„Etwas nicht Existierendes als Existierendes anzuerkennen, das ist absurdes Theater“ sagte Prof. Michael Wolffsohn  der Welt.

Wenn wir auf eine Landkarte schauen, sehen wir Linien, Farben und Grenzen. Diese Linien teilen die Welt in Länder ein: Deutschland, Frankreich, Brasilien, Palästina, Israel, die USA und so weiter. Für uns Menschen ist das selbstverständlich. Wir reisen mit Pässen, wir zahlen Steuern, wir hören die Nachrichten über Staaten und ihre Konflikte. Staaten wirken wie feste Realitäten – fast so, als wären sie Naturgesetze.

Doch genau hier liegt der Denkfehler.

Die Natur kennt keine Staaten

Wenn ein Astronaut von außen auf die Erde blickt, sieht er einen runden, blauen Planeten – ohne Linien, ohne Grenzen. Die Natur kennt Wälder, Meere, Wüsten und Gebirge. Sie kennt Regen und Trockenheit, Schwerkraft und Sonnenaufgänge. Aber die Natur kennt keine Staaten.

Staaten existieren nur, weil wir Menschen uns darauf geeinigt haben, dass es sie gibt. Sie sind wie ein großes Theaterstück: Wir spielen mit, indem wir Pässe ausstellen, Flaggen hissen, Gesetze schreiben und Armeen aufstellen. Aber all das basiert auf Vorstellungen, nicht auf Naturgesetzen.

Wirklich, aber nicht „physisch“

Das bedeutet nicht, dass Staaten unwichtig wären. Im Gegenteil: Sie bestimmen unser Leben ganz massiv. Sie können Kriege führen oder Frieden sichern, Wohlstand schaffen oder Armut verstärken. Staaten sind wirkmächtig – aber eben nicht „dinglich“. Sie sind keine Bäume, keine Berge, keine Atome. Man kann einen Staat nicht anfassen, wie man einen Stein anfasst.

In der Sprache der Philosophie nennt man so etwas eine „soziale Konstruktion“. Es ist ein gemeinsames Gedankengebäude, das durch unser Handeln real wird. Geld ist ein ähnliches Beispiel: Eine Banknote ist nur Papier – aber weil wir alle daran glauben, dass sie einen Wert hat, funktioniert unser Wirtschaftssystem.

Das „absurde Theater“

Wenn man diesen Gedanken zu Ende denkt, dann könnte man sagen: Staaten sind „absurdes Theater“. Absurdes Theater deshalb, weil wir so tun, als ob etwas naturgegeben und unumstößlich wäre – obwohl es in Wahrheit nur in unseren Köpfen existiert. Das heißt nicht, dass Staaten Unsinn wären. Aber es heißt: Sie sind keine Tatsachen der Physik, sondern Produkte menschlicher Vorstellungskraft und Machtorganisation.

Warum wir das oft vergessen

Die meisten Menschen merken das nicht, weil sie mitten im „Stück“ stehen. Wer sein ganzes Leben innerhalb von Staatsgrenzen verbringt, Steuern zahlt und Fahnen schwenkt, für den wirken Staaten so real wie Berge oder Flüsse. Erst wer – wie Astronauten – den Blick von außen hat, erkennt: Da gibt es gar keine Linien, nur einen Planeten, auf dem wir alle zusammenleben.

Staaten sind wie ein Bühnenbild, das wir gemeinsam aufgebaut haben. Sie sind wirksam, weil wir an sie glauben und nach ihren Regeln handeln. Aber sie sind nicht Teil der Natur, nicht wie das Wasser, das wir trinken, oder die Luft, die wir atmen.

Zu erkennen, dass Staaten „nur“ Konstruktionen sind, kann helfen, Konflikte besser zu verstehen. Denn oft kämpfen Menschen nicht um Naturgesetze, sondern um Vorstellungen – um Grenzen, die man mit einem Bleistift auf eine Landkarte gezogen hat.

Wenn es also absurdes Theater ist Palästina anzuerkennen, dann ist es das übliche absurde Theater, dass die Menschheit tagtäglich aufführt. Auch Geld und Reichtum sind keine physikalische Realitäten. Die Physik, und das wird sie uns lehren, wenn wir als Menschheit nicht bald aufwachen, kümmert sich darum nicht. Die Naturgesetze können wir, wenn wir denn an Gott glauben, auch als Gottes Schöpfung sehen und wenn wir nicht an Gott glauben, dann eben als etwas Unverrückbares, das nicht verhandelt.

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