In einem Team mit hoher psychologischer Sicherheit fühlen sich Teamkollegen sicher, Risiken mit ihren Teammitgliedern einzugehen. Sie sind zuversichtlich, dass niemand im Team andere dafür in Verlegenheit bringen oder bestrafen wird, dass sie einen Fehler eingestanden, eine Frage gestellt oder eine neue Idee vorgelegt haben. Mit anderen Worten, großartige Teams leben von Vertrauen – und großartige Leader helfen dabei, dieses Vertrauen aufzubauen.

Das Gegenteil von vertrauensorientierter Führung ist das weit etablierte Micromanagement mit Command & Control. Das können Sie ablegen, es ist unwirksam, nahezu toxisch und völlig aus der Zeit gefallen. Wie gelangen Sie zur vertrauensorientierten Führung? Beginnen Sie mit der Delegation von wichtigen Themen, die Sie vorher immer selbst erledigen wollten, weil das sonst niemand kann. War ja Chefsache, klar! Nehmen Sie sich Zeit für Ihre Leute. Mitarbeiterorientierung ist unerlässlich, ebenso zuhören können. Hören Sie auf, den Leuten zu sagen, wie sie was zu erledigen haben. Setzen Sie eine Deadline und warten Sie auf das Ergebnis. Und es ist ok, anderes Layout, Schriften, einen anderen roten Faden usw. zuzulassen. Sie sind nicht das Maß der Dinge! Stehen Sie als Coach an der Seite mit Rat und Tat!

Moderne Führung wird gerne als Leadership bezeichnet, um den Kontrast zum tradierten Management deutlich zu machen. Ich verwende in meinen Blog-Beiträgen die Begrifflichkeit ebenfalls synonym von moderner Führung, transformationalem Leadership bis hin zum Management. Die Lesart ist, dass Management eher verwaltend ist und Leadership gestaltend. Das passt auch nicht so richtig, weshalb eine bessere Erläuterung sicherlich die unten stehende Grafik meines Leadership-Modells sein könnte. Sie finden in Unternehmen alle Formen von Führung. Führung wird nicht dekretiert, sondern meist individuell mit vielen Freiräumen gelebt. Daher kommt auch der Mehrklang:

Menschen kommen wegen des Brandings, sie bleiben wegen der Arbeitsinhalte und sie verlassen ihre Führungskräfte– Marcus K. Reif

Wir finden in Deutschland noch mehrheitlich das Führungsprinzip Command & Control oder auch mäßig übersetzt Kommando und Kontrolle. Dieses Prinzip hat sich jahrzehntelang in klassisch hierarchisch aufgestellten Organisationen durchgesetzt und ist nur schwer aus den Klamotten zu bekommen. Weshalb? Weil Führungskräfte ihre Mitarbeiter sozialisieren, somit lernen auch nachfolgende Generationen viel von ihren Vorgesetzten und übernehmen deren Verhalten in Teilen.

Management vs. Leadership

Nachfolgende Generationen setzen verstärkt auf die Befähigung vieler anstelle auf den Einzelkämpfer an der Spitze. Hier geht es um die verteilte Verantwortung, weil der Teamgedanke deutlich ausgeprägter erwünscht ist. Die rein tradierte Führungskräfte-Karriere, die viel mit Leiden, aber wenig mit Leidenschaft zu tun hat, wird als nicht erstrebenswert angesehen. Gerade die jüngeren Kollegen wollen verstärkt Partizipation anstelle des tradierten Managements. Man verlässt sich lieber auf die Meinung vieler anstelle nur auf eine Einzelmeinung “top down”.

Management wird verbunden mit den Aspekten Bonus, Anwesenheitskontrolle, Präsenzorientierung, Mitarbeiterbeurteilung mit Jahresgespräch, Zielvereinbarung, Chefparkplatz, Reisekostenrichtlinie, Vorschlagswesen, Überstundenregelung, Lenkungskreise und Investitionsplanung. Führung oder das griffigere Wort Leadership hingegen verbindet man viel mehr mit Feedback, Vertrauen, Kundenzentrierung, Offenheit und Eigenverantwortung, Interdisziplinarität, Fehlerkultur und Fehlerlernkultur, Selbstorganisation und laterale Führung, Coaching, Vertrauensarbeitszeit und Commitment.

