Seit Wochen überlege ich hin und her, ob ich diesen Artikel schreiben soll. Oder besser gesagt, ob ich ihn nach dem Schreiben veröffentlichen soll.
Aktuell stört es mich aber sehr, dass von politischer Seite keine klare Aussage zum Thema Impfpflicht getroffen wird. Das liegt wohl an den anstehenden Wahlen. Und da ich keine Politikerin bin, kann ich ja frei von der Leber sagen: Ich wäre für eine generelle Impfpflicht gegen SARS-CoV2.
Die bekannten Politiker:innen positionieren sich öffentlich gegen eine verpflichtende Impfung, aber erlauben gleichzeitig den Arbeitgebern, den Impfstatus ihrer Mitarbeitenden zu erfragen. Natürlich offiziell ohne berufliche Konsequenz für Ungeimpfte, sie müssen also keine Angst um ihren Job haben, heißt es. Gegebenenfalls würden sie in kontaktarmen Sparten eingesetzt. Aber wenn es in einem Beruf keine kontaktarmen Bereiche gibt? In der Pflege? Als Lehrkraft? Im Einzelhandel? Soll jemand, der umgeimpft ist, nur noch von früh bis spät das Lager aufräumen? Das erscheint mir alles sehr unaufrichtig zu sein. Genauso wie die Aussage, dass im öffentlichen Raum nur noch 2G - also Geimpft oder Genesen- gelten sollte. Ich unterstütze das, weil wir die Pandemie endlich mal in den Griff bekommen müssen. Aber: Auch das erscheint mir unaufrichtig. Denn man kann den Menschen doch nicht sagen, sie hätten ihre Wahlfreiheit bezüglich der Impfung, weil man nicht den Mumm hat, für eine Impfpflicht einzustehen, aber gleichzeitig so viele Bedingungen daran zu knüpfen.
Ich vergleiche das gedanklich mit der Erziehung von Kindern: „Nein, mein Schatz, du musst zuhause überhaupt nicht aufräumen und du musst auch deine Hausaufgaben nicht machen. Aber wenn du fernsehen willst, räumst du erst die Spülmaschine aus und lernst Vokabeln.“
Ja, das besagte Kind hätte die Freiheit, auf das Fernsehen zu verzichten, aber kommt doch am Ende nicht drum herum, seine Pflichten zu erfüllen.
Der Vergleich hinkt, meint ihr? Weil es bei der Impfung um einen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit geht und bei den Hausaufgaben nur um lästige Pflichten? Mag sein. Fakt ist aber doch, dass die Coronaerkrankung erwiesenermaßen schwere Folgen haben kann, auch bei leichteren Verläufen. Und als Land hat man die Pflicht, auf seine Bürger:innen zu achten und sie zu beschützen.
Natürlich gibt es Argumente für und gegen die verpflichtende Impfung. Gehen wir es systematisch an. Ich habe versucht, häufige Pro/Contra- Argumente zu beleuchten.
Und bevor es wieder heißt: „Von wem werden Sie für diese Impfpropaganda bezahlt?!“, erwähne ich an dieser Stelle prophylaktisch, dass ich für meine Blogtexte auf meiner Website kein Geld bekomme, noch nie Geld von einem pharmazeutischen Unternehmen bekam (auch keine sonstigen Leistungen, außer einen hübschen Stauschlauch zum Blutabnehmen im Studium) und dass ich diese Texte aus innerer Überzeugung schreibe. Daher bitte ich auch um sachliche Diskussion, schließlich laufe ich nicht mit der Impfpistole durch die Gegend und ich beschimpfe auch niemanden, der sich nicht impfen lässt. Außerdem behandle ich selbstverständlich alle, die sich nicht impfen lassen, nach bestem Wissen und Gewissen, auch wenn ich eine andere Meinung habe.
Kontroverse Meinungen und sachliche Diskussionen sind willkommen. Bedrohungen und Hetze werden konsequent angezeigt.
Damit hätten wir das auch geklärt.
Impfpflichten haben schwere Krankheiten beherrschbar gemacht
Gerade habe ich einmal nachgelesen, welche Impfpflichten es im historischen Kontext bereits gab. Es gab in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland Impfpflichten gegen die Pocken und gegen die Diphtherie, seit dem Jahr 2019 auch die verpflichtende Impfung gegen Masern ab dem Zeitpunkt der Aufnahme in eine Betreuungseinrichtung. Die DDR verpflichtete seine Bürger zu Impfungen gegen Tuberkulose, Kinderlähmung, Diphtherie, Wundstarrkrampf, Keuchhusten und Masern.
