SARS-CoV-2 ist ein Zoonose-Virus. Das heißt, es hat sich in Tieren entwickelt und wurde auf den Menschen übertragen. Deshalb ist es auch noch nicht gut an uns angepasst. Das Virus konnte zum Huanan Markt in Wuhan zurückverfolgt werden, auf dem auch Wildtiere verkauft werden.

Zunächst wurden Schlangen als Überträger vermutet.[1] Inzwischen gibt es eine Reihe von Wissenschaftlern, die Fledermäuse als den wahrscheinlichsten Ursprung vermuten.[2][3] Diskutiert wird ein weiterer Zwischenwirt, in dem das Virus so mutiert ist, dass es ACE2-Rezeptoren andocken kann. Das heißt, dass deine Urform des Virus von der Fledermaus auf eine andere Tierart übertragen wurde, in der es weiter mutiert ist und von der es schlussendlich auf den Menschen übertragen wurde. Einer der möglichen Kandidaten ist das Schuppentier. Ausgeschlossen wurde, dass eine Mutation von SARS-CoV im Labor stattgefunden hat.[4] Mittlerweile wird berichtet, dass sowohl China als auch der CIA das in diesem Zusammenhang oft genannte Wuhan Institute of Virology (WIV) untersucht haben und sind nicht fündig geworden sind.[5]

Die meisten neu auftretenden Viren stammen von Tieren. Vögel und Nagetiere gehören zu den Überträgern. Und viele der besonders fiesen stammen von Fledermäusen. Darunter fallen Ebola, das Marburg-Virus und SARS. Die Ähnlichkeit mit anderen Coronaviren wie SARS lässt darauf schließen, dass sich SARS-CoV-2 im gleichen Wirt entwickelt hat.

Warum sind gerade Fledermaus-Viren so aggressiv und vermehrungsfreudig?

Die Fledermaus hat einen deutlich aktiveren Stoffwechsel als wir und ein extrem gut funktionierendes Immunsystem. In-vitro-Studien (das sind Zellkulturexperimente) mit Fledermaus- und Affenzellen zeigten, dass das Virus die Fledermauszellen befallen konnte, die Infektion sich aber verlangsamte und die Zellen sich wehren konnten, während die Affenzellen innerhalb weniger Tage abstarben.[6]

Die Fledermauszellen reagieren sofort nach Infektion mit einer hohen Ausschüttung von alpha-Interferon, ein Signalstoff, der die zelluläre Abwehr auslöst und zu einer Abschottung der Zellen führt. Gleichzeitig hemmt das Interferon Entzündungsreaktionen und reduziert oder verhindert gar Krankheitssymptome. Ohne diese hemmende Wirkung würde diese Strategie zu heftigen Entzündungsreaktionen im gesamten Körper führen.

Das ist ein weiterer Hinweis darauf, dass die Fledermaus ein guter Wirt für das Virus ist. Fledermäuse können das Virus in sich tragen, ohne krank zu werden. Die Immunabwehr der Fledermaus führt dazu, dass sich aggressivere Mutationen des Virus bilden, die sich schnell vermehren können. Das Virus schaltet also den Turbogang ein, ohne dass sein Wirt daran stirbt.

Und der Mensch?

Der Mensch ist nicht in der Lage, diese Mengen an alpha-Interferon zu bilden. Die Fledermaus-Strategie fällt also flach. Springt das Virus von der Fledermaus oder einem Zwischenwirt auf den Menschen, ist er mit einem vermehrungsfreudigen Virus konfrontiert, das er noch nicht kennt. Kein Mensch kennt es. Deshalb werden wir zunächst einmal krank, und unser Immunsystem muss lernen, wie es den neuen Eindringling außer Gefecht setzt.

Das Virus wird mit der Zeit voraussichtlich zu einer harmloseren Variante mutieren. Wenn der Wirt stirbt, stirbt auch das Virus. Eine abgeschwächte Variante hat also höhere Überlebenschancen.

Interferone zur Unterstützung

Es gibt Medikamente gegen entzündliche Krankheiten, zB gegen Rheumatoide Arthritis, die auf Interferonen basieren. Diese Medikamente werden aktuell neben vielen anderen zugelassenen Medikamenten (gegen Ebola, Influenza, HIV etc) allein und auch in Kombination mit antiviralen Arzneimitteln auf ihre Wirksamkeit bei einer Covid-19-Erkrankung getestet. Sie könnten die Krankheitssymptome reduzieren.

Quellen

[1] W Ji, W Wang, X Zhao, J Zai, X Li, Journal of Medical Virology 2020. Cross‐species transmission of the newly identified coronavirus 2019‐nCoV

[2] P Zhou, XL Yang, XG Wang, B Hu, L Zhang, W Zahng, HR Si, Y Zhu, CL Huang, HD Chen, J Chen, Y Luo, H Guo, RD Jiang, MQ Liu, Y Chen, XR Shen, X Wang, XS Zheng, K Zhao, QJ Chen, F Deng, LL Liu, B Yan, FX Zahn, YY Wang, GF Xiao, ZL Shi, Nature 2020. A pneumonia outbreak associated with a new coronavirus of probable bat origin

[3] F Wu, S Zhao, B Yu, YM Chen, W Wang, ZG Song, Y Hu, ZW Tao, JH Tian, YY Pei, ML Yuan, YL Zhang, FH Dai, Y Liu, QM Wang, JJ Zheng, L Xu, EC Holmes, YZ Zhang, Nature 2020. A new coronavirus associated with human respiratory disease in China

[4] KG Andersen, A Rambaut, WI Lipkin, EC Holmes, RF Garry, Nature Medicine 2020. The proximal origin of SARS-CoV-2

[5] Evidence that coronavirus originated at Chinese lab is ‘inconclusive,’ top general says

[6] CE Brook, M Boots, K Chandran, AP Dobson, C Drosten, AL Graham, BT Grenfell, MA Müller, M Ng, LF Wang, A Leeuwen, Ecology, Epidemiology and Global Health 2020. Accelerated viral dynamics in bat cell lines, with implications for zoonotic emergence

Dieser Beitrag ist zuerst auf Quora als Antwort auf die Frage "Kommt der Corona-Virus wirklich von Fledermäusen?" erschienen.