Klimakrise, da ist das Wort schon wieder. Es klingt drastisch, nach einem schwelenden Konflikt, etwas Apokalypse ist auch dabei. So schlimm ist das doch gar nicht, oder? So schlimm kann es doch gar nicht sein. So schlimm darf es nicht sein. Weil wenn es doch so schlimm ist, dann müssten viele Menschen vieles in ihrem Alltag anders machen.

Das Thema hat – Fridays for Future sei Dank – den Rechtspopulisten endlich den politischen Diskurs über die  Flüchtlingskrise entrissen.

Diese Leute machen ziemlich viel falsch, und das schon sehr lange, weil ihre Leben und ihr Konsumverhalten nicht umweltfreundlich sind. Umweltfreundlich ist natürlich auch ein schönes Wort, viel weniger drastisch und netter als Klimakrise. Nicht umweltfreundliches Konsumverhalten bedeutet alles, was mit Massentierhaltung zu tun hat, mit Verbrennungsmotoren, mit Obst und Gemüse, das Tausende von Kilometern zurücklegt, bevor es in unseren Supermärkten liegt und dann ist da natürlich noch das ganze Einmalplastik, das über Umwege in den Meeren landet.

Umweltfreundlichkeit und Nachhaltigkeit dominieren immer noch die gesamtgesellschaftliche Diskussion. Nicht auszudenken, bei wie vielen Weihnachtsessen sich Eltern und Großeltern in diesem Jahr vor ihren Kindern werden rechtfertigen müssen.

Die Leute hören aber nicht gerne, dass sie etwas falsch machen mit ihrem Leben. Aber gerade ist das Thema in aller Munde und hat – Fridays for Future sei Dank – den Rechtspopulisten endlich den politischen  Diskurs über die Flüchtlingskrise entrissen.

Zurück zur Klimakrise. Ein kleines Beispiel dazu: 800 Passagiere gingen im Juli 2019 auf eine Kreuzfahrt, auf der nur veganes Essen serviert wurde. Spontan könnte man sagen: Warte, vegan ist doch gut. Würde auch gern mal vegan kochen. Mega! Aber warte, eine Kreuzfahrt, das sind doch diese extrem umweltschädlichen Luxus-Kolosse, die die Umwelt mit exorbitant viel CO2, Feinstaub und Stickoxid belasten. 11 Tage lang schipperte diese vegane Klimaunfreundlichkeit über die Ostsee.

Sie wollten sich nicht nehmen lassen, auf Kreuzfahrten zu gehen, oder besser auf Kreuzzüge gegen die Natur zu gehen, statt auf den richtigen, den umweltfreundlichen Zug aufzuspringen.

Fast alles, was wir tun, hat eine umweltfreundliche und  umweltschädliche Seite, weil unsere Welt nicht auf den Grundfesten des  Naturschutzes aufgebaut ist.

Eigentlich ist es ein unfaires Beispiel, weil die veganen Passagiere an Bord ja nichts dafür können, dass ihre ganzen Freunde mit gleichen finanziellen Möglichkeiten aus dem gleichen sozialen Milieu eben Kreuzfahrten machen, das ist halt so. Außerdem ist die Massentierhaltung  noch viel umweltschädlicher als eine kleine Kreuzfahrt und damit veganes Essen eine Kompensation der Fahrt mit dem Stinkerschiff. Ausrechnen will und kann das aber keiner. Außerdem ist es ein unfaires Beispiel, weil nicht nur Veganer*innen Kreuzfahrten machen, sondern weltweit 24 Millionen Menschen auf 220 dieser Schiffe – im Jahr 2016.

Kernpunkt der Sache ist, dass fast alles, was wir tun, eine umweltfreundliche und umweltschädliche Seite hat, weil unsere Welt nicht auf den Grundfesten des Naturschutzes aufgebaut ist – sondern der Profitmaximierung. Wir sind eingebunden in umweltzerstörende System. Das hört sich fast so an, als könne man nichts tun und als könne man das Verhalten unserer Mitmenschen, die Kreuzfahrten machen, jeden Tag Auto fahren oder Fleisch aus Massentierhaltung essen entschuldigen. Ganz im Gegenteil: Wir könnten sehr viel schneller sehr viel weniger Klimaschädliches tun. Wir müssen nur unser Verhalten und unsere Konsumgewohnheiten ändern. Nur leider ist das so wie mit dem Gendern. Die Einen finden, dass es wichtig ist, Veganer*innen zu sagen, den Anderen reicht das Wort Veganer und sie meinen trotzdem alle. Dahinter stecken Einstellungen zum Leben, Theorien und ein fehlendes Gefühl für die eigene Privilegiertheit. Ist halt einfach so!

