Sie glauben, Sie seien ein zivilisierter Mensch? Sie pflegen zivilisierte Umgangsformen, kleiden sich ansprechend, achten auf Bildung, Benimm und Beruf? Aber spiegelt sich Ihr Zivilisationsgrad auch in Ihrem Zahnstatus? Verfügen Sie über tiefe Zahnfleischtaschen, Zahnlockerungen und Zahnlücken? Falls nicht - es ist nie zu spät, sich im oralen Bereich einen adäquaten Zivilisationsgrad anzueignen. Hier finden Sie konkrete Tipps und Tricks, wie Sie Ihr Gebiss auf bequeme Art und Weise erfolgreich mit ihrem bereits erreichten Zivilisationsstatus synchronisieren.
Sie haben ein (aus archäologischer Sicht) fehlerfreies Gebiss - festknochig und lückenlos - und Sie sorgen sich, Ihre Nachwelt könnte in einigen Jahrhunderten an dem von Ihnen erstrebten und erreichten Zivilisationsgrad Zweifel hegen? Sie möchten in Ihrem Zahnstatus nachhaltige Spuren eines degenerativen, zivilisierten Lebensstils einarbeiten, um Ihrer Nachwelt Eindeutigkeit zu schenken und lästige Zweifel zu ersparen? Dann ist eine gewöhnliche Parodontitis Ihre Rettung. Auch wenn es recht unwahrscheinlich ist, dass Sie von Ihrem Zahnarzt noch keine Parodontitis diagnostiziert bekommen haben, weil die Kriterien, die zum Erhalt dieser Diagnose berechtigen, so niedrig hängen wie Erdbeeren bei Starkregen, lesen Sie hier, wie Sie hier trotzdem tatkräftig nachhelfen können.
Wir Zahnis reden immer von Parodonditis und unterscheiden zwei Formen: die an der Wurzelspitze (wir sagen: am "Apex") von Zähnen (das sind die allermeisten Patienten, die im Notdienst landen): Parodontitis apicalis. Die zweite Form ist die, die am Zahnfleischrand (am "Margo") lokalisiert ist: Parodontits marginalis. Im Moment ist Parodontitis, also die zweite, randständige Version, in aller Munde. Gibt es in unseren Breitengraden eigentlich Menschen, die noch keine Zahnfleischrandentzündung besitzen und wie kommen diese Menschen dazu? Wie kann man dieses wichtige Erkennungszeichen, welches die Zugehörigkeit zum erlauchten Kreise der Hochzivilisation eindeutig dokumentiert, erhalten, wenn man noch zur spärlichen Randgruppe der Non-Parodontitis-Träger gehört, also weder unter Zahnfleischbluten, noch unter gelockerten Zähnen, Mundgeruch oder Zahnausfall leidet? Im folgenden Text erhalten geneigte Lesende, wie man auf sicherem Wege sein Gebiss mit diesem so wichtigen Erkennungszeichen ausstattet.
Weichgespülte Ernährung und Pflegepfusch
Das Wichtigste zuerst: Vermeiden Sie harte Kost! Denken Sie daran - bei "Al Dente" handelt es sich nicht um eine banale Kochanleitung, sondern in Wirklichkeit um den Anführer einer geheimen Organisation geltungssüchtiger Archäologen, die nur an einer großen Zahl möglichst komplett bezahnter Schädelartefakte interessiert sind. Harte Kost verhindert Zivilisationsgebisse, weil durch harte Kost auf perfide Art und Weise der Knochen trainiert wird. Harte Kost erkennen Sie leicht und zuverlässig mit dem Fingerdrucktest: Kost, die ich mit zwei Fingern nicht mit Leichtigkeit zusammendrücken kann, wird meine Kaumuskulatur zu sehr fordern und mir bei häufiger und unbedachter Anwendung die Bildung, der für das erstrebte Zivilationsgebiss wichtigsten Accessoires verhindern: Hübsche, tiefe Zahnfleischtaschen (1), in denen sich unbemerkt geruchsintensiver Speiseschlick (2) sammeln kann. Um jedoch wirksam zivilisierte Gebissspuren zu hinterlassen sind Zahnfleischtaschen die conditio sine qua non. Doch eins nach dem anderen.