Typische Manager führen über Kontrolle, Weisung, Mikromanagement und Top-down-Attitüde. Man muss entscheiden. “Basta, so wird’s gemacht”, hat man noch aus Zeiten von Gerhard Schröder im Ohr. Diese Form der Führung, die Sie auch bei Heinrich von Pierer, Josef Ackermann, Thomas Middelhoff, Martin Winterkorn und anderen Managern dieses Schlags beobachten können, scheint völlig aus der Zeit gefallen zu sein. Deren Hang zum Einzelkämpfer mit einem Grad an Selbstüberschätzung zeigt eine zu positive Fehleinschätzung der eigenen Performance und Möglichkeiten. Ich zitiere gerne das Bonmot von Christine Lagarde:

‘If it was Lehman Sisters, it would be a different world’ – Christine Lagarde

Führung ist also eine tief immanente Kulturfrage. Die neue Form von Führung, deren Distinktion mit dem Wort Leadership gekennzeichnet wird, betrachtet die Themen, Fragestellungen und die Risikoeinschätzung völlig anders. Leader sitzen bei ihren Leuten, führen durch Coaching, geben Richtung vor, decken den Rücken bei Fehlern, lassen Freiraum für Entscheidungen, geben keinen Druck weiter und führen nicht auf der Detailebene.

Ein dazu super passendes Bonmot von Simon Sinek, US-amerikanischer Autor und Unternehmensberater, ist:

When we tell people to do their jobs, we get workers. When we trust people to get the job done, we get leaders.– Simon Sinek (https://simonsinek.com)

Wie werde ich Leader?

Führungskraft oder besser Leader zu werden gleicht einer Wandlung – oder neudeutsch Transition. Manche gehen schnell hindurch, manche langsamer, viele auch gar nicht. Bei unserem Einstieg in einen bestimmten Job ist das zentrale Ziel, schnell und zügig diesen ordentlich zu machen. Gut zu sein, in dem was wir tun. Damit erfüllen wir die Erwartungen an unserer Einstellung. Unser Arbeitgeber gibt uns viel Raum, das Wissen aufzubauen, welches nötig ist, den Job gut zu erledigen. Dabei gibt es viele Trainings, Schulungen und Fortbildungen. Ob es um eine spezifische Software geht, Abläufe die wir lernen, ungeschriebene Gesetze und vieles mehr. Früher wurden Aufgaben von oben nach unten dekretiert. Dieser autoritäre Führungsstil versagt heute, weil er die Bedürfnisse der Untergebenen außer Acht lässt. Die Basics für die Führungskraft haben sich massiv gewandelt.

Führungskräfte brauchen Empathie. Während in den tradierten Führungskarrieren der Vergangenheit die Fähigkeit zum Managen komplexer Themenstellungen und die Detailorientierung hervorstechend waren, gilt heute die wesentliche Kompetenz der Empathie als essenziell. Die Fähigkeit, erfolgreich zu kommunizieren, zuzuhören, mit Mitarbeitern zu interagieren, Wünsche und Erwartungen der Mitarbeiter zu verstehen und ein professionelles Miteinander aufzubauen, stechen hierbei hervor.

Command & Control – der Kontrollzwang, Weisung und Autorität sowie pyramidale Kontrollsysteme killt Ihre #Unternehmenskultur– Marcus K. Reif

Schauen wir uns die Entwicklung vom Manager zum Leader in konkreten Synopsen an:

ManagerLeaderführt transaktional und verwaltendführt transformational und gestaltendführt über Präsenzorientierungführt über Vertrauen und virtuellschätzt Kontrolle, Weisung und Ansageschätzt Delegation, Entscheidungsfreiräume und Wertschätzungführt über die Detailebeneführt über die Richtung reduziert Risiken und agiert mit Anweisungenermutigt, auch Fehler zu machen, gibt Gestaltungsfreiräume führt über Zielvereinbarungen und engmaschige Meilensteineführt über geteilte und teilbare Visionen, ist als Coach an der Seite agiert auf der Sachebeneberücksichtigt die Beziehungsebeneführt über Wissen und dessen Teilungagiert als Coach und Enablerhält Regeln ein, damit keine Fehler passierenbricht Regeln, um ein besseres Ziel zu erreichen achtet darauf, dass der Prozess richtig gemacht wird (Risk-Management)achtet darauf, dass wir den richtigen Prozess machen (Enablement)


Let us all choose to be the leaders we wish we had! – Simon Sinek (https://simonsinek.com)

Führung wandelt sich von transaktional zu transformational

Führung wandelt sich also von transaktionalem Fokus zu transformationalem Leadership. Und das ist nur ein Aspekt, wenn wir beispielsweise mein Modell des Wandels von HR zu modernem People-Management betrachten, erkennen wir, welchen Wandel wir von der traditionellen Sicht auf Arbeit und Beschäftigung hin zu New Work sehen. Der Wandel geht vom transaktional-geprägten Führungsmodell mit dem Führungsstil Command & Control zu einem auf Vertrauen basierenden Modell der Selbstverantwortung und Selbststeuerung.