Um bei dem Beispiel mit den Pocken zu bleiben: Im Deutschen Kaiserreich wurde bereits im Jahr 1874 die Impfpflicht eingeführt und bereits einige Jahre später zeigte sich ein drastischer Rückgang der durch die Pocken verursachten Todesfälle.
Die Pocken gibt es als Erkrankung schon lange und sie war gefürchtet, denn zum einen ging sie mit einem schweren Krankheitsgefühl einher, zum anderen war der gesamte Körper erst mit wässrig gefüllten Bläschen und schließlich mit eitrigen Pusteln gefüllt, die dann aufbrachen und verkrusteten. 20-40% der Erkrankten starben an den Pocken. Auch die inneren Organe konnten befallen werden, so dass innere Blutungen zum Tode führten. Waren die Augen oder das Gehirn betroffen, führte dies zur Blindheit und zu schweren Hirnschäden. Die Krankheit war so gefürchtet, dass man den Inhalt der Bläschen trocknen ließ, mit dem Mörser verrieb und das Pulver schnupfte - eine Lebendimpfung. Diese löste eine meist mildere Form der Erkrankung aus, an der man in deutlich weniger Fällen starb.
Weil das Procedere immer noch recht gefährlich war (aber die Menschen es in ihrer Verzweiflung dennoch auf sich nahmen), versuchten die Menschen harmlosere Wege der Immunisierung zu finden, und fanden einen Weg über eine Infektion mit den deutlich harmloseren Kuhpocken. Der englische Arzt Edward Jenner ritzte einem achtjährigen Jungen am 14. Mai 1796 den Inhalt einer Kuhpockenpustel in den Arm. Dieser wurde zwar leicht krank, aber überstand auch einen aus heutiger Sicht unethischen Infektionsversuch mit dem Bläscheninhalt einer „echten“ Pockenpustel, ohne zu erkranken. Das Wort Vakzine stammt daher übrigens vom Wort für Kuh, lateinisch Vacca, ab. Die Variolae vaccinae sind die Kuhpocken.
Was können wir froh sein, dass wir uns nicht mehr mit verriebenem Inhalt von fremder Menschen Pusteln vakzinieren müssen, sondern dass wir saubere, gut erforschte Impfstoffe bekommen. Die manchmal neuere Methoden wie die mRNA-Impfstoffe beinhalten, aber das bringt die Zeit eben so mit sich. Penicillin war auch irgendwann mal neu, „Retortenbabys“ waren noch vor Jahrzehnten verpönt und nun ein Segen für Kinderlose, Cochlea-Implantate, neue Medikamente gegen Multiple Sklerose und personalisierte Therapie bei verschiedenen Krebsarten - es gibt in der Medizin so viele Neuerungen und sie werden meist als das gesehen, das sie sind: ein Segen.
Impfskeptiker und -gegner gab es schon immer, wobei ich für Skeptiker Sympathie und Verständnis habe, denn häufig sind es einfach große Sorgen und Unsicherheiten, die bestehen, weil die Verwandtschaft dagegen ist, die Friseurin von der Gürtelrose nach der Impfung berichtet oder der hiesige Metzger eher zur fleischbasierten Ernährung rät, als sich "das giftige Zeug in den Arm hauen zu lassen". Schon bei der Pockenimpfung herrschte die Angst, man könne sich in eine Kuh verwandeln, sollte man sich impfen lassen.
Der Unterschied zwischen skeptischen und radikalen Impfgegnern ist der, dass Skeptiker sich die Argumente dafür und dagegen anhören und abwägen. Die Gegner wollen die Ratio nicht gewinnen lassen und akzeptieren die unwissenschaftlichsten Erklärungen.
Eine Impfpflicht ist ein Eingriff in die Freiheitsrechte, aber manchmal notwenig
Unsere Freiheiten wurden durch die Pandemie massiv eingeschränkt. Dass dies für Unmut sorgt und dass die Freiheiten den Bürger und Bürgerinnen nach Beendigung der Pandemie wieder zurückgegeben werden müssen, steht außer Frage. Dennoch kann das nur funktionieren, wenn die Sicherheit für die schwächeren Teile der Bevölkerung ermöglicht werden kann. Zu Beginn der Pandemie wurden Alte und Kranke geschützt. Sie bekamen die höchste Priorität zugesprochen, auch im Hinblick auf die vor sechs Monaten noch begehrte Impfung. Nun sind große Teile der vulnerablen Gruppen geschützt und die Freiheiten müssen zurückgegeben werden, so der Konsens. Aber: Kinder unter zwölf Jahren sind noch ungeschützt und sie werden sich infizieren.
