Die Behauptung, Impfstoffe enthielten Quecksilber, hält sich hartnäckig. Allerdings ist dies bei den meisten seit Jahren nicht mehr der Fall.

Thiomersal

Thiomersal (Natrium-2-(ethylmercurithio)benzoat) ist eine Verbindung auf Quecksilberbasis, die bereits in geringen Dosen gegen viele Bakterien und Pilze wirksam ist und daher in Impfstoffen und auch in Kosmetika als Konservierungsmittel fungiert (sofern man es denn braucht). Je nach pH-Wert hemmt es die Vermehrung von Bakterien und Pilzen oder tötet Bakterien sogar ab. Das Wirkspektrum ist damit bakteriostatisch, fungistatisch und bakterizid.

Überall dort, wo Injektionslösungen eingesetzt werden, die mehrfach angestochen werden, ist es vorgeschrieben, dass die Lösung Zusatzstoffe enthalten muss, die vor dem Eindringen von Keimen schützen. Solche Injektionslösungen kennt man aus Spielfilmen und Serien, wo jemand mit einer Spritze in eine kleine Ampulle sticht, und dann daraus die Spritze aufzieht. Das ist zwar immer sehr eindruckvoll, allerdings gibt es das bei Impfstoffen nicht mehr (siehe meine Ausführungen weiter unten). Auch bei Wirkstoffen zur äußeren Anwendung auf Schleimhäuten ist Sorgfalt geboten. Thiomersal eignet sich gut, da es bereits in sehr geringen Mengen gegen Mikroorganismen wirksam ist.

Thiomersal ist in Europa beispielsweise zur Konservierung von Augenmitteln erlaubt.[1] Es wird ebenfalls als Konservierungsmittel in einigen Tätowiertinten verwendet.[2] Auch in Augentropfen und Kontaktlinsenflüssigkeit findet Thiomersal Anwendung.[3][4][5] Thiomersal ist bis zu einer Konzentration von 0.007% (umgerechnet auf Quecksilber) als Konservierungsmittel in Abschminkmitteln für die Augen zugelassen.[6]

Quecksilber - ist das nicht giftig?

Elementares Quecksilber ist ein Nervengift. Hier haben wir es jedoch mit gebundenem Quecksilber zu tun. Das ist nicht das Gleiche. Es hat eine andere Oxidationsstufe und wird auch nicht als elementares Quecksilber freigesetzt. Unser Körper ist auch nicht magnetisch oder lässt die Metalldetektoren am Flughafen piepen, obwohl wir Eisen im Körper haben. Aber eben kein elementares Eisen, sondern Ionen. Auch Rost (Eisen-Sauerstoff-Verbindung) verliert seine metallischen Eigenschaften.

In hohen Konzentrationen hat Thiomersal durchaus toxische Eigenschaften[7], aber das trifft so ziemlich auf jeden Stoff zu. Wie sagte Paracelsus? 'Die Dosis macht, dass es kein Gift ist'. Eine Prise Salz in der Suppe macht diese erst schmackhaft. Isst du allerdings einen ganzen Esslöffel, wird man dich in der Notaufnahme nicht lange warten lassen. So viel Wasser kannst du gar nicht trinken, wie du bräuchtest, um deine Zellen vor dem Austrocknen zu retten.

Thiomersal wird zu Ethylquecksilber verstoffwechselt, das bestimmte Enzyme in ihrer Funktion einschränkt und innerhalb von 3–7 Tagen vom Körper ausgeschieden wird. Die Toxizität von Ethylquecksilber ist geringer als die von Methylquecksilber, das in Fischen zu finden ist.[8] Dennoch gilt der normale Verzehr von Fisch als unbedenklich. Das gleiche gilt für die Verwendung von Thiomersal in Kosmetikprodukten und Impfstoffen.[9]

Diskussion um Thiomersal

Ende des letzten Jahrhunderts kamen Diskussionen zur Unbedenklichkeit von Thiomersal auf, insbesondere bei der Anwendung von Kindern und Säuglingen, die verschiedene Impfungen erhalten. Daneben sorgte Andrew Wakefield mit einer Veröffentlichung über einen Zusammenhang von Impfungen und Autismus für bis heute andauernde Ängste.[10] Was soll ich sagen: Die Co-Autoren distanzierten sich von den getroffenen Aussagen und die Veröffentlichung wurde mittlerweile zurückgezogen. Mit der Zeit wurde die Hypothese mehrfach in deutlich größeren Studien (die Wakefield-Studie umfasste 12 Kinder) widerlegt.[11][12][13][14]

Wakefield wurde später von der Ärztekammer ausgeschlossen, da die Studie so viele Mängel hatte, dass man sie nicht mehr aufzählen konnte. Darüber hinaus unterzog er Kinder für Untersuchungszwecke einer Reihe nicht notwendiger invasiver Eingriffe, wie beispielsweise Lumbalpunktionen.[15] Der Held der Kinder war er sicher nicht.

Es gibt jedoch Berichte zu Überempfindlichkeiten auf Thiomersal, insbesondere bei regelmäßigen Anwendungen, wie Augentropfen und Kontaktlinsenflüssigkeit.[16] Thiomersal-haltige Arzneimittel müssen diesen Hinweis entsprechend enthalten.