Da hat es der Klimaschutz aber natürlich noch leichter als das Gendern, weil man hier mit CO2-Emissionen, dem Treibhauseffekt, mit Eisblöcken, dem Anstieg der Weltmeere und Inseln argumentieren kann, die zu verschwinden drohen. Hier sind die Begründungen wenigstens naturwissenschaftlicher Natur. Aber wenn sich das Klima erwärmt, warum  merken wir das hier in Deutschland nicht? Dann muss doch alles wärmer werden, oder nicht? Eine Frage, die nur wieder beweist, da hat wieder jemand nicht zugehört. Ein eindeutiges Zeichen dafür, dass das Thema komplex ist und das wiederum heißt viel mögliche Verwirrung und das führt zur Schockstarre. Und dann kommen da noch die Kinder, die wollen, dass man alles ändert, von heute auf morgen und die einem auch noch sagen wollen, wie. Und wenn, dann ganz, und nich so mit Kreuzfahrt und dann vegan Essen da drauf, auch wenn Ludwig und Irmgard ihre Kreuzfahrt schon gebucht haben und man selbst kurz vor der One-Click-Bestellung ist!

Eigentlich würde ich gern sagen, dass der Konservatismus hier der wahre Feind ist. Weil er das vergangene konserviert, also Traditionen und Werte ihrer selbst Willen bewahrt. Er wird von Individuen getragen, die jeden Tag mit ihrem Konsum Entscheidungen treffen, die Fakten schaffen, manchmal aus Unwissen und oft aber auch ganz bewusst und weil es ihnen einfach vollkommen egal ist. Es ist aber auch der Hedonismus, der auf der Suche nach Spaß alles wegkonsumiert, was ihm in den Weg kommt, ebenso bewusst und gemixt mit viel Gleichgültigkeit.

Der Konservatismus will die Heimat in die Zukunft tragen, weil er denkt, dass sie alle Probleme löst. Aber Heimat kann nur Heimatprobleme lösen.

Man redet gern über die Anderen. Zeigt mit dem Finger auf sie und weiß, dass man damit auch von sich selbst ablenkt. Wie gesagt, wir sitzen alle im Glashaus, und da wird die Luft langsam dicker. Wichtig ist der Änderungswille – als Anfang – und der stetige Versuch, etwas zu ändern. Die Anderen können wir nicht ändern, aber uns selbst. Und wenn wir selbst mit gutem Beispiel vorangehen, dann können wir Andere mitziehen und sie positiv beeinflussen, wenn sie das denn wollen – also alle, außer den Konservativen und den Hedonisten.

Wenn wir schreiben, können wir das tun. Umweltfreundliches Schreiben hinterfragt also, wie die eigene Geschichte hinsichtlich der Umwelt gestrickt ist. Welche Position die eigenen Charaktere dazu haben, ohne belehrend zu wirken. Eine Protagonistin, die ein Riesenauto fährt auf dem Weg zu ihrem Date und es niemandem auffällt, welche Drecksschleuder sie fährt? Ein Coming-of-Age-Roman auf einer veganen Kreuzfahrt, der kein einziges Mal hinter die Fassade des Schiffes blickt?

Es wäre politisch, umweltfreundlich zu schreiben? Es ist politisch, nichts zu tun und nichts zu hinterfragen. Aber ich schreibe lieber Krimis, Romanzen und Thriller, da passt das nicht so rein. Umwelt ist ein perfektes Thema und bietet viele Geschichten, in den genau diese Genres stattfinden können.

Jede*r Autor*in sollte für sich selbst einen Standpunkt zur Klimakrise finden, was auch bedeuten kann, dass man sie thematisiert. Denn ist es nicht Aufgabe der Schriftsteller*innen, die Probleme ihrer Zeit zu adressieren und nach Lösungen zum Umgang mit ihnen zu suchen?

Headerbild: Sebastian Voortman from Pexels