Es scheint, dass Kinder selten einen schweren Verlauf erleben, aber letztlich ist Covid-19 eine Systemerkrankung und wir kennen die Langzeitfolgen noch nicht. Und wenn Tausende von Kindern gleichzeitig erkranken, können auch seltenere schwere Verläufe in der Summe häufig sein. Ich persönlich möchte es nicht darauf ankommen lassen. Die Kinder bekommen gerade die schwere Bürde aufgebrummt, nach der Krise ein Land mit vielen Schulden und mitten im Klimawandel zu übernehmen. Ich fände es nur fair, wenn wir wenigstens darauf achten, dass sie gesund bleiben. Und da es keine Impfung für unter Zwölfjährige gibt, kann das aktuell am besten durch die Impfung der Impfberechtigten geschehen.
Das Recht auf körperliche Unversehrtheit kann laut Infektionsschutzgesetz eingeschränkt werden, wenn eine übertragbare Krankheit mit schweren Verlaufsformen auftritt und mit ihrer epidemischen Verbreitung zu rechnen ist.
Im Wortlaut:
„(6) Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates anzuordnen, dass bedrohte Teile der Bevölkerung an Schutzimpfungen oder anderen Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe teilzunehmen haben, wenn eine übertragbare Krankheit mit klinisch schweren Verlaufsformen auftritt und mit ihrer epidemischen Verbreitung zu rechnen ist. Das Grundrecht der körperlichen Unversehrtheit (Artikel 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz) kann insoweit eingeschränkt werden. […]“
Wer sind denn nun in dieser Corona-Pandemie die bedrohten Teile der Bevölkerung? Das zu definieren ist sicher nicht so einfach, auch wenn man inzwischen recht gut weiß, wer von einem schweren Verlauf bedroht ist: Alte und immungeschwächte Menschen und Personal in Schulen und Gesundheitsberufen. Erstere aus ihrer Konstitution heraus, zweitgenannte aufgrund der vielen Kontakte.
Sollte man nun alle Alten und Kranken verpflichten, sich gegen Covid-19 impfen zu lassen? Ich wäre dafür. Denn sie sind ja genau die im Infektionsschutzgesetz angesprochene Personengruppe. Tatsächlich war bisher für eine hohe Impfquote in dieser Population keine Pflicht notwenig, weil diese Gruppe sich schützen lassen wollte und will.
Was die jüngeren Menschen angeht, wird es komplizierter. Sie waren durch den Wildtyp des Virus wenig bedroht, einen schweren Verlauf zu erleiden. Das hat sich durch die Delta-Variante geändert. Auch jüngere Menschen liegen inzwischen auf den Intensivstationen, das Durchschnittsalter liegt aktuell bei 48 Jahren, zu Beginn des Jahres war dieser noch bei 77 Jahren.
Und genau diese Altersgruppe ist beruflich aktiv, steht mitten im Leben und verteilt das Virus in der Bevölkerung. Aus gesellschaftlicher Sicht ist die Impfung also wichtig, um zum einen die Wirtschaft nicht wieder lahmlegen zu müssen (das wird insbesondere Herrn Laschet sehr freuen), und zum anderen die Ausbreitung zu reduzieren. Zu der Ansteckungsfähigkeit bei Geimpften schreibe ich weiter unten noch einen Absatz.
Natürlich kann sich jeder Erwachsene entscheiden, sich nicht mehr in Menschenmassen zu begeben oder sich der Krankheit auszusetzen, wenn ihm oder ihr das lieber ist. Aber ob sich diejenigen dann daran hielten, wage ich zu bezweifeln. Oft genug habe ich mit Menschen gesprochen, die bewusst alle Maßnahme ablehnen und sich erst recht in die Menge stürzen, weil dem Menschen als soziales Wesen gar nichts anderes übrig bliebe.
Bei allen, die in Gesundheits- und in sozialen Berufen arbeiten, sehe ich die dringende Notwendigkeit der Impfung. Wir sehen jeden Tag viele, viele Menschen. Kranke, Alte, Kinder. Mit COVID-19, ohne COVID-19. Manchmal wissen wir es nicht, ob jemand SARS-CoV2 mit sich trägt und symptomatisch erkrankt ist. Aber wir haben uns vor Jahren dazu entschlossen, in diesen Berufen zu arbeiten und diese bringen ein gewisses Infektionsrisiko mit sich.
