Ja, noch so eine. 40 und Single. Noch so eine, die denkt die Singlewelt wartet nur auf sie. Und ja, wie einfach war es noch vor 20 Jahren Single zu sein, oder vor 10 Jahren. Ein Abend feiern gehen, und man war an der Datefront bestens versorgt. Ich hatte 2 lange Beziehungen, einen habe ich auf der Arbeit kennengelernt, und den anderen bei mir vor der Haustüre. Und jetzt sitze ich hier und frage mich, wo diese ominöse Singlewelt eigentlich ist. Gibt es da draußen überhaupt noch andere Singles? Wenn ja, wann ist das denn alles so kompliziert geworden? So eine Pandemie ist auch einfach eine ganz tolle Zeit um Single zu sein.
Und jetzt sitze ich hier im Jahr 2021, alles läuft über das Handy. Wir leben in unserem Smartphone. Sei schlau, geh mit der Zeit, versuch Onlinedating, dachte ich mir. Tinder und Co sind flott installiert. Und schon swiped man durch die Männerlandschaft. Männer vor oder in ihren Autos. Männer beim Sport. Halbnackte Männer. Mr. Grey, Kinki, Tinky auf der Suche nach dem Grund zum Abmelden, zum Spaß haben, zum was auch immer. In dieser geballten Testosteronlandschaft wird mir immer nach genau 5 Minuten schlecht. Wie anstrengend ist das bitte? So viele Männer. Suchende. Nach ewigem links und rechts Gewische matched man dann also ein paar Männer, die optisch erstmal gefielen, und dann muss man überlegen, was man so schreibt. Antwortet man nicht schnell genug ist das Match schnell wieder aufgelöst. Antwortet man „falsch“ auch. Der Druck ist immens, auf beiden Seiten. So schreibt man hin und her, und entweder es verliert sich, oder man trifft sich. Meistens verliert es sich. Ab 40 ist eigentlich fast jeder 2. Mann verheiratet und oder in einer „offenen“ Beziehung. Aber irgendwann kommt es dann doch mal zu einem Date.
Die beliebteste Frage im Onlinedating ist immer: Wonach suchst du? Ich bin 40 Jahre alt und Single, wonach soll ich suchen? Nach jemandem der mich entjungfert schonmal nicht. Man hat doch schon alles gesehen, das meiste schonmal gemacht. Ich weiß was ich möchte und was nicht! Man ist doch mit 30 schon zu alt für den Scheiß. Jetzt mal im Ernst, kann man nicht einfach klar äußern was man möchte, muss es immer so ein Tänzchen sein? Da war man doch mit den Zettelchen in der Schule schon weiter. Willst du mit mir gehen? Kreuze an: ja, nein oder vielleicht. Warum nicht sowas: „hey einmal Sex wäre schön, ruf mich bitte nicht an und hör auf mir bei Insta zu folgen.“ Ok.
Kann ich mir überlegen ob ich das möchte oder nicht.
„Finde dich gut, lass mal Sex haben und ein paar Dates, dann schreib ich dir ein neues Zettelchen.“ Auch ok.
Alles andere ist jenseits der 40 irgendwie zu anstrengend.
Und überhaupt Dates, wie langweilig sind Dates im Jahr 2021? Man geht spazieren. Ich fand spazieren gehen schon scheiße, als ich das noch mit den Kindern gemacht habe. Ich möchte mit jemandem im Sommerregen knutschen. Lachen bis man nicht mehr atmen kann. Ich möchte Tanzen. Barfuß durch die Nacht laufen. Nackt schwimmen gehen. Wunderschöne Lieder ganz furchtbar schlecht zusammen singen. Das letzte was mich interessiert ist dein Beruf, dein letzter Urlaub, oder mit wem du schon zusammen warst. Ich will im Jetzt sein, und das immer wieder. Was interessiert mich das morgen, wenn der Moment so schön sein könnte.
Aber alles muss so langweilig, so kontrolliert, so immer gleich sein. Die Aussage „Ich will keine Beziehung!“ lässt Männer augenblicklich alles aus dem Gesicht verlieren. Es gibt noch mehr zwischen One Night Stand und Beziehung. Wir sind doch alle gebrannte Kinder, wozu immer wieder das gleiche versuchen, wenn man doch nicht glücklich wird. Es muss doch mehr geben.
Tinder habe ich gelöscht. Ich bin 40 und Single, dann bleibt das halt so. Ich habe einfach keine Lust meine Zeit zu verschwenden. Auch im Jahr 2021 kann doch plötzlich jemand vor dir stehen, den du gut findest. Da braucht es doch kein Internet. Oder zumindest kein Tinder. Klar ist es schön jemanden kennenzulernen, es ist aber auch schön sich selbst genug zu sein. Das Gefühl ist nämlich unbezahlbar.
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