Der Kasseler Biologieprofessor Ulrich Kutschera und der evangelische Pastor Olaf Latzel aus Bremen haben eigentlich nicht viel gemeinsam. Aber eines teilen sie: Beide äußerten sich öffentlich kritisch über Homosexualität und wurden wegen Beleidigung und Volksverhetzung vor Gericht angeklagt. Ein Meinungskommentar.
Kutschera sagte in einem Interview für ein katholisches Internetportal, Kindesmissbrauch sei in homosexuellen Partnerschaften wahrscheinlicher und homosexuelle Paare seien „sterile, asexuelle Erotik-Duos ohne Reproduktions-Potenzial“. Latzel sagte in einem privaten Eheseminar seiner Kirchengemeinde St. Martini, „überall laufen diese Verbrecher vom Christopfer Street Day rum“ und Homosexualität sei moralisch „eine Degenerationsform der Gesellschaft“.
Latzel entschuldigte sich später öffentlich für seine nach eigenen Aussagen aus dem Zusammenhang gerissenen Äußerungen – und wurde in erster Instanz vor dem Bremer Amtsgericht verurteilt. Der Biologe Kutschera entschuldigte sich nicht – und bekam im Berufungsverfahren in zweiter Instanz vor dem Kasseler Landgericht den Freispruch. Seine Aussagen sind laut Gericht von der Meinungsfreiheit gedeckt – die Aussagen Latzels aber nicht?
Sollte Latzels Berufung scheitern und er auch in zweiter Instanz verurteilt werden, zeigt dies: Einige Personengruppen dürfen ihre Meinungen weniger frei äußern als andere. Das liegt an ihrer Begründung: Wer seine Ethik wie Kutschera biologistisch mit der Evolutionstherorie begründet, empfängt weniger Widerspruch als ein konservativer evangelischer Pastor wie Latzel, der seine Ethik geistlich mit dem Herrschaftsanspruch des Schöpfergottes begründet. Der Biologe wurde freigesprochen, weil seine Argumentation weltanschaulich akzeptabler erscheint. Der Pastor hingegeben wurde aufgrund seiner für moderne Menschen anstößige Glaubensgrundlage verurteilt: „Es gibt Sünde gegen Gott – auch heute noch!“
Wenn eine Gesellschaft ihre Ethik mit Evolution begründet, wird sie eine gnadenlose Gesellschaft der Bestangepassten.
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