Ich habe schon sehr viel in meinem Berufsleben erlebt. Zahnärzte, die PatientInnen einredeten, sie hätten "das falsche Material" im Mund und sollten sich nicht wundern, warum ihr Körper ihnen mit einer Krebserkrankung oder einer Kinderlosigkeit die Antwort liefere. Patientinnen (es waren stets Frauen um die 50), denen mittels betrügerischer Diagnostik Pathologien angedichtet wurden, die man jedoch mit Hilfe der "Cranio-Sacral-Therapie" aus dem Körper "herausmassieren" könne (45 min. erbrachten dabei einen höheren Umsatz, als es ein glühender Bohrer zu erbringen vermochte). Patientinnen, denen mit Hilfe der glorreichen "Bioresonanz" (ja, ja - das Gerät, das Leberkäse nicht von Menschen unterscheiden kann, aber sich brilliant eignet, Menschen hinter die Fichte zu führen) sorgenstirnbefaltet ein hormonelles Defizit angedichtet wurde (z. B. einer hochbetagten Nonne), welches man zwecks jedoch "homöopathisch" behandeln könne und nur noch eben die Dosierung mittels "Kinesiologie" ermitteln wolle. Tagtäglich sah ich Menschen in diese Praxis kommen und konnte beobachten, wie sie der "ganzheitlichen Zahnmedizin" auf die von Skrupeln befreite Leimspur gingen und nach allen Regeln der privatzahnärztlichen Gebührenordnung ausgenommen wurden. Man stand dabei schenkelklopfend in Kontakt mit "Kollegen", man traf sich zum netten Austausch mit Gleichgesinnten entweder in den Praxen oder auf einem der Schwurbel-Events auf der "Medizinischen Woche Baden-Baden". Die bekannte Medizin-Journalistin Tanja Wolf berichtet bereits 2019 ausgiebig von den wirren Anstrengungen und den Gefahren, die von der Zunft der sogenannten "ganzheitlichen Zahnmedizin ausgeht.
Dr. Karin Bender-Gonser heißt die Dame, die in der zahnmedizinischen Schwurbelgalaxie eine neue Dimension verkörpert. Dabei bedient sie sich in der Wahl der Zielgruppe an die Gebote eines "spirituellen Feminismus" und hält sich in ihrer Ansprache streng an das weibliche Geschlecht. Damit bestätigt sie auf banale Art und Weise die Beobachtungen von Katharina Nocun.
»Jeder Zahn enthält Informationen über das Innere des Menschen« schwurbelt die Protagonistin freidrehend auf dem Medien-Portal Gütsel. Wenn sie damit die in den organischen Bestandteilen eines jeden Zahnes analytisch nachweisbare DNA meint, hat sie recht. Wer weiterliest, wird entweder auf einen gefährlichen esoterischen Irrweg gelockt oder bitter enttäuscht: "Die Zähne eines Menschen sind immer ein Spiegel seiner körperlichen, mentalen und emotionalen Verfassung. Daher führt der Weg zu gesunden und schönen Zähnen immer über die ganzheitliche Betrachtung von Körper, Geist und Seele."
Acht Disziplinen ausprobiert?
In ihrem Lebenslauf gibt Frau Dr. Bender-Gonser ein 6-jähriges Studium der "Zahlheilkunde" zu Papier, verschweigt aber den Ort des Geschehens wie auch weitere nähere Details: Handelte es sich etwa um ein Studium der "Numerologie"? Auch ein ausgedehntes Studium der "Ohrakupunktur" lässt mehr außerordlich peinliche Fragen offen als das es für Vertrauen sorgen könnte. Orientierungslos werden sage und schreibe acht Disziplinen (Parodontologie, Hypnose, Kinder-ZHK, Ästhetische ZHK, Sport-ZHK, TCM, Implantologie und Cerec) angebohrt, in denen Frau Dr. Bender-Gonser im Laufe einer 12-jährigen Suche keine für sie persönlich geeignete Disziplin fand, bis sie schließlich Anno 2015 endlich dem für sie passendem Fach begegnete: Die "Psychodontie".
Seitdem verbreitet Frau Dr. ihre wirren Theorien vornehmlich im grünen, oder - als "Visionärin" gelabelte Protagonistin - in femininen Umfeld. Der "Yoga-Kurs für gesunde Zähne" und das passende Buch ergänzen das Portfolio.
"In meiner Schulmedizinischen Ausbildung habe ich gelernt, wie man Zähne repariert und Informationen zur Prophylaxe erhalten."
Wer so abwertend von der wunderbar vielseitigen und wertvollen Disziplin der Zahnheilkunde spricht, sollte es tatsächlich nicht weiter versuchen. Auf alle Fälle sollte es Frau Bender-Gonser, die die Disziplin Zahnheilkunde offenbar nach vielen Fehlanläufen als rein mechanistisches Reparaturwerk begreift, es unterlassen - und sei es nur aus purer Liebe für ihre vier Kinder - die für die Daseinsvorsorge unverzichtbare Zahnheilkunde zu bagatellisieren und mit Hilfe esoterischer Gülle zu entwerten.