Eine moderne Tasche aus Zahnfleisch ist kein Hexenwerk. Sie ist aber nicht auf die Schnelle, gewissermaßen von heute auf morgen, zu bekommen. Hierzu bedarf es schon eines wohlüberlegten, langjährigen Trainings mit "moderner Kost" und einiger kontinuierlich durchgehaltener Pflegetricks. Weich und möglichst nachgiebig sollte die Kost schon sein, Kaumuskeln sollten bei der Verwertung vor intensiver Kraftanstrengung weitestgehend verschont bleiben, dann kommen sie aber zuverlässig mit Garantie, die ersehnten Taschen. Sie kommen, um zu bleiben. Zahnfleischtaschen zeichnen sich in der Regel durch eine hohen Grad von Treue aus. Taschen gelten übrigens erst dann als "echte Taschen", wenn Taschen eine Mindesttiefe von 4 Millimeter aufweisen. Wer lediglich Taschentiefen zwischen 1 und 3 Millimeter sein eigen nennt, arbeitet zweifelsfrei an einem archäologisch fehlerfreiem Gebiss und gilt in zivilisierten Kreisen schnell als mundgeruchsloser Simulant, "Flachtaschenträger" oder gar Zivilisations-Verräter. Sind 6 Millimeter endlich erreicht (oder auch mehr), dann kann es, olfaktorisch bedingt, vorübergehend recht einsam werden. Soziale Kontakte schwinden zunächst, aber: Der Bekanntenkreis wird lediglich wechseln. Nach einer Übergangszeit darf sich der erfolgreiche Tieftaschenträger einen bunt erweiterten Kreis neuer, freundlich anmutender Sozialkontakte erhoffen: ZahntechnikerInnen, prothetikzuschussausrechnende KrankenkassenmitarbeiterInnen, druckstellensalbenverkaufende ApothekerInnen und viele andere skurille ZeitgenossInnen, die vor wenigen Jahrhunderten noch viel anstrengenderen Tätigkeiten nachgehen mussten.
Die Belohnung für die erfolgreich erworbene Kollektion moderner Zahnfleischtaschen besteht aus erfolgreich aufgeweichtem Kieferknochen, sodaß Extraktionen von lästig und unmotiviert daherwackelnden Zähnen wesentlich eleganter von der Zange gehen. Die Erklärung ist so einfach wie plausibel: Harte Kost verhindert die Knochenerweichung. Für die, die es ganz genau wissen wollen: Harte Kost aktiviert über ein Zugkraft-System (ja, es sind die berühmten "Sharpey´schen Fasern") in der Alveole die revolutionäre Fraktion der Osteoblasten. Bei eintrudelnder Zugkraft via harter Kost produzieren diese Biester ungefragt Knochensubstanz und mauern nicht nur den Zahn unverschämt kräftig ein, sondern sorgen auch dafür, dass sich keine Kollektion moderner Zahnfleischtaschen etablieren kann.
Doch was soll eine Tasche, die leer ist? Kommen wir also zur Füllung der Zahnfleischtasche: geruchsintensiver Speiseschlick.
Für die erfolgreiche Bildung und Ansammlung von aromatischem Speiseschlick ist eine glatte Zahnoberfläche eher hinderlich. Eine rauhe Oberfläche der Zähne dagegen sehr hilfreich. Die von Natur aus glatte Oberfläche, an der so gut wie nichts haften bleibt, in eine rauhe Oberfläche zu verwandeln, mag auf den ersten Blick mühsam erscheinen, ist in der Praxis aber bequem zu bewerkstelligen, wenn anstelle von mittelalterlicher Drahtbürsten und Schleifpapier geeignete und moderne Abbeiz-Flüssigkeiten Verwendung finden.
Klettverschluss: Cola-Getränke - damit auch Zahnbelege ausreichend Haftung finden!
Verwenden Sie hierzu Getränke, die Phosphorsäure enthalten, um den lästigen, bakterienhemmenden, glitschigen Mukopolysaccharidschutz, der jeden Zahnschmelz serienmäßig umgibt, abzubeizen. Erst durch kontinuierliches Aufrauhen der Schmelzoberfläche mit Abbeiz-Flüssigkeiten, die einen pH-Wert von unter 2,5 besitzen, ermöglichen Sie, dass sich Speisereste wie von Geisterhand mit einem praktischen Klett-Verschluss an die vormals noch aalglatte Zahnoberfläche, nun aber zuverlässig aufgerauhten Fläche haften und dass Bakterien in einer erforderlichen Populationsgröße satt werden. Jetzt erst können die Bakterien ihre fröhliche Tätigkeit effektiv aufnehmen. Vermeiden Sie durch den gewissenhaften Gebrauch von Phosphorsäure, dass die possierlichen Einzeller nicht schon beim ersten Versuch, die weiße Steilwand des Zahnes zu erklimmen, unmotiviert abglitschen. Im Handel erhältlich sind konfektionierte Phosphorsäurezubereitungen anwenderfreundlich gesüsst und als "Cola-Getränke" überall günstig zu erwerben. Denken Sie daran: Ob Süßstoff oder Zucker - dass ist für einen gelungenen Aufrauhprozess unerheblich. Die Phosphorsäure ist unser Partner.
Verwenden Sie stets konfektionierte Nahrung, weil hier nicht nur ab Werk für zivilisationsgerechte Weichheit, sondern auch via Zuckerzusatz für eine Extraportion Schub für die wichtige orale Helfergarde gewährleistet ist. Wenn Sie aus Gründen auf den Genuss konfektionierter Nahrung verzichten wollen (oder gar müssen), dann denken Sie bei der Nahrungszubereitung stets daran, dass Konsistenz stets vor Geschmack geht. Der für die Knochendegeneration und Zahnfleischtaschenbildung so wichtige Grad zuverlässiger Weichheit wird streng durch die Art und Weise der Zubereitung bestimmt. Hierzu kann ein handelsüblicher Schnellkochtopf (30min Garungszeit bei 120Grad) gute Dienste leisten. Mit einem Schnellkochtopf lassen sich nahezu sämtliche Speisen zuverlässig zu streichfähiger Konsistenz verwandeln.
