Die Lebensrealität von Sexarbeitenden in Deutschland ist oft von gesellschaftlichen Vorurteilen und rechtlichen Unsicherheiten geprägt. Die im September 2024 veröffentlichte „Sex Work Well-Being Umfrage“ der Erotikplattform Erobella beleuchtet erstmals umfassend die gesundheitliche, soziale und rechtliche Lage dieser Berufsgruppe. Die Ergebnisse der Umfrage zeichnen ein differenziertes Bild: Während viele Befragte positive Aspekte ihrer Arbeit hervorheben, bleibt die Branche mit erheblichen Herausforderungen konfrontiert.

Sexarbeit unter dem Einfluss des Prostituiertenschutzgesetzes

Im Jahr 2017 trat das Prostituiertenschutzgesetz in Kraft, das Arbeitsbedingungen in der Sexarbeit regulieren sollte. Ob dieses Gesetz den gewünschten Schutz bietet, wird derzeit vom Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen evaluiert – doch die Transparenz der Ergebnisse bleibt fraglich. Erobella entschied sich daher, eine unabhängige Umfrage durchzuführen, um die tatsächlichen Erfahrungen der Sexarbeitenden zu erfassen.

Es wurden 205 Sexarbeitende anonym befragt. Die Themenbereiche der Umfrage umfassten Gesundheit, soziale Unterstützung, rechtliche Rahmenbedingungen und Sicherheit am Arbeitsplatz.

Gesundheitliche und soziale Herausforderungen

Die Umfrage zeigt, dass sich die Mehrheit der Befragten (85 Prozent) gesundheitlich und psychisch in einem guten Zustand sieht. Trotzdem sind Stressfaktoren wie unzuverlässige Kunden und kulturelle Barrieren für viele ein Problem. Die Belastungen in der Sexarbeit wirken sich dabei oft nicht nur auf die berufliche, sondern auch auf die private Lebensführung aus.

Eine Teilnehmerin betont: „Sich um meine mentale Gesundheit zu kümmern, ist entscheidend, weil ich nicht gut oder sicher arbeiten kann, wenn ich in einem schlechten psychischen Zustand bin.“ Regelmäßiger Austausch und Unterstützung von Berufsorganisationen wie dem „Berufsverband erotische und sexuelle Dienstleistungen“ (BesD) seien für viele ein wichtiger Rückhalt.

Vorteile und Belastungen des Berufs

Die Befragten berichten auch von positiven Aspekten der Sexarbeit, etwa die finanzielle Unabhängigkeit und flexible Arbeitszeiten. Eine ältere Sexarbeiterin erklärte: „Sexarbeit ermöglicht es mir, mit einem geringeren Zeitaufwand gut zu verdienen.“ Jedoch sind prekäre Arbeitsbedingungen und das Verhalten von Kunden häufig Anlass zur Klage. Vor allem das „Preisdumping“ und das Nachfragen von nicht angebotenen Services sind weit verbreitete Probleme.

Ein weiteres großes Thema ist die mangelnde Sicherheit am Arbeitsplatz. Viele Sexarbeitende sehen sich durch die rechtliche Situation und fehlenden Schutzmechanismen weiterhin unzureichend abgesichert, was die Ausübung des Berufs erschwert.

Das Stigma der Sexarbeit

Das gesellschaftliche Stigma, das Sexarbeit nach wie vor umgibt, hat tiefgreifende Auswirkungen auf das Privatleben der Betroffenen. Viele gaben an, dass es schwierig sei, stabile Beziehungen aufzubauen oder romantische Bindungen zu pflegen. Ein Teilnehmer schildert: „Meine Arbeit als Sexarbeiterin macht das normale Dating praktisch unmöglich.“

Die Befragten wünschen sich daher vor allem eine Entkriminalisierung der Sexarbeit und eine Reform des Umgangs mit migrantischen Sexarbeitenden, die besonders von Ausgrenzung und rechtlichen Hürden betroffen sind.

Fazit

Die „Erobella Sex Work Well-Being Umfrage 2024“ macht deutlich, dass es in der Sexarbeit nicht nur um finanzielle Fragen geht, sondern um grundlegende Themen wie Gesundheit, Sicherheit und gesellschaftliche Anerkennung. Um die Situation für Sexarbeitende nachhaltig zu verbessern, ist es notwendig, Gesetze zu reformieren und Vorurteile abzubauen – hin zu einer Gesellschaft, die alle Berufsgruppen mit Respekt behandelt.