Wisst ihr, ich gehe ja wirklich gern einkaufen. Ja, trotz Pandemie oder der Gefahr eines bevorstehenden Feiertags und dem damit einhergehenden plötzlichen Mangel an einfach allem und der dadurch aufsteigenden Hysterie der Leute, die 10 Packungen Klopapier, die noch irgendwo daheim herumliegen, beim nächsten Stuhlgang komplett zu verbrauchen.

Ich weiß, es gibt auch diese Lieferservices - alles schön und gut, aber die nehme ich immer nur in den warmen Sommermonaten in Anspruch. Oder wie ich sie gerne nenne: Biermonate. Ich habe nämlich leider kein Auto, ja noch nicht einmal einen Führerschein. Aber ich komm' auch aus dem Osten und wir hamm ja nüscht, wie wir alle wissen.

Also wie gesagt: ich gehe wirklich gern einkaufen und auch recht häufig. Und dennoch denke ich jedes verdammte Mal am Eingang vom Laden: "Och nö, das Körbchen brauchst du nicht. Das passt alles in die Armbeuge". Ich weiß es, ihr wisst es, alle wissen es: passt es nicht! Niemals. Nirgendwo. ‌‌‌Dennoch steuere ich korblos als erstes natürlich immer sofort die Bananen an.‌‌ Um der guten alten Zeiten Willen und weil ich Klischees einfach liebe.

Danach geht es dann immer direkt zum Tomatenmark, obwohl ich eigentlich wissen müsste, dass bereits 10 Tuben davon Zuhause herumliegen, ich das aber leider regelmäßig vergesse, sobald ich einen Laden betrete. Das ist dieser Pawlowsche Tomatenmark-Effekt. Den gibt es in jedem Laden und kann auch alle von uns treffen. Und während ich mir so die 11. Tube Tomatenmark in die Achselhöhle klemme, sehe ich sie im Augenwinkel: ‌‌Die achtköpfige Leergutschlange in ihrem natürlichen Lebensraum mit ihren natürlich gelangweilten, aber in diesem Fall sehr aggressiven und mordlüsternen Gesichtsausdrücken. Denn der Automat muss gerade geleert werden. Um nicht im Vorbeigehen angezischt oder bespuckt zu werden, mache ich lieber einen großen Bogen um sie. Dabei stoße ich leider ein paar Eier vom Regal.

Nimm das Bodenhaltung!

Normalerweise wäre ich schnell vom Tatort geflüchtet, aber ich trage ja eine Maske. Und während ich unerkannt davon schlendere, frage ich mich, wo eigentlich hier das Stroh liegt. Vermutlich in Gang 5 bei den Pornos.

Mit jedem neuen Gang, den ich erkunde, füllen sich meine Armbeuge, die Stelle zwischen Kinn und Schulter und die Hände (die Bananen baumeln am Maskenbändchen hinter den Ohren) mit super tollen Sachen, die das Leben schöner machen.‌‌"Hinein in's Jenga-Feeling", trällere ich, während ich einen Einkaufswagen erspähe.‌‌ Dort lade ich meine Sachen ab und fahre ein Stückchen mit der Besitzerin des Wagens mit.‌‌ Wir kommen dabei sogar ins Gespräch, das aber recht schnell sehr hitzig wird, weil meine Bananen ihre Gurken berühren und einfach mitfahren ja nun nicht geht. Außerdem hätte ich zuvor auch nicht den Daumen ausgestreckt, um zu signalisieren, dass ich eine Mitfahrgelegenheit brauche. Und in Deutschland gibt es Gesetze! Auch in Gang 5!

Scheiß Bürokratie!

Also klemme ich mir meine Sachen wieder in die Armbeuge und diverse andere Körperöffnungen, murmel etwas von "unsozial" und suche mir einen neuen Wagen.‌‌ Ich werde auch gleich fündig. Der Besitzer läuft gerade um die Ecke in einen anderen Gang. Glück muss man haben...‌‌Oder sehr schnell seine Sachen reinwerfen und Richtung Kasse rasen, wenn keiner guckt. Vorher sollte man aber unbedingt noch das Kind aus dem Wagen heben und am besten in der Schokoladenabteilung absetzen, sonst ist das Geschrei wieder groß.

Leider werde ich bei meiner halsbrecherischen Flucht in Gang 9 geblitzt. Da ist nämlich 30er Zone wegen des Porzellans. Das hatte ich ganz vergessen. Aber ich trage ja immer noch die Maske. Keine Punkte in Flensburg für mich dieses Mal. Payback, Bitches!

Während meines explosionsauslösenden und Actionfilmreifen Bremsmanövers fallen mir plötzlich ein paar Chipstüten in den Wagen. Gut, sie stammen von der erschrockenen und aufgrund des Zusammenpralls in Gang 12 katapultierten Dame mit der jetzt nicht mehr ganz so schönen Dauerwelle, aber ich sagte ja bereits: Glück muss man haben. Chips kann man nie genug haben.

Natürlich suche ich mir dann die Kasse mit der kürzesten Schlange aus - wie jeder vernünftige Mensch, aber leider auch immer gleich noch die, an der gerade die neu eingestellte Kassiererin sitzt, die weder die Codes zum Wiegen noch das dazugehörige Obst und Gemüse zu kennen scheint. Diese elende Smoothie Generation ist noch mal unser aller Untergang.

Aber immerhin habe ich jetzt genügend Zeit, meine sieben Sachen auf's Band zu stapeln (hinein ins Jenga-Feeling) und entlasse den gemopsten Wagen mit den Worten: "Lauf, Forrest, lauf!" wieder in die Freiheit.‌‌‌‌

Jetzt weiß ich auch, welchen Film ich heute Abend schauen werde.

Während ich also darauf warte, dass die Kassiererin endlich die falschen Codes für die Guacamolebälle eingibt, beobachte ich belustigt, wie das restliche namenlose Obst und Gemüse auf dem Band zwischen allerlei quer liegenden Flaschen umherrollt. Letztere längs zu legen, ist ja auch langweilig, weil die dann nicht so lustig durch die Gegend kullern und natürlich immer von der Kassiererin weg: "Nein, ich will noch nicht über den Scanner! Noch fünf Minuten, bitte!"

Das liest sich natürlich alles sehr dramatisch, ich weiß. (Vielleicht baue ich beim nächsten Mal noch mehr Explosionen ein und irgendwas mit Cobra 11.) Und natürlich könnte man jetzt denken: "Was ein Paulaner Garten hier" und ihr habt Recht. Ist es. Denn eigentlich wollte ich euch nur mitteilen, dass mir gerade sterbens langweilig ist, weil die Omi am Anfang der Kassenschlange passend zahlen will, aber die Augen nicht mehr das sind, was sie mal waren und die Enkel auch nicht mehr zu Besuch kommen.

Die sind nämlich nur noch in diesem "Indanetz".

Und trinken vermutlich Smoothies.