Aufgrund tiefsitzender Korruption und mafiöser Strukturen in der Pharmaindustrie solle die Entwicklung von Medikamenten und Impfstoffen ein öffentliches Unternehmen werden. Das sagt der ehemalige Leiter des internationalen Forschungsnetzwerks Cochrane, der Däne Peter. C. Gøtzsche, in einem Interview mit dem Multipolar-Magazin.

Das derzeitige System sei "zutiefst korrupt". Pharma-Unternehmen sollten ihre Mittel nicht dauerhaft patentieren können, sondern einmalig eine angemessene Belohnung erhalten. So solle es Herstellern ermöglicht werden, Medikamente günstig zu produzieren.

Allein in Dänemark stünden als Berater oder Beiräte von Pharma-Unternehmen "Tausende von Ärzten auf der Gehaltsliste der Industrie". Die Pharmaindustrie kaufe Einfluss. "Ich meine, das ist Korruption", sagt Gøtzsche. Für die Demokratien sei die finanzielle Macht der Firmen "ein riesiges Problem". Die Industrie verdiene mit ihrem laut Gøtzsche "kriminellen Verhalten" mehr Geld als sie an Bußgeldern abzahlen müsste.

Der Medizinforscher fordert daher, alle Patente auf Medikamente und Impfstoffe abzuschaffen. "Wir müssen die Medikamentenentwicklung sowie deren Vermarktung zu einem öffentlichen Unternehmen machen". Es sei völlig falsch, aus der Medikamenten-Entwicklung ein kapitalistisches Unternehmen zu machen.

Der dänische Medizinforscher und ehemaliger Leiter des medizinischen Forschungsnetzwerks Cochrane Nord. (Bild: By De Balie - Peter Gøtzsche - How to survive in an Overmedicated World? - Hoe overleef ik? (frame grab, 20:52), CC BY 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=107958897)

Arzneimittel-Agenturen eng mit Pharmaindustrie verbunden

Die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) und die US-amerikanische Food and Drug Association (FDA) seien personell stark mit der Pharmabranche verstrickt, man könne ihnen "aus vielen Gründen nicht trauen". So sei ein von der FDA zugelassenes Alzheimer-Medikament überhaupt nicht wirksam und koste dennoch etwa 50.000 US-Dollar jährlich pro Patient. Randomisierten Studien der Pharmaindustrie "kann man nie vertrauen".

Gøtzsche antwortet auf die Frage, welche Rolle einflussreiche Medien bei der Schlechtmachung unabhängiger Wissenschaftler wie den US-Gesundheitswissenschaftler John Ioannidis und ihn selbst spielten: "Folgen Sie immer dem Geld." Hochangesehene Personen "mit Schlamm zu bewerfen" sei interessanter und bringe Auflage.

Weiterhin hätten Verlagshäuser auch enge finanzielle Beziehungen zur Pharmaindustrie. So schalteten Pharma-Firmen Anzeigen und unterstützten Symposien. Wenn kritische Artikel über die Pharmaindustrie veröffentlicht werden, könnte die Industrie als Reaktion Anzeigen zurückziehen.

Gøtzsche: Kinder sollten nicht gegen COVID-19 geimpft werden

Bei Kindern scheine eine Corona-Infektion "sogar milder zu sein als eine Grippe". Da das COVID-Risiko für Kinder sehr gering sei, ist laut Gøtzsche ein Impfung-Risiko für Kinder unverhältnismäßig hoch.

Als wichtigste Maßnahme gegen die COVID-19-Pandemie nennt Gøtzsche Abstandhalten, da die Infektion über die Luft erfolge (Tröpfchen-Infektion). Mund- und Nasenbedeckung böten laut Gøtzsche keinen nachweislichen Infektionsschutz.

Der Medizinforscher sagt, er habe bisher noch keine Daten gesehen, dass die Sterblichkeit bei COVID-19 Geimpften viel früher abnimmt als bei nicht geimpften. Er kritisiert wachsende Zensurmaßnahmen während der COVID-19-Pandemie: "Wir haben überall das hässliche Gesicht der Zensur gesehen." Die Veröffentlichung in der Fachzeitung "The Lancet" von 2020 gegen den Labor-Ursprung des Virus und für eine Tier-zu-Mensch-Übertragung, an der auch Christian Drosten mitgewirkt hat, sei von "ernsthafte Interessenkonflikten" der Autoren geprägt gewesen.

Wie Gøtzsche sagt, könnten regelmäßige Auffrischungsimpfungen nötig sein. Er drückt aber aus, dass sich die Menschen nicht gegen Grippe impfen lassen sollten. Darüber habe er ausführlich in seinem  Buch "Impfen - Für und Wider" gesprochen.


Die Cochrane Collaboration ist ein internationales Forschungsnetzwerk, das durch Reviews Grundlagen für die evidenzbasierte Gesundheitsversorgung schaffen möchte.  Cochrane erstellt nach eigenen Angaben "frei von kommerziellen Interessenkonflikten" Übersichtsarbeiten und Metaanalysen zu medizinischen Fragestellungen.

Der Däne Peter Gøtzsche (geboren 1949) war 1993 Mitbegründer von Cochrane und bis 2018 Direktor des Nordic Cochrane Center. Er wurde 2018 aufgrund divergierender Ansichten aus der Organisation ausgeschlossen. Vier Führungsmitglieder verließen daraufhin unter Protest den Vorstand. Gøtzsche kritisiert ein wachsendes kommerzielles Geschäftsmodell, welches den eigentlichen Zielen der Organisation widerspreche.

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