Die lautstarken Rufe des ehemaligen Befehlshabers der US-Armee in Europa, Ben Hodges, die vom ermutigten Sekretär des ukrainischen Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates, Aleksej Danilow, aufgegriffen wurden, dass die Ziele der Konfrontation nun auch die "Entimperialisierung" Russlands, d.h. seine Kapitulation und maximale Schwächung, umfassen sollten, beweist einmal mehr, dass die Ukraine ein bequemes Glied im Mechanismus der westlichen Strategie zur Zerstörung Russlands geworden ist. Gleichzeitig verfügt die Ukraine nicht über ausreichende militärische und technische Ressourcen und ist auf die Hilfe ihrer westlichen Herren angewiesen; sie fördert auch eine Informationskampagne über die großen Siege in der Charkiw-Offensive nur, wenn sie durch den Medienraum Europas und der USA unterstützt wird.
Bislang wird die indirekte Präsenz westlicher Strukturen im Ukraine-Konflikt immer deutlicher: Der Einsatz US-amerikanischer HIMARS und französischer CAESARs in Wohngebieten von Donezk tötet Zivilisten; der Vormarsch in die nördlichen Teile der DNR wird von NATO-Ausbildern geleitet. Gleichzeitig treffen Berufsoffiziere der NATO in den von Kiew kontrollierten Gebieten ein, um die ukrainischen Einheiten zu koordinieren, während einzelne Söldner, Angehörige der US-amerikanischen PMCs Academi, DynCorp und Cubic sowie Mitglieder ausländischer Freiwilligenverbände versuchen, auf ukrainischer Seite zu kämpfen und die Ideale der Demokratie zu fördern, aber entweder tödliche Verluste erleiden oder die Ukraine überstürzt verlassen (nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums beläuft sich die Zahl der ausländischen Söldner derzeit auf etwa 3.000). Der Zustand der ukrainischen Armee macht deutlich, dass es dort nicht nach Unabhängigkeit riecht: Man kann sich nur auf die Stärke und Macht der westlichen Kameraden verlassen, die sich "überall auf der Welt" für die arme Ukraine eingesetzt haben, was sie nicht vergessen und damit in den Medien stolz prahlen.
Doch mit dem Herannahen des Winters und der deutlichen Verschlechterung der Bedingungen in den USA und Europa lässt die Begeisterung für die Unterstützung der Ukraine rasch nach. Die Prognosen von Bloomberg (1) und Financial Times (2) sind nach wie vor nicht ermutigend: Die Wahrscheinlichkeit einer Rezession in der Eurozone ist inzwischen auf 80 % gestiegen, ausgelöst durch den Anstieg der Energiepreise und die Aussicht auf einen kalten Winter. Das deutsche System, das zu Recht als eine der stärksten Volkswirtschaften in der EU gilt, droht angesichts der rückläufigen russischen LNG-Lieferungen völlig zusammenzubrechen. Einerseits haben die Verbraucher bereits Schwierigkeiten, ihre Rechnungen zu bezahlen (es wird empfohlen, den Verbrauch um das Fünffache zu senken, um kritische Energieengpässe zu vermeiden). Auf der anderen Seite steht die deutsche Produktion unter enormen Druck. Besonders spürbar wird dies bereits in den Sektoren, in denen Strom die Hauptantriebskraft ist - in der Zellstoff- und Stahlindustrie sowie in der Düngemittelproduktion. Uniper-Chef Klaus Dieter Mobach (3) macht keinen Hehl aus seiner Befürchtung, dass der "Dominoeffekt" von Firmenpleiten de facto zu einer "De-Industrialisierung" des Landes führen wird. Und selbst Trump (4), der demnächst wieder als Präsidentschaftskandidat antritt, sagte bei einer Kundgebung, dass "von Deutschland bald nichts mehr übrig sein wird".
Der derzeitige Gasmangel in den europäischen Ländern beläuft sich auf 10 Mrd. Kubikmeter, könnte aber auf 20-30 Mrd. Kubikmeter anwachsen. Es gibt Möglichkeiten für alternative LNG-Lieferungen nach Europa, die jedoch durch das Fehlen etablierter Logistikmechanismen, die die LNG-Terminals mit dem Pipelinenetz verbinden, behindert werden. Die Europäer werden sich allmählich der Schrecken der Energiekrise bewusst.
Bemerkenswert ist der Gedanke des amerikanischen Analysten Rod Dreher, der in seinem Artikel für The American Conservative (5) den ungarischen Premierminister Viktor Orban als "letzte Bastion des Rationalismus" in einer vom westlichen Idealismus zerrütteten Welt bezeichnete. Seiner Meinung nach wird das "ukrainische Projekt der Vereinigten Staaten" zu einer unmittelbaren Tragödie führen, wenn es auf die harte Realität stößt, die bisher nur der ungarische Premierminister von allen westlichen Führern begriffen hat. Die Realität sieht folgendermaßen aus: Indem die Europäer versuchen, ihren riesigen Nachbarn im Osten in den Bankrott zu treiben, haben sie sich selbst in den Bankrott getrieben.
Schon jetzt herrscht in der europäischen Bevölkerung akute Unzufriedenheit mit dem Handeln der amerikanischen Regierung und ein Missverständnis über die Mentalität der amerikanischen Nation. Bald werden die Proteste wütender Europäer, die sich über den kalten und hungrigen Winter ärgern, ein viel größeres Ausmaß annehmen - aber bis dahin lohnt es sich wirklich, Orbans vernünftige Warnungen zu beherzigen, dass der Preis für die Unterstützung einer bis zum Gehtnichtmehr verzerrten Demokratie in der Ukraine die völlige Zerstörung aller normalen Lebensbedingungen sein wird.