Aktuell kann die Entwicklung in Palästina jeden Menschen, der sich  noch ein wenig mit einer Ethik verbindet, mit Schrecken aber auch mit  Wut und Zorn erfüllen.

Die gegenwärtige Zielsetzung des Regierungschefs Netanjahu ist in  keiner Weise zu erkennen. Es besteht der Eindruck, als wenn es diesem  Politiker nur noch um eine absolute Zerstörung eines Volkes geht, das  für alle Verbrechen, die die Hamas zu verantworten hat, zu büßen hat.  Dabei stellt sich die Frage, wie man jemals zu einer für beide Seiten  akzeptierten Lösung kommen sollte, wenn nur noch die Zerstörung von  Menschen und Land das Mittel der Politik sein soll. Dabei besteht gerade  bei Israel die besondere Tragik, dass dieses Volk gelitten hat, weil es  selbst unterdrückt wurde und insbesondere von den Nazis als Volk  vernichtet werden sollte. Allerdings muss auch darauf hingewiesen  werden, dass dieses Volk einem ständigen Kampf ausgesetzt gewesen ist  und die Frage der Existenz dieses Volkes nicht erst durch die  Nationalsozialisten in Frage gestellt worden ist. Die Kämpfe dieses  Volkes reichen zurück auf die Anfänge in der Zeit vor ca. 1200 v. Chr.  und setzen sich fort in der Niederlage im Bar-Kochba-Aufstand 135 n.  Chr., die zum Verlust des Landes Israel und der Hauptstadt Jerusalem  führten. Bei dem Bar-Kochba-Aufstand handeltes es sich um ein  Aufbegehren gegen die römische Herrschaft.

Nun sollte man meinen, dass ein Volk mit einer solchen Geschichte,  gegenüber anderen Völkern mehr mit Empathie entgegentreten sollte. Auch  die Verbrechen der Hamas haben eine Geschichte und sind nicht wie die  Sphinx aus der Asche spontan entstanden. Bereits mit der Gründung des  Staates Israels hat eigentlich auch die Vertreibung des  Palästinensischen Volkes begonnen, weil diesem ein Teil ihres Landes  durch eine politische Entscheidung weggenommen wurde. Das heutige Israel  ging aus dem ehemaligen britischen Mandatsgebiet Palästina durch  Beschlüsse der UN hervor. Bereits am gleichen Tag der  Unabhängigkeitserklärung Israels durch den damaligen Staatspräsidenten  Ben Gurion am 14. Mai 1948 begannen die umliegenden arabischen Staaten  einen Krieg gegen Israel. Mehr als 700.000 Palästinenser – das entsprach  etwas der Hälfte der arabischen Bevölkerung des Mandatsgebiets  Palästinas – wurden aus ihren Häusern vertrieben. Zunächst von jüdischen  Paramilitärs (Hagana) und den Terrororganisationen Irgun und Lechi und  nach der Gründung Israels durch dessen Militär. (Quelle: Übersicht mit  KI, Google, Internet).

Obwohl man seinerzeit von einer Zweistaatlichkeit – Palästina und  Israel als gleichberechtigte souveräne Staaten – ausgegangen ist, hat  Israel diese Zweistaatlichkeit systematisch hintertrieben. Sichtbares  Zeichen dieses Verhaltens war und ist die völkerrechtswidrige Besiedlung  palästinensischer Gebiete durch israelische Siedler. Natürlich hat dies  keinesfalls zu einem friedlichen Miteinander geführt und innerhalb der  palästinensischen Bevölkerung auch zur Wut und zu entsprechenden  Aggressionen gegenüber Israel geführt. Die Regierung Netanjahu, die  selbst zurecht beklagt, dass die Hamas Israels Existenz nicht anerkennt,  hat ihrerseits auch nichts anderes unternommen, um das Existenzrecht  der Palästinenser nicht nur infrage zu stellen, sondern regelrecht  darauf hinzuwirken, dass es gar nicht mehr zu dieser Zweistaatlichkeit  kommen kann.

Insofern ist die gesamte Entwicklung Israels auch aus dieser historischen Gesamtentwicklung zu sehen.

Die Reaktion der Regierung Netanjahu auf den Überraschungsangriff der  Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 muss deshalb auch im historischen  Gesamtkontext gesehen werden. Die Reaktion der israelischen Regierung  auf diesen Anschlag war anfangs durchaus völkerrechtlich akzeptabel, sie  hat sich aber jetzt zu einer Zerstörungswut gegen ein anderes Volk  entwickelt, dass mit dem Völkerrecht nicht mehr zu begründen ist. Die  Art und Weise des militärischen Vorgehens der israelischen Armee scheint  einem gezielten Auslöschen des palästinensischen Volkes gleichzukommen  und ist somit nichts anderes als ein Kriegsverbrechen. Der Höhepunkt  dieses Vorgehens ist jetzt die vorgesehene Auslöschung des Gazastreifens  und der damit verbundenen Vertreibung der Bewohner.

Das systematische Aushungern eines Volkes, die brutale Vertreibung  von hilflosen Menschen von einem Teil ihres Landes in einen anderen Teil  ihres Landes übersteigt jegliches ethisches Denken und unterscheidet  sich nicht mehr von Ereignissen, die auch das jüdische Volk erleiden  musste und die in ihrer Brutalität und Unmenschlichkeit im kollektiven  Bewusstsein auch des deutschen Volkes verankert sind.

Die Regierung Netanjahu muss man fragen, ob sie glaubt, mit dem  gegenwärtigen Vorgehen jemals zu einer Befriedung kommen zu können. Die  Verbrechen, die gegenwärtig durch Israel gegenüber den Palästinensern  erfolgen, werden wiederum zu Hass und neuen Aufständen und Kriegen  führen. Wie soll man glauben, dass überhaupt noch Verhandlungen mit der  Hamas und mit welcher terroristischen Vereinigung auch sonst möglich  sind, wenn Netanjahu die Devise ausgegeben hat, alles mit Stumpf und  Stiel auszurotten?

Wo bleibt der Aufschrei der Kirchen, die sich auf das Volk der Juden  gründen und immer von geschwisterlichem Zusammenleben sprechen? Wo  bleibt die Ethik der deutschen Regierung, die längst massiv hätte, dafür  eintreten müssen, dass Kriegsverbrechen sowohl von den Palästinensern  als auch von den Juden zu unterlassen sind. Warum, werden noch immer  Waffen an Israel geliefert, wenn diese Regierung sich an keine Regeln  des Völkerrechts hält? Die spitzfindige Erklärung, man liefere keine  Waffen an Israel, die gegen Palästina eingesetzt werden könnten, ist  sophistisch und vernebelt, dass man gar nicht daran denkt, Konsequenzen  aus dem Verhalten der israelischen Regierung zu ziehen.

Hoffen und beten wir, dass der heilige Geist noch nicht ganz seine  Wirkung aufgegeben hat und die Parteien im Nahen Osten endlich zur  Besinnung kommen und Wege zu einem Frieden suchen.

Die Hoffnung sollte nicht aufgegeben werden, wenngleich sie nicht sehr groß ist.

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