Heute möchte ich mal ein paar Worte zum Thema "Armut" loswerden.
Bereits seit Wochen denke ich über das Thema nach, nachdem mir hier vielfältige Vorwürfe im Hinblick auf meine Äußerungen zur Verfahrenskostenhilfe entgegengebracht wurden.
Vorwürfe, die zum Inhalt haben, dass ich gegenüber armen Menschen herzlos sei. Zu formaljuristisch und zu unmenschlich.
Unabhängig davon, ob dies nun richtig ist oder falsch, möchte ich Euch meine Sicht auf die Armut aufzeigen.
Armut hat viele Gesichter und viele Bezugspunkte. Man kann die Armut rechtlich, gesellschaftlich, ethisch/moralisch und gefühlsmäßig definieren. Man kann Normen schaffen, die die finanziellen Aspekte der Armut regeln.
Man kann die Armut als Zustand begreifen, in dem sich Menschen befinden können, wenn sie weniger haben als der Durchschnitt. Man kann die Armut aber auch schon dann erkennen, wenn Menschen sich arm fühlen.
Dieser letzte Aspekt ist per se subjektiv und selbstredend von dem jeweiligen geschichtlichen und psychologischen Hintergrund zu sehen. Wir können weit überdurchschnittlich viele Vermögenswerte besitzen und uns dennoch verarmt vorkommen.
Doch was ist Armut für mich, wenn ich hier, sprich außerhalb des juristischen Kontextes, darüber spreche oder schreibe? Nun, ich begreife die Armut meist als die Abwesenheit der Möglichkeiten, auch nur eines der menschlich-biologischen Grundbedürfnisse regelmäßig zu befriedigen.
Deshalb war ich aus meiner Sicht niemals arm: Weder in meinem Heimatland, in dem wir im Grunde keinerlei Besitztümer hatten und viel zu häufig angefeindet wurden. Wo wir aber gleichzeitig stets zu essen und zu trinken sowie ein Dach über dem Kopf hatten.
Auch die ersten Jahre in Deutschland waren keine Armut. Flüchtlingsheim und Sozialhilfe/Grundsicherung. Dann jahrelang Spaß mit Jobcenter und Wohnen in einem heruntergekommenen Hochhaus.
Wir hatten stets alles, was wir brauchten. Natürlich nicht alles, was wir wollten. Es gab Essen und Trinken. Ein Dach überm Kopf. Ich durfte die Schule besuchen und Freunde treffen.
Der Staat sorgte für uns, während wir hier die Sprache lernten und auf die Beine kamen. Um diesem Staat mit unserer jetzigen Arbeit dafür zu danken, dass wir nie arm sein mussten.
War ich jahrelang rechtlich arm? Klar.
Habe ich das gewusst, als meine Freunde ihre coolen, teuren Klamotten trugen und ihr Mittagessen bei Subway und Co. einnahmen? Aber sicher.
Wollte ich mehr? Das versteht sich von selbst.
Dennoch war ich niemals wirklich arm. Ich war nicht wohlhabend. Arm sind andere Menschen. Menschen, die auf sauberes Wasser, Essen, Kleidung und Krankenversorgung verzichten müssen. Menschen, die in Flüchtlingslagern dazu noch einen Teil ihrer Würde und Freiheit aufgeben müssen.
Ich war nicht arm. Nur wenige Menschen in Deutschland fallen unter MEINEN Begriff der Armut, auch wenn dies rechtlich und/oder gefühlsmäßig sicher so sein mag. Auch wenn die Armut in Deutschland den sozialen Frieden und den gesellschaftlichen Zusammenhang gefährdet.
So, das waren my two cents. Vielleicht versteht man mich nun etwas besser, wenn ich etwas genauer prüfe, ob jemand seine Lebensversicherung im Wert von 50K einsetzen sollte, statt den Staat mit dessen Kosten zu belasten.
Naja, vielleicht auch nicht.