Wir können das SARS-CoV2-Virus unbemerkt weitergeben und gefährden damit die uns anvertrauten Patienten. Wir können uns infizieren und schwer erkranken. Wir können uns infizieren und nicht schwer erkranken und dennoch eine ganze Klinikstation lahmlegen, weil Quarantäne nötig ist. Wir können uns infizieren und aus Furcht vor Problemen mit dem Arbeitgeber nichts verraten und die Krankheit verbreiten. Das heißt, wir können uns nicht einfach einigeln und die Pandemie da draußen vorüberziehen lassen oder die Augen vor der Krankheit verschließen und sagen: „Hach, wird schon nur irgendeine Erkältung sein.“
Das habe ich alles so schon gehört und erlebt. Erkranktes Pflegepersonal, das erstmal noch bis zum Urlaub weiter gearbeitet hat, weil es sonst bei Ausfall Ärger mit dem Arbeitgeber gegeben hätte. Oder Pflegekräfte, die nur eine Erkältung vermuteten, weil man sich eben verkühlt habe. Ärztliches Personal, das in den sozialen Medien verbreitet, dass man nur genügend Vitamin D nehmen müsse, und schon sei man gefeit.
Langzeitfolgen von COVID werden erst noch in Erscheinung treten. Man könnte sie verhindern
COVID-19 verursacht Gefäßschäden, und ob diese bei den Kindern im Erwachsenenleben Probleme verursachen, können wir noch nicht wissen. Bekannt ist, dass bei Kindern nach der Erkrankung ein Syndrom auftreten kann, das sich MIS-C (Multisystem inflammatory syndrom in children) bzw. PIMS (pediatric inflammatory multisystem syndrome) nennt. Dieses führt etwa vier Wochen nach der Infektion mit SARS-CoV2 zu Fieber, Ausschlag, Durchfall, Erbrechen und kann Herz-und Gefäßschäden zur Folge haben. Dieses Syndrom ist selten.
Dennoch bekämpfen wir doch auch seltene Komplikationen von anderen Krankheiten mit Impfungen. Zum Beispiel bei den Masern. Sie können die Jahre nach der Infektion die SSPE, die subakut sklerosierende Panenzephalitis, auslösen, die einen jahrelangen geistigen und körperlichen Verfall zur Folge hat und immer mit dem Tode endet.
Wir impfen gegen die Windpocken, die selten tödlich sind, aber manchmal eben auch zur Hirnhautentzündung führen können. Wir impfen gegen FSME, weil die Frühsommermeningoenzephalitis ebenfalls neurologische Spätfolgen haben kann.
Dann hätten wir beispielsweise noch das HPV, das humane Papillomavirus, das in jungen Jahren erst einmal keine Probleme verursacht, aber später im Leben Gebärmutterhalskrebs auslösen kann. Deswegen impft man inzwischen auch Jungen, damit sie zum einen nicht selbst an Genitalwarzen und Plattenepithelkarzinomen im Genitalbereich erkranken, und das Virus darüberhinaus nicht weitergeben.
Eine Impfpflicht gibt es nur gegen die Masern, wenn Kinder eine Gemeinschaftseinrichtung besuchen. Weil die Masern außerdem hochkontagiös, also ansteckend sind. Wie COVID-19 eben auch.
Was COVID-19 in uns anrichtet, werden wir erst in einigen Jahren wissen. In der Praxis beobachte ich aber jetzt schon einige Fälle von Long-COVID, und das macht den Betroffenen sehr zu schaffen. Auch Monate nach der Erkrankung finden sich ausgeprägte Fatigue, Konzentrationsstörungen, Wortfindungsstörungen, schlechte Belastbarkeit, Haarausfall. Die Patient:innen leiden wirklich, sind oft nicht mehr arbeitsfähig und brauchen viele Termine bei Haus- und Fachärzten. Es kommt also auch der wirtschaftliche Faktor zum Tragen.
