Ja, sollten sie - aus einem simplen Grund: Ihre Arbeit an der Uni ist zugleich ihr Auftrag, diese Institution mitzugestalten.

Daher ein paar (persönlichere) Überlegungen zur aktuellen Debatte um das Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG):

Nach Erhalt der Ernennungsurkunde stand ich unter dem kurzzeitigen Eindruck, es 'geschafft' zu haben - begünstigt wohl auch durch lange Ungewissheit und Zweifel gegenüber dem eingeschlagenen Weg.

Heute sehe ich: Der damalige Eindruck war durchaus fatal. Denn aus ihm hätte sich eine folgenschwere Verklärung des eigenen Werdegangs entwickeln können. Wer meint, es 'geschafft' zu haben, neigt womöglich dazu, anderen die Härten aufzubürden, die man angeblich selbst durchleben musste.

Ja mehr noch: Das Hochgefühl des Angekommenseins entpuppt sich rasch als destruktiver Ehrgeiz, der auf Verhinderung und Kleinhalten zielt. Denn wer sich als Sieger fühlen will, braucht die Niederlagen der anderen, um das Gefühl angeblicher Überlegenheit auf Dauer stellen zu können. Daher dröhnte manch prominenter Professor (!) seine strukturellen Privilegien symbolisch auf, indem er penibel darauf achtete, dass an den strukturellen Privilegien nichts verändert wird.

Selbstverwaltung wurde als Chance gedeutet, vorrangig sein Selbst verwalten zu können. Das WissZeitVG stützt diese Romantisierung der professoralen Sieger: Die stets kommenden und gehenden Assistent*innen sind prekäre Insignien des eigenen Triumphs. Mit jedem Vertragsende kann man sich nochmals leise zur eigenen Lebenszeitstelle gratulieren.

Es könnte sich lohnen, diesen Versuchungen zu widerstehen - nicht zuletzt, weil jede Zeit andere Aufgaben bereithält. So werden gerade wir Professor*innen nicht umhinkommen, uns sehr ernsthafte und weitreichende Gedanken zur kommenden Form der Universität zu machen. Dazu aber muss ein gelassen-distanziertes Verhältnis zu eigenen Erfahrungen entwickelt werden. Kontingenzen und Zufälle sollten anerkannt, Ablehnungen nicht überhöht werden. Nur so sind Vorgesetzte in der Lage, Universität sachorientiert zu gestalten.

Dass wir Universität neu denken müssen, steht indes außer Frage. Die Debatte um das WissZeitVG greift derart tief in institutionelle Strukturen ein, dass es kein Zurück mehr geben wird. Darin liegt der Auftrag: Institution gestalten setzt voraus, sie zunächst anders zu denken. Damit ist noch lange keine Lösung angesprochen. Aber vielleicht kann es helfen, auch die weichen Themen zu beachten, die einer Weiterentwicklung entgegenstehen können. Oft genug sind sie es, die an entscheidender Stelle blockierend wirken - gerade in Großinstitutionen.

Und ja: Der Artikel mag einen performativen Widerspruch enthalten - und selbst ein Beispiel für professorale Selbstverklärung sein. Aber auch in diesem Fall soll er andeuten, dass Verantwortung, die man in einer Uni trägt, nicht ohne Blick auf die eigene Situation zu greifen ist.

Der Beitrag ist zuerst auf Twitter erschienen.