Meiden Sie faserreiche Kost, wie z.B. rohe Möhren. Sie werden zwar von larvierten Archäologen immer wieder beworben, sind aber nicht nur Gift für das erfolgreiche Erwerben eines zivilisationsgerechten Gebisses, sondern wirken darüberhinaus aus konjunktureller Sicht hochgradig kontraproduktiv. Rohe Möhren gelten als BIP-negativ, weil durch ihren leichtfertigen Gebrauch viele Umsatzchancen in zahlreichen Wirtschaftsbereichen fahrlässigig vermieden werden.
Meiden Sie sogenannte "Plaque-Färbe-Tabletten". Sie hängen in jedem Drogeriemarkt unschuldig herum und warten auf ihren Einsatz. Plaque-Färbe-Tabletten zeigen bei sachgemäßer Anwendung die Ansammlung von Speiseschlick schon bei geringster Schichtdicke und könnten allein aus ästhetischer Motiven heraus kurzfristig zu übertriebener Zahnpflege verleiten. Langfristig nützen diese Färbemittel genauso wie harte Kost nur der Archäologie, gefährden dabei gleichzeitig aber den Umsatzrückgang der gesamten Dentalbranche und setzen somit letzendlich die Existenz vieler Zahnarztpraxen aufs Spiel.
Vermeiden Sie es, sich abends vor dem Zubettgehen nach dem Zähneputzen mit einem Esslöffel Öl für eine Minute den Mund zu spülen, um damit auf äußerst wirksame und preiswerte Art die Anzahl lipophiler Keime in der Mundhöhle zu reduzieren. Nein, nicht für 30 Minuten - das nennt sich "Ayurveda" und soll laut Aussagen zitierter Glaubensanhänger den Körper "entgiften". Auch wenn es zunächst plausibel klingen mag, weil man in der Zeitspanne von 30 Minuten verhindert ist, eine Currywurst zu essen, überlassen wir die näheren Erklärungsmuster den Herrschaften dort drüben, die lächelnd mit der Klangschale unterwegs sind.
Denken Sie stets daran:
Taschenfreie Mitmenschen handeln aus streng egoistischen Motiven. Sie haben weder Mundgeruch, noch ein Herz für possierliche Taschenbewohner oder für Hersteller von Implantatsystemen. Sie gönnen den kleinen Tierchen kein Obdach. Sie sind egoistisch und essen einfach harte Kost, trainieren dabei Kaumuskeln und fördern somit die Knochenbildung am Zahnfleischrand. Ja! Knochenbildung am Zahnfleischrand! Wenn da ein starker Knochen herrscht, bekommen die Zahnfleischtaschenbauer keine Chance. Osteoblasten heißen die Herren der Knochenbauergilde, die mit ihrer umtriebigen Bautätigkeit dafür sorgen, dass der Kieferknochen dick und stark bleibt. Stur sorgen Osteoblasten dafür, dass Zähne noch nicht einmal von Archäologen aus dem Kiefer gezogen werden können, weil sie so fest darin eingemauert sind. Osteoblasten sind überall dort zu treffen, wo harte Kost für Zugkräfte sorgt. Zugkraft lässt sie geradezu frohlocken und sofort den Zement anrühren. Da, wo harte Kost vorherrscht, sind Zahnfleischtaschen und Zahnlockerungen unbekannt. Womit wir bei der Frage gelandet sind, ob ich Parodontits vermeiden kann: Ja, zum Leidwesen von Zahnärzten ist das leider möglich. Viel zu gut sogar.
Taschenfreie Mitmenschen, die sich nicht nur durch lebenslang festes Zahnwerk, sondern beiläufig auch durch Mundgeruchsfreiheit kennzeichnen, verraten sich durch ihre Vorliebe für harte Kost, z.B. Schwarzbrot mit betonähnlicher Kruste. Harte Kost, als das Trainingsgerät für ihre Kaumuskulatur, starken Kieferknochen und festes Zahnwerk - sie ist einer der Gründe für lebenslange Zahngebundenheit und Abwesenheit moderner, zivilisierter Zahnfleischtaschen.
Bevor ich es vergesse: das Thema Zahnpasta...
Kaufen Sie sich keine gewöhnliche Zahnpasta für 1.50 die Tube. Kaufen Sie stattdessen lieber Hydroxyl-Apatit in Tuben. Das ist zwar sauteuer, klingt aber gut und ist lt. Studie von Prof. Ganß (Marburg) völlig sinn- und nutzlos ("Bislang gibt es keine Hinweise darauf, dass fluoridfreie Hydroxyl-Apatit-Produkte unter kariogenen Bedingungen effektiv sind."). Aber, um nichts dem Zufall zu überlassen, denken Sie daran: ein gründlich zivilisiertes Gebiss benötigt supportiven Unterbau und somit auch auf der geschäumten Seite eine zivililationsgerecht wirkende Pflegeserie.