Einen Überblick gibt der folgende Review-Artikel:

Thimerosal-Containing Vaccines and Autism: A Review of Recent Epidemiologic Studies

Quecksilberverbindung in Impfstoffen - ja, nein, vielleicht?

Nach den ersten negativen Meldungen empfahlen die zuständige Behörden 1999, auf Thiomersal als Zusatz von Impfstoffen zu verzichten.[17] 2004 gab die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA, früher EMEA) ein positives Statement zur Sicherheit von Thiomersal in Arzneimitteln heraus.[18] Dennoch wurde im Bundesgesundheitsblatt die Vermeidung von Thiomersal in Impfstoffen aufgrund seiner allergenen Wirkung angeraten.[19]

Da Impfstoffe heutzutage in Einzeldosen produziert und daher nicht mehrfach angestochen werden, ist Thiomersal in den meisten Impfstoffen nicht mehr zu finden.

In Kinder- und Säuglingsimpfstoffen ist es in den USA und in Europa in keinem einzigen Impfstoff mehr enthalten. Lediglich Impfstoffen, die für Epidemien und Pandemien in größeren Behältnissen vorgehalten werden, wird Thiomersal zugesetzt. Nur in zwei Impfstoffen ist aufgrund des Produktionsprozesses noch Thiomersal enthalten.[20] Ansonsten sind Impfstoffe Thiomersal-frei.[21][22]

Fazit

Thiomersal ist eine organische Quecksilberverbindung, die Arzneimittel und Kosmetika nach Erstgebrauch vor Keimen schützt.

Die zugesetzten Mengen befinden sich im ppb-Bereich und sind in dieser Konzentration nicht toxisch.

Thiomersal ist seit geraumer Zeit mit Ausnahme von präpandemischen oder pandemischen Impfstoffen sowie den weiteren genannten Ausnahmen nicht mehr in Impflösungen enthalten.

Quellen

[1] EU 2009. VERORDNUNG  (EG)  Nr.  1223/2009  DES  EUROPÄISCHEN  PARLAMENTS  UND  DES  RATES vom 30. November 2009 über kosmetische Mittel

[2] ScienceDirect. Thiomersal - an overview.

[3] N Wilson-Holt, JKD Dart, Nature 1989. Thiomersal keratoconjunctivitis, frequency, clinical spectrum and diagnosis.

[4] RC Rowe, PJ Sheskey, SC Owen,  Pharmaceutical Press ; American Pharmacists Association, 2006. Handbook of pharmaceutical excipients.

[5] ScienceDirect. Thiomersal - an overview

[6] CDH Fine Chemical. Thiomersal Material Safety Data Sheat SDS/MSDS

[7] EU 2009. VERORDNUNG  (EG)  Nr.  1223/2009  DES  EUROPÄISCHEN  PARLAMENTS  UND  DES  RATES vom 30. November 2009 über kosmetische Mittel

[8] T Syversen, P Kaur, Perspectives in Medicine 2014. Die Toxikologie des Quecksilbers und seiner Verbindungen

[9] European Medcines Agency 2004. Thiomersal in vaccines for human use - recent evidence supports safety of thiomersal-containing vaccines

[10] A Wakefield, SH Murch, A Anthony, J Linell, DM Casson, M Malik, M Berelowitz, AP Dhillon, MA Thomson, P Harvey, A Valentine, SE Davies, JA Walker-Smith, Lancet 1998. Ileal-lymphoid-nodular hyperplasia, non-specific colitis, and pervasive developmental disorder in children.

[11] A Hviid, JV Hansen, M Frisch, Annals of Internal Medicine 2019. Measles, Mumps, Rubella Vaccination and Autism

[12] F DeStefano, RT Chen, Lancet 1999. Negative association between MMR and autism.

[13] TSS Rao, C Andrade, Indian Journal of Psychiatry 2011. The MMR vaccine and autism: Sensation, refutation, retraction, and fraud

[14] The European Agency for the Evaluation of Medicinal Products 2004. EMEA Public Statement of Thiomersal in Vaccines for Human use - Recent evidence supports safety of Thiomersal-containing vaccines

[15] MMR scare doctor 'acted unethically', panel finds

[16] T Syversen, P Kaur, Perspectives in Medicine 2014. Die Toxikologie des Quecksilbers und seiner Verbindungen

[17] The European Agency for the Evaluation of Medicinal Products 1999. EMEA Public Statement on Thiomersal containing medicinal products

[18] The European Agency for the Evaluation of Medicinal Products 2004. EMEA Public Statement of Thiomersal in Vaccines for Human use - Recent evidence supports safety of Thiomersal-containing vaccines

[19] K Weisser, K Bauer, P Volkers, B Keller-Stanislawski, Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 2004. Thiomersal und Impfungen

[20] FDA, Thimerosal and Vaccines

[21] Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel, Paul-Ehrlich-Institut - Arzneimittelsicherheit

[22] Correctiv, Nein, Grippe-Impfstoffe in Deutschland enthalten kein Quecksilber

Dieser Beitrag ist zuerst auf Quora als Antwort auf die Frage "Was bewirkt Quecksilber in Impfstoffen?" erschienen