Es wurde genug Aufklärung betrieben. Gegen manchen Verschwörungsgedanken kommt man nicht an
Es wurde so viel Aufklärung in den letzten 1,5 Jahren betrieben, dass ich der Meinung bin, es müssen große Teile der Bevölkerung erreicht worden seien. Nun ist es aber häufig so, dass in den sozialen Medien ganze Szenen gegen die Impfung entstanden sind, die mit falschen Argumenten gegen die Impfung hausieren gehen. Argumente, die mit ein wenig Recherche ausgehebelt werden können, aber man gegen diese innere Überzeugung der Gegner nicht anreden kann. Man kann nicht mit jedem der Menschen lange Einzelgespräche führen. Erfahrungsgemäß kommen die Skeptiker, die einfach nur unsicher sind und viele Fragen haben, auf mich zu, wollen sich informieren, diskutieren und ihre Bedenken zerstreuen. Dann sollte man sich die Zeit nehmen und versuchen, Ängste zu nehmen.
Ich erinnere mich an eine Person (ob männlich oder weiblich verrate ich hier nicht), die in die Impfsprechstunde kam und von mir forderte, dass ich die Spritze in den Ausguss verwerfe und im Impfpass die Impfung bescheinige. Ich muss nicht erwähnen, dass ich es nicht tat und ihm/ihr sehr nachdrücklich sagte, dass sie Betrug von mir fordere. „Ach, das Gift da können Sie knicken. Ich will aber zum Frisör/Shoppen/Urlaub/Freunde treffen.“
Gegen solche tiefsitzenden Überzeugungen kommt man nicht an. Und da wir eine höhere Impfquote brauchen, um die Freiheiten zurückzuerlangen (siehe Dänemark mit einer Impfquote von 80%), geht es womöglich nur über den verpflichtenden Weg.
Die Impfung schützt aber doch nicht generell vor Weitergabe des Virus?
Nun folgt ja häufig das Argument, dass man ja trotz Impfung die Krankheit weitergeben könne. Das scheint bei der Delta-Variante leider tatsächlich der Fall zu sein. Es gibt allerdings Untersuchungen, die eine reduzierte Dauer der Ansteckungsfähigkeit belegen. Vergleicht man geimpfte und ungeimpfte Gruppen, so sieht man, dass die Viruslast bei Geimpften rascher abnimmt, diese Personen also kürzer ansteckend sind. Außerdem springt ihre Abwehr schneller ein, da ja durch die Impfung schon Antikörper vorhanden sind.
Zudem gibt es Hypothesen, dass die Ansteckungsfähigkeit doch reduziert sein könnte, denn in Zellkulturen von Geimpften ließen sich die Viren deutlich schlechter vermehren. Mit diesen Fragestellungen werden sich viele Wissenschaftler noch beschäftigen, so dass man endgültige Ergebnisse abwarten muss. Aber je mehr Menschen geimpft sind, umso schlechter kann sich das Virus ausbreiten, selbst wenn noch eine gewisse „Restansteckung“ vorhanden ist. Dass wir vorerst weiterhin Masken tragen müssen, kann auch die Impfung nicht vermeiden.
Dass man dank der Impfung überhaupt keine Viren mehr überträgt, war nicht das Ziel der Impfung. Sondern, schwere Verläufe zu verhindern. Und das schafft sie auch bei der Deltavariante (altersabhängig) zuverlässig.
Fazit
Das Thema Impfpflicht ist ein schwieriges Thema und ich kann auch nicht jedes Argument dagegen aushebeln. Dennoch ist der Schutz der Bevölkerung wichtig und den bekommt man langfristig nur, wenn große Teile geimpft sind. Natürlich spreche ich mich dagegen aus, die Pflicht mit Gewalt durchzusetzen. Aber mit Konsequenzen, wie bei der 2G-Regel.
Der Impfstoff kann Nebenwirkungen haben, so wie alle Impfungen und Medikamente, doch die Folgen einer Erkrankung (Stichworte Long-Covid und Thrombosen/Embolien) sind höher. Nicht zuletzt ist die Impfung die einzige Möglichkeit, das normale Leben zurückzuerlangen.
Auch wirtschaftlich, liebe Politiker und Politikerinnen, ist die Impfung der Weg aus der Misere. Denn je weniger Krankenhauseinweisungen, je weniger Intensivbelegung, je weniger Lockdown und je weniger langfristig kranke Menschen, umso geringer ist der wirtschaftliche Schaden, der entstehen kann. Mir als Ärztin ist das Monetäre erst einmal egal. Aber erfahrungsgemäß erschließt sich für viele Politiker und Politikerinnen der Wert einer Sache erst dann, wenn es um das liebe Geld geht.
In diesem Sinne: #ImpfenSchützt
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Quellen und weblinks:
https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2021.08.20.21262158v1
https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2021.07.28.21261295v1.full
Bild: pixabay, qimono.