Die schon 1985 wissenschaftlich aufgestellte Differenzierung zwischen der transaktionalen und der transformationalen Führung ist nicht neu. Doch weite Teile der hiesigen Führung folgt noch Command & Control, der besessenen Präsenzkultur und einer ausgeprägten Input-Orientierung (Anwesenheit vs. Resultat). Dabei spielen auch OKRs eine viel größere Rolle, doch Management by Objectives ist immer noch weit verbreitet. Wir müssen die Führung endlich modernisieren! Die transaktionale Führung ist zweckrational als Austauschbeziehung zwischen Mitarbeiter und Führungskraft im Sinne von Leistung für Geld oder Zeit für Geld.

Transaktionale Führungskräfte werden oft mit diesen Attributen verbunden:

  • Micromanagement
  • Performance-orientiert
  • Fehler-orientiert
  • passive Führung, die aktiv wird, sobald ein Fehler oder eine Prozessunzulänglichkeit entsteht
  • autoritärer und laisser-fairer Führungsstil

Die Wirkung der transformationalen Führung ist hingegen auf einer kognitiven Ebene und folgt deutlich mehr Werten, Symbolen, Inspiration und Emotion. Im nebenstehenden Beispiel sieht man einige Aspekte den beiden Führungsmaximen zugeordnet. Transformationale Leader werden oft mit diesen Attributen verbunden:

  • Freiraum gebend
  • charismatische Führung
  • Inspiration
  • intellektuelle Stimulation
  • individuelle Wahrnehmung und Führung

Leadership differenziert

Mein Leadership-Modell unterhalb zeigt die Entwicklung anschaulich. Wir gehen von der transaktionalen zur transformationalen Führung. Wir wandeln die Organisationen von Hierarchie zu Heterarchie. Arbeit ist nicht mehr der Ort, zu dem ich gehe, sondern das, was ich tue. Führung wandelt sich vom tradierten und autoritären Management zum kooperativen Leadership. Vertrauen ersetzt die tradierten pyramidalen Kontrollkonzepte. Steuerung ersetzt Kontrolle und Mikromanagement. Damit dies funktioniert, müssen wir auch modernes Leadership anpassen. Mitarbeiter werden befähigt, mit dem Vertrauen und der Selbststeuerung eigenverantwortlich Entscheidungen zu treffen. Dabei wird die Fehlerkultur eine maßgebliche Steuerung sein. Die zeitraubende Fehlersuche weicht einem Blick nach vorne. Arbeitsanweisungen gehören der Vergangenheit an.

Transformationale Führung

Sie haben jetzt schon einiges gelesen, was genau transformationale Führung ist. Sie ist geprägt von Vertrauen, Entscheidungsspielraum für Ihre Mitarbeiter, Risiko-Bereitschaft bei kritischen Themen, Mut, diese selbst zu entscheiden, Entscheidungsspielraum und Selbststeuerung, Führungskräfte sind nicht mehr Entscheider, sondern Coach, Ermöglicher und Vorbilder für die Mitarbeiter. Sie stärken Ihren Leuten den Rücken, selbst zu entscheiden. Sie sind nicht mehr nur auf der fachlichen Ebene, sondern konzentrieren sich auf die Entwicklung Ihrer Leute, auf die strategischen Themen, auf Konzeption und Kreation, auf Innovation und Zielerreichung. Sie fördern Teamgeist, die persönliche und fachliche Entwicklung Ihres Teams. Damit wachsen auch Sie!

Führung ist die zielgerichtete Einflussnahme auf andere durch Kommunikation

Kommunikationsfähigkeit steht über allem. Gehen Sie auf Augenhöhe mit Ihren Mitarbeitern um. Seien Sie sich gewiss, dass der Wandel der Dauerzustand ist, kein Projekt mit Start- und Enddatum. Wir brauchen Leader, die als Coach agieren, die motivieren und befähigen, die Visionen haben, weshalb Menschen den Weg mit Ihnen gehen sollen. Empathie und Führung durch Achtsamkeit und Gesundheitsorientierung sind en vogue. Der Mensch kommt vor der Technologie, denn Menschen machen Unternehmen erfolgreich. Soziale Kompetenz und Adaptionsfähigkeit runden Ihr Profil ab. Sie brauchen ernsthaftes Interesse an Ihren Mitarbeitern. Behandeln Sie sie auf Augenhöhe, ergo muten Sie ihnen die Realität zu. Informationen sind kein Herrschaftswissen. Kommunizieren Sie umgehend und klar, etablieren Sie eine Feedback- und Fehlerlernkultur. Offenheit siegt. Lösen Sie sich von überholten pyramidalen Kontrollsystemen. Sorgen Sie für eine starke Vernetzung in Ihrer Organisation, aber vermeiden Sie eine zu starre Form und insbesondere den toxischen Kontroll-Zwang. Ermöglichen Sie ein modernes Verhalten Ihrer Kollegen, denn der Wandel verstetigt sich.

