Aktuell hat die Verbreitung von Material über sexuellen Kindesmussbrauch im Internet in den letzten Jahren erheblich zugenommen. Mittlerweile sind bereits einige Strafverfahren in dieser Angelegenheit abgeschlossen, wobei die Täter zu hohen Haftstrafen verurteilt wurden. Es ist kaum nachzuvollziehen, wie Menschen sich an wehrlosen Kindern sexuell vergreifen können. Man kann davon ausgehen, dass solche Verbrechen, anders kann man ein solches Verhalten nicht bezeichnen, schon immer stattgefunden haben. Allerdings hat das Internet bei allen Vorteilen auch vielen Kriminellen die Möglichkeit eröffnet, die schnelle und weltweit vernetzte Kommunikation für ihre Taten zu nutzen.
Mié Kohiyama von Brave Movement erklärte auf Nachfrage: "In den letzten Jahren hat die Verbreitung von Material über sexuellen Kindesmissbrauch im Internet enorm zugenommen. In Europa gibt es weltweit die meisten Fälle von sexuellem Kindesmissbrauch, und die Kinder leiden unter den Missbrauchstätern, die von der Technologie profitieren, um ihre abscheulichen Verbrechen zu verbreiten“.
Viele Überlebende sexueller Gewalt in der Kindheit wurden Opfer von Verbrechen, die an ihnen begangen wurden, bevor es das Internet überhaupt gab. Mit der Entwicklung der Technologie in unserer zunehmend digitalisierten Welt wächst auch die Krise der sexuellen Gewalt im Internet. Wir müssen jetzt handeln, um sicherzustellen, dass unsere Kinder sowohl sicher sind als auch sich im Internet frei entfalten können. Gegenwärtig werden Forderungen von europäischen Kinderschutzorganisationen nach einem EU-Gesetz erhoben, um den Missbrauch von Kindern möglichst zu verhindern. So wird von einigen Organisationen gefordert, dass Entscheidungsträger in der EU gegen den sexuellen Missbrauch von Kindern in die Offensive gehen und die Verbreitung von Online-Content zu sexuellem Missbrauch von Kindern (CSAM: Child Sexual Abuse Material) unterbringen, indem die dem Gesetzesvorschlag der EU-Kommission zustimmen. Die Gesetzesinitiative der EU sieht vor, Onlineplattformen dazu zu verpflichten, eigene Risikobewertungen durchzuführen und eigene Maßnahmen zur Risikominderung bei sexuellem Kindesmussbrauch durchzuführen. Zugleich soll ein EU-Zentrum gebildet werden, das Plattformbetreiber bei der technologischen Umsetzung unterstützt.
Wie dringend das EU-Gesetz geboten ist, zeigt der Jahresbericht der Internet Watch Foundation: Demnach wurde letztes Jahr im Internet mehr Material der härtesten Kategorie über sexuellen Missbrauch von Kindern im Internet identifiziert als je zuvor. Im Zeitraum 2014 bis 2021 ist die Menge des online gefundenen Materials um das 20-Fache auf 20 Millionen gestiegen. In 30% des Online-Contents mit sexuellem Missbrauch kommen Kinder unter zehn Jahren vor.
Anderseits sind die Vorschläge der EU auch nicht unumstritten. Einerseits geht es um den Schutz von Kindern und Jugendlichen, der einen sehr hohen Stellenwert haben muss. Andererseits muss aber auch im Rahmen einer Güterabwägung die Frage gestellt werden, in welchem Umfang sind Eingriffe in die persönliche Sphäre von Bürgern zulässig und vertretbar. Bei möglichen Eingriffen in das Internet zum Schutz von Kindern und Jugendlichen sind erhebliche technische Eingriffe erforderlich. Da geht es zum Beispiel um die Verschlüsselung von privaten Mitteilungen, die einer möglichen Aufdeckung von Straftaten im Wege stehen könnten, aber auch andersseits um den Schutz von unbescholtenen Bürgern gegenüber einer möglichen Übergrifflichkeit in das persönliche Lebensumfeld durch den Staat. Sollen staatliche Behörden die Möglichkeit erhalten, in das persönliche Umfeld der Bürger einblicken zu können? Die IP-Adressen der Nutzer des Internets müssten langfristig gespeichert werden, so dass die Ermittlungsbehörden gegebenenfalls Rückverfolgungen vornehmen können. Wie misstrauisch auch Bürger gegenüber solchen scheinbar notwendigen Maßnahmen sind, konnte man während der Corona-Pandemie beobachten. Da sollten alle Namen und Adressen von Hotelbesuchern von den Hotels festgehalten werden, um bei auftretenden Infektionen eine schnelle Rückverfolgung der Infizierten zu ermöglichen. Obwohl diese Daten nur für medizinische Zwecke erhoben werden sollten, griff die Polizei auf solche Daten zu, um mögliche Straftaten aufzuklären. Genau diese Problematik besteht jetzt auch bei Eingriffen in das Internet durch die geforderten verschärften Bestimmungen durch die EU zum Schutz von Kindern. Die Regelungswut der EU ist bei vielen Bürgern auch keine gute Grundlage, um jetzt Vertrauen zu haben, wenn EU-Gesetze der Polizei zusätzliche Befugnisse einräumen, um auf Internetdaten von Personen zuzugreifen, weil es hier ausschließlich um den Schutz von Kindern und Jugendlichen gehen soll.
Die jetzt vorliegenden EU-Regelungen zur Verhinderung von sexuellen Verbrechen gegenüber Kindern und Jugendlichen zeigen, dass die Lösung wahrscheinlich nicht in erster Linie in der weiteren Aufhebung der persönlichen Freiheit der Bürger besteht. Vielmehr muss intensiv hinterfragt werden, wie es kommen konnte, dass die Zahlen der sexuellen Straftaten gegenüber Kindern und Jugendlichen so gestiegen sind? Was läuft in unserer Gesellschaft schief? Besteht eine Verbindung zwischen dem sexuellen Missbrauch von Kindern durch Erwachsene und der Aufweichung jeglicher sexuellen Normen und ethischen Vorstellungen? Wird unsere Gesellschaft durch eine falsch verstandene Geschlechtergerechtigkeit zu sehr in der Sprache und dem Denken sexualisiert?
Es ist gut, dass Organisationen, wie Purpose und andere gegen den sexuellen Kindesmissbrauch europaweit eintreten. Aber es wird nicht ausreichen, nur durch immer weitere Eingriffe in die Persönlichkeitsrechte der Bürger, Verbrechen zu verhindern. Es wird erforderlich sein, wieder die Ethik in den Mittelpunkt der Gesellschaft zu stellen. Sexuelle Beliebigkeit hat da ihre Grenzen, wo Kinder betroffen sind.
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