Aktuell geschehen sogar noch Wunder. Es gibt CDU-Abgeordnete, die  sich nicht dem Diktat ihrer Parteifunktionäre unterwerfen und darauf  bestehen, als Abgeordnete des Bundestages eigenverantwortlich zu  entscheiden, wann und mit wem sie sprechen wollen. Sie fragen auch nicht  vorher die Fraktionsgeschäftsführung um Erlaubnis, ob sie an einer  Veranstaltung teilnehmen dürfen.

Der Deutschlandfunk, die Zeitung der „Tagesspiegel“ und andere  berichteten über die CDU-Bundestagsabgeordnete Ludwig, die an einer  Konferenz teilnahm, an der auch die Partei-Co-Vorsitzende Alice Weidel  anwesend gewesen ist. Was die Parteifunktionäre der CDU besonders  erzürnte, war die Tatsache, dass man sehen konnte, dass die Abgeordnete  Ludwig auch noch im freundlichen Gespräch mit Weidel aufgetreten ist.

Natürlich distanziert man sich von einem solchen unbotmäßigen  Verhalten, zumal man als Fraktionsführung noch nicht einmal etwas von  diesem Besuch der Abgeordneten Ludwig gewusst habe.

Bei der Veranstaltung handelte es sich – so konnte man es aus den  öffentlichen Medien entnehmen – um eine Veranstaltung der  rechtskonservativen ungarischen Denkfabrik MCC. Der „Tagesspiegel“  berichtete: „Das Mathias Corvinus Collegium (MCC) gehört zum Umfeld von  Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán. Die Journalistin Annika  Brockschmidt hatte im sozialen Netzwerk Bluesky berichtet, Ludwig sei  Teil eines MCC-Panels gewesen. Weidel habe im Publikum in der ersten  Reihe gesessen“. Ja, was will man uns damit sagen? Erstens meinen einige  CDU-Parteiführer wirklich der Meinung zu sein, dass sie darüber zu  entscheiden haben, an welchen Veranstaltungen freie Abgeordnete des  Bundestages teilnehmen dürfen oder auch nicht. Sie haben darüber zu  entscheiden, welche Gesprächspartner für frei gewählte Abgeordnete der  CDU unter den faschistischen Beschluss einer sogenannten Brandmauer  fallen. Vielleicht darf man die CDU-Fraktionsführung einmal auf unserer  Grundgesetz aufmerksam machen. Danach sind Abgeordnete des Bundestages –  auch wenn sie auf Vorschlag einer Partei zur Wahl benannt worden sind –  ausschließlich ihrem eigenen Gewissen unterworfen und haben keine  Weisungen von wem auch immer zu befolgen. Natürlich weiß inzwischen  jeder Bürger, dass sich die Parteien daran weitestgehend nicht mehr  halten. Durch Fraktionszwänge, die grundsätzlich in unserem Grundgesetz  nicht vorgesehen sind, werden die Abgeordneten immer wieder „motiviert“  nur so abzustimmen, wie es die jeweiligen Parteiführungen bestimmen. Die  Perversität dieses Denkens wird dann besonders sichtbar, wenn bei  einigen wenigen Abstimmungen im Bundestag verkündet wird, dass sich  diesmal die Abgeordneten nicht an die Parteibeschlüsse halten müssen,  sondern nur nach ihrem Gewissen entscheiden „dürfen“. Leider haben wir  noch nie davon gehört, dass die öffentlichen Sendeanstalten oder  Zeitungen einen solchen Sachverhalt dezidiert kommentieren.

Die zunehmende Reglementierung von freien Abgeordneten durch ihre  Parteiführungen macht immer deutlicher erkennbar, wie sehr unsere  Demokratie verkommt, weil sie sich immer mehr von den Grundsätzen und  Prinzipien des Grundgesetzes entfernt. Wo bleibt hier eine Stellungnahme  des Bundespräsidenten, der eine Instanz sein sollte, die unparteiisch  für das gesamte Volk eintreten sollte?

Der Abgeordneten Saskia Ludwig wurde von der CDU-Fraktionsführung  vorgeworfen, sie habe sogar auf der vorgenannten Veranstaltung gesagt,  dass es in Westdeutschland als teuflisch gelte, die „Brandmauer“  zwischen AfD und CDU als Problem zu bezeichnen. Da kann man nur noch  darauf replizieren: Nein, der Hinweis auf die Existenz dieser sogenannte  Brandmauer ist nicht teuflisch, zumal er zutreffend ist. Teuflisch ist,  dass sich Parteiführungen anmaßen, eine solche Brandmauer überhaupt  erst zu beschließen. Dagegen muss angegangen werden, weil solche  Brandmauern die Demokratie und damit auch die Freiheit der Bürger  zerstören.

Der Abgeordneten Saskia Ludwig kann man nur zurufen: Bleiben Sie  weiter aufrecht, wenden Sie sich gegen die Diktatur von Verboten, mit  anderen reden zu dürfen und behalten Sie weiterhin Rückgrat. Solche  Abgeordneten sind erforderlich, damit unsere Demokratie nicht vor die  Hunde geht.

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