Wenn Sie auf Augenhöhe führen, steht stets der Sinn im Mittelpunkt Ihrer Tätigkeit. Menschen wollen verstehen, weshalb man an einem Thema arbeiten. Weshalb tun wir das, wozu ist das gut, wird es Fairness und guten Willen fördern? Erklären Sie das Why in Ihrem Tun! Vertrauen ist der Kitt in Ihrem beruflichen Netzwerk. Nur über Vertrauen gelingen Ihre Aufgaben im Team. Alleine eine hierarchiebasierte Entscheidung wird keinerlei Motivation erzeugen. Sie müssen begeistern, machen Sie Beteiligte aus Ihren Kollegen. Fördern Sie Transparenz und Offenheit!

Und natürlich Achtsamkeit. Wir sind permanent dem Wandel ausgesetzt, die Change-Müdigkeit ist eine Gefahr! Das löst Stress aus. Stress ist punktuell nicht grundsätzlich schlecht, aber eben dauerhaft. Also treffen Sie bewusst Vereinbarungen, wie Ihre Mitarbeiter selbstbestimmt ihre Erholungspausen nehmen – und damit meine ich explizit nicht eine Stunde am Mittag, sondern tage- oder wochenweise abschalten. Smartphone und Notebook bleiben aus! Ihre Mitarbeiter werden Ihnen das danken!

Für Google sind die folgenden 10 Verhaltensweisen bei den Top-Leadern zu beobachten. Schneiden Sie sich eine Scheibe ab:

  • agieren Sie als Coach und stehen Ihrem Team als Sparringspartner und Ratgeber zur Seite
  • empowern Sie Ihr Team die Aufgaben selbst zu erreichen. Geben Sie keine kleinteiligen Meilensteine vor
  • kreieren Sie ein integratives Teamumfeld, in dem Erfolg und Wohlbefinden im Vordergrund stehen
  • fördern Sie Produktivität und bleiben Sie ergebnisorientiert
  • seien Sie ein guter Kommunikator – hören Sie zu und teilen Sie alle Informationen
  • fördern Sie die Karriereentwicklung und diskutieren Sie Performance, dadurch ermutigen Sie Ihre Mitarbeiter – mit aufrichtigem und spezifischem Lob, aber auch durch kritisches Feedback
  • haben Sie eine klare Vision und eine klare Strategie für Ihr Team
  • eignen Sie sich wichtige technische Fähigkeiten an, um damit Ihr Team zu beraten. Denn gute Leader verstehen die Aufgaben ihrer Mitarbeiter, einschließlich ihrer alltäglichen Aufgaben und Herausforderungen
  • arbeiten Sie effektiv zusammen. Schlechte Manager sehen ihr Team als ein Silo, das gegen andere Teams innerhalb desselben Unternehmens arbeitet oder diese sogar sabotiert
  • treffen Sie Entscheidungen! Nachdem sie die Fakten kennen gelernt und die Gedanken und Perspektiven ihrer Teams berücksichtigt haben, bewegen sie die Dinge vorwärts

Quelle: Google Says the Best Bosses in the World Do These 10 Things

Und ich denke, ein gesundes Maß an Empathie, Fokus auf Achtsamkeit und Vertrauen zu Ihren Kollegen runden das alles ganz gut ab.

Ich wünsche Ihnen, dass Sie die Führungskraft werden, die Sie selbst immer haben wollten!

Fazit (tl;dnr)

Führung hat sich verändert vom tradierten Management zu einem transformational geprägten Leadership, welches Mitarbeiter befähigt, eigenverantwortlich und selbstbestimmt zu handeln. Micromanagement stirbt endlich aus, fällt aus der Zeit. Geprägt sind Leader mit der Fähigkeit, andere zu motivieren, als Coach und Sparringspartner zur Seite zu stehen. Es geht mehr um Kooperation als um Konkurrenzdenke. Vertrauen steht über allem, denn nur durch Vertrauen werden Sie mit Ihren Mitarbeitern Ihre Ziele erreichen. Das tradierte Command & Control muss hinter Ihnen bleiben! Und die Digitalisierung bringt neue Werte, neue Kompetenzen und neue Jobs hervor. Wir müssen das managen!

Beste Grüße

Ihr Marcus K. Reif

zuerst erschienen auf dem Blog www.reif.org