Die CO2-Emissionen im Verkehr sinken nicht! Und was ist mit der Sicherheit? Und es ist doch viel stressfreier! Und überhaupt ist rasen auf der Autobahn doch keine persönliche Freiheit! Diese Argumentation ist ein perfektes Abbild der von Freiheitsfeindlichkeit durchtränkten Denkweise bestimmter politischer Kräfte. Wenn wir das mitmachen, müssen wir uns den Vorwurf gefallen lassen, Freiheit als höchstes Gut aufzugeben.

Unsere moderne Demokratie entstand aus einer der schlimmsten Diktaturen, die die Menschheit je gesehen hat, heraus. Aus gutem Grund war es immer entscheidendes Element demokratischer Gesellschaftsordnungen, persönliche Freiheit als höchstes gesellschaftliches Gut anzuerkennen. Selbstverständlich verbieten sich Vergleiche der zahlreichen autoritären Regime auf deutschem Boden mit der heutigen Situation. Dennoch sollten wir uns stets darauf besinnen, woher wir kamen, um auch in Zukunft unsere wichtigste Lehre aus diesen Zeiten nicht zu vergessen: Die persönliche Freiheit.

Die große Schwierigkeit im Erhalten errungener Güter ist, dass sie schnell als für alle Zeit gegeben angesehen werden. Viele Menschen – mich selbst eingeschlossen – kennen es nicht, in Unfreiheit zu leben und können sich auch nicht vorstellen, wie es sein muss. Leider ist zu beobachten, dass vielen Menschen – vielleicht aus diesem Grund – immer mehr der Sinn für die Bedeutung der Freiheit verloren geht. Die Wahrheit ist, dass es immer Kräfte gab und geben wird, die sie einschränken wollen und auch einschränken werden, wenn wir uns nicht konsequent dagegen stellen. Ein aktuelles Beispiel ist die Debatte um das Tempolimit.

Natürlich macht ein Tempolimit nicht gleich unseren gesamten Rechtsstaat zunichte. Dennoch offenbart sich in diesem Kontext immer häufiger eine bedenkliche Argumentationsweise. Aussagen wie „Nenn doch mal ein Argument dagegen außer Freiheit“ sind hochproblematisch, weil sie eine Geisteshaltung offenbaren, die Freiheit nur dann akzeptiert, wenn sie zu einem Verhalten führt, für das man die Begeisterung nachvollziehen kann.

Es ist verständlich, dass es nicht für jeden nachvollziehbar ist, was der Spaß am Schnellfahren auf der Autobahn sein soll. Dennoch darf eine solche Argumentation niemals zur Begründung für ein staatliches Verbot werden. Hiermit würde eine Situation gerechtfertigt, in der der Staat die Auswahl trifft, was „gute“ und was „schlechte“ Freiheit ist. Freiheit hört jedoch für einen aufrechten Demokraten nicht da auf, wo er kein Verständnis mehr für die Handlung hat. Freiheit darf erst dort enden, wo die Handlung aktiv in unzumutbarem Maße in anderer Leute Freiheit eingreift – und das ist beim Schnellfahren schlicht und ergreifend nicht der Fall, auch wenn es immer wieder herbeiargumentiert wird. Nein, es beschränkt den Langsamfahrenden nicht in seiner persönlichen Freiheit, wenn er links mit 200 km/h überholt wird und sonstige Situationen, wie das Drängeln auf der linken Spur, sind auch nach aktueller Rechtslage bereits verboten und werden auch mit einem Tempolimit nicht aufhören. Es gibt keine logische Argumentation, um von diesem Gesichtspunkt aus ein Tempolimit einzuführen.

Dann ist da aber noch das Klimaargument. Ja, bei höheren Geschwindigkeiten wird mehr Kraftstoff verbraucht und damit auch mehr CO2 ausgestoßen. Ja, wahrscheinlich könnte man mit einem Tempolimit Emissionen einsparen und ja, diese Maßnahme würde kaum bis gar keine finanziellen Kosten verursachen und trotzdem zum Klimaschutz beitragen. Dabei lässt man jedoch den Freiheitsverlust als höchste Form von Kosten völlig außen vor. Ein Verbot zum Klimaschutz muss sich – wie alle anderen Verbote – an bestimmten Kriterien messen lassen. Um gerechtfertigt zu sein, muss es dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit entsprechen. Dafür muss es geeignet und erforderlich sein, um die erwünschte Wirkung zu erreichen – und genau hier fällt das Tempolimit durch. Die unbestreitbaren Emissionseinsparungen bei einem Tempolimit wären dennoch nur geringfügig und werden mit zunehmender Anzahl an klimaneutralen Fahrzeugen nach und nach geringfügiger werden. Bei einer vollständig klimaneutralen Fahrzeugflotte spart das Tempolimit genau 0 Gramm CO2ein. Wenn es hiernach geht, ist es also eine völlig obsolete Maßnahme, da das Problem bereits auf anderem Wege deutlich effektiver angegangen wird – und zwar ohne erhebliche Verluste an Freiheit.

