie annehmen, wenn sie kostenlos wäre."
  • "Wenn wir sie genommen hätten, wäre es okay; wenn wir sie nicht genommen hätten, wäre es auch okay."
  • "Unsere Tochter hat ein geringeres Risiko... im Hinblick auf sexuelle Aktivität und solche Sachen."
  • "Wir haben den Arzt gewechselt, nachdem der vorherige Kinderarzt uns immer wieder abgeraten hatte und auf weitere Studienergebnisse warten wollte."
  • "Ich habe die HPV-Impfung angesprochen und gefragt, ob meine Tochter sie bräuchte. Zur Antwort bekam ich: 'Nein, die braucht sie nicht wirklich.'"
  • "Ich würde gerne die Zulassungsstudien sehen, denn was im Internet steht ist immer etwas sensationsheischend."
  • "Ich würde meine Tochter lieber an Gebärmutterhalskrebs sterben sehen, als an einer Impfung."
  • "Ich glaube, es ist wichtig sie zu impfen, bevor sie sexuell aktiv werden. Aber je mehr ich über die Nebenwirkungen erfahre, desto mehr beeinflusst das meine Entscheidung."

Auf Seiten des Gesundheitswesens gab es folgende Aussagen:

  • "Ich verabreiche die Impfung lieber später, denn wenn 11 und 12-Jährige zu mir kommen, dann bekommen sie schon eine andere Impfung und ich will nicht 2 gleichzeitig verabreichen."
  • "Ich empfehle, die Impfung später zu geben. Wenn 11 oder 12-Jährige sexuell aktiv sind, dann haben wir ein viel größeres Problem als HPV."
  • "Ich spreche mit den Kindern selten länger als 20 Sekunden über die Impfung. Es fühlt sich komisch an, mit einem 11-Jährigen über sexuell übertragbare Krankheiten zu sprechen."
  • "Ich denke nicht bewusst darüber nach. Es gibt Pap-Tests und HPV tötet keine Jungen."
  • "Für mich ist die Impfung nicht relevant. Ich bin Pädiater und kein Gynäkologe."
  • "Soll ich den Eltern sagen, 'In Zukunft kann er seine Partner nicht mit Genitalherpes anstecken', das fühlt sich vor Kindern komisch an. Ich weiß nicht einmal, welches Wort sie für 'Penis' heute benutzen."
  • "Vielleich haben ungefähr 20% der Kinder in dem Alter Sex, wohl eher weniger. Und die nutzen ja Kondome. Aber ja, ich bekomme auch ab und zu Schwangerschaften zu Gesicht."

Ähnliches berichtete bereits auch der NDR2.

Dieses allgemeine Unwissen, vor allem von Fachpersonal, ist erschreckend, ebenso die Bequemlichkeit, entsprechenden Wissenserwerb einfach vor sich herzuschieben. Deshalb kommt jetzt noch einmal eine Erläuterung:

HPV ist eine Geschlechtskrankheit. Impfungen gegen HPV beugen Infektionen vor. Deshalb sollte man sie Kindern verabreichen, BEVOR sie überhaupt sexuell aktiv werden. Man impft ja auch nicht gegen Masern oder Windpocken, wenn man sie bereits hat. Denn die Impfung wirkt nicht direkt gegen Krebs, sondern gegen die Viren, die ihn später verursachen können.

Nein, wir können nicht gegen sämtliche HP-Viren impfen, aber gegen die, die über 90% der Krebserkrankungen verursachen, schon. Es geht nicht darum, Genitalwarzen auszurotten, auch wenn HPV primär dafür verantwortlich und Krebserkrankungen eine sekundäre Folge sind. Es geht auch nicht nur um Gebärmutterhalskrebs, der zu über 99,6% von früheren HPV-Infektionen ausgeht. Die Viren zeigen sich auch verantwortlich für Analkarzinome, Vulva- und Vaginalkrebs, Plattenepithelkarzinome des Mund- und Rachenraumes sowie Prostatakrebs, Hodenkrebs, Penistumore und noch einige mehr. Dass eben nicht nur Mädchen und Frauen davon profitieren ist ursächlich dafür, dass sie auch für Jungen empfohlen wird - diese Erweiterung der Empfehlung3 erfolgte in Deutschland aber viel zu spät. Denn was bringt es, einen Teil der Bevölkerung zu immunisieren, wenn der andere den Erreger munter weiter verbreiten kann? Dazu mehr in einem anderen Beitrag.

Ja, Kondome bieten auch einen gewissen Schutz. Jedoch ist nach wie vor kein Verhütungsmittel absolut sicher. Hinzu kommt, dass Kondome zumeist nur für Vaginal- und Analverkehr genutzt werden, hingegen selten bei Oralverkehr. Die Viren interessiert es nicht, wie sie übertragen werden. Darüber hinaus findet sich außerdem noch ein Umstand, der für die Impfung spricht: es gibt keine Toten durch eine HPV-Impfung.

Quellen:

1          https://publications.aap.org/pediatrics/article-abstract/134/3/e666/74168/Missed-Opportunities-for-HPV-Vaccination-in?redirectedFrom=fulltext

2          https://www.ndr.de/ratgeber/gesundheit/Krebs-durch-Viren-HPV-Impfung-fuer-Maenner,hpvimpfung101.html

3            https://www.rki.de/DE/Content/Service/Presse/Pressemitteilungen/2018/07_2018.html