Umso interessanter, dass teilweise auch mit der Elektromobilität für das Tempolimit argumentiert wird. Man könne so die Reichweite von Elektrofahrzeugen erhöhen, da der Verbrauch mit zunehmender Geschwindigkeit zunimmt. Das stimmt, ist aber ebenso wenig ein Argument. Dass der Luftwiderstand mit zunehmender Geschwindigkeit stark zunimmt, ist nicht auf Elektrofahrzeuge beschränkt, sondern auch bei Verbrennern bereits der Fall. Bei hohen Geschwindigkeiten haben auch diese einen deutlich höheren Verbrauch, der ja erst zum Punkt, der dem zuvor genannten Klimaargument zugrunde liegt, führt. Wenn man nun „ordnungspolitisch eingreifen“ – wie Verbote ja mittlerweile gerne euphemistisch beschrieben werden – will, um den Verbrauch der Fahrzeuge der Menschen zu senken, ist das sicherlich eine Maßnahme, die zum beabsichtigten Ergebnis beitragen könnte. Aber was für ein Menschenbild offenbart sich bei denjenigen, die sich den Staat in der Rolle wünschen, erwachsenen Menschen vorzuschreiben, wie sie mit ihrer selbstbezahlten Energie umgehen sollen? Das eines freiheitlich denkenden Menschen ist es sicherlich nicht.

Genauso verhält es sich mit dem Sicherheitsargument. Ja, bei höheren Geschwindigkeiten erhöht sich die Schwere eines potenziellen Unfalls. Vielleicht könnte man mit einem Tempolimit auch wirklich ein Paar schwere Unfälle weniger erreichen. Genauso könnte man aber auch zukünftige Todesfälle verhindern, indem man Menschen im Haus einsperrt und gar nicht mehr auf die Straße lässt. Sollte das etwa unsere Vision sein? Mit dem Argument der Sicherheit ließe sich jedes Recht beliebig stark einschränken, wenn man dabei die Verhältnismäßigkeit vergisst. Wenn man die Lage auf deutschen Autobahnen nüchtern betrachtet, hat Deutschland eben keine überdurchschnittlichen Verkehrstoten auf den Autobahnen – was ja eigentlich so sein müsste, wenn die hohen Geschwindigkeiten ja ach so gefährlich wären. Zumal die oft zitierte „nicht-angepasste Geschwindigkeit“ schon jetzt durch unsere Straßenverkehrsordnung geächtet ist. Einmal mehr zeigt sich: Wer Sicherheit über Freiheit stellt, wird Freiheit verlieren und Sicherheit nicht gewinnen.

Im Übrigen geht von einem Schnellfahrenden selbst noch keine Gefahr aus. Die meisten Gefahrensituationen entstehen dadurch, dass die Geschwindigkeit von Dritten falsch eingeschätzt wird. Interessant ist, dass dies wohl nicht einmal eine umstrittene These wäre, da es selbst von Tempolimitbefürwortern so angeführt wird. Auch hier gilt: Was für ein Menschenbild offenbart es bei denjenigen, die für die Fehleinschätzungen der Einen den Anderen in ihre Freiheit eingreifen wollen? Es gibt wohl kaum ein Argument, dass sich selbst noch offensichtlicher die Grundlage entzieht.

Und hier, am Ende einer zerfallenen Argumentation für das Verbot, kommt ebendas Argument ins Spiel, das viele nicht hören wollen: Die Freiheit. Wenn die Argumente für ein Verbot den tiefergehenden Test nicht bestehen, gibt es keine Grundlage mehr dafür. Und in diesem Fall, muss für jeden aufrechten Demokraten gelten: Im Zweifel für die Freiheit – und damit gegen das Tempolimit. Ich bedauere, dass diese logischen Schlussfolgerungen in unserer Gesellschaft immer mehr an Rückhalt verlieren.