Köln/Kiel/München. Die Corona-Impfstoffe haben die deutschen Steuerzahler bisher 13,1 Milliarden Euro gekostet. Das geht aus Informationen von NDR, WDR und der „Süddeutschen Zeitung“ (SZ) hervor. Demnach liege den Redaktionen eine detaillierte Bestellübersicht der Bundesregierung für die einzelnen Impfstoffe vor. Zum Vergleich: Der Regierungsentwurf zum Bundeshaushalt sah im Vor-Coronajahr 2019 für den gesamten Gesundheitsbereich noch 15,3 Milliarden Euro vor, das waren 4,3 Prozent des Haushaltsplans. In der Coronakrise lagen die Gesundheitskosten 2020 dann bei rund 36 Milliarden (8,2 Prozent), im Jahr 2021 bereits bei rund 48,5 Milliarden (8,7 Prozent).

Pikant bei den Impfstoffpreisen ist: Die beiden Pharmafirmen Pfizer / BioNTech sowie Moderna erhöhten mitten in der Pandemie den Preis pro Dosis um rund 50 Prozent. So bestellte die Bundesregierung im Dezember 2020 bei BioNTech 39 Millionen Dosen noch zum Preis von rund 15,50 Euro pro Dosis – um neun Monate später bereits für rund 23,20 Euro pro Einzeldosis nachzukaufen. Bei Moderna kostete die Einzeldosis im Dezember 2020 bei 15 Millionen bestellten Dosen rund 19,50 Euro. Drei Monate später zahlte Deutschland in der Nachbestellung bereits rund 29,70 Euro. Zum Vergleich: Eine Impfdosis der Firma AstraZeneca kostete im Dezember 2020 nur rund 2,30 Euro, von Johnson&Johnson etwa sieben Euro. Nachfragen zu ihren Preisen haben die Hersteller den Berichten zufolge nicht beantwortet, BioNTech ließ lediglich mitteilen: „Verlassen Sie sich nicht auf Informationen, die nicht nachgeprüft werden können (die Preisangaben können wir nicht nachvollziehen).“

Sind die Preise gerechtfertigt?

Rolf Blaga ist Leiter Arbeitsgruppe Medizin und Gesundheit für die Nicht-Regierungsorganisation Transparency International. Er kritisierte: „Die Öffentlichkeit muss darauf vertrauen können, dass die Steuergelder nicht verschwenderisch ausgegeben werden.“ Der Bundesrechnungshof müsse vollen Zugang zu den Unterlagen bekommen und sie prüfen. Wolfgang Dieter Ludwig, Vorsitzender der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft, hält die Preise nicht für grundsätzlich falsch, ihn störe aber die „unseriöse“ Preiserhöhung mitten in der Pandemie. Die Pharmafirmen hätten diese Preise durchsetzen können, weil Deutschland „die Impfstoffe brauchte“.

Der Präsident des Verbands forschender Pharmaunternehmen (vfa), der Niederländer Han Steutel, verteidigte die Preispolitik: „Die Renditen in der Pharmaindustrie müssen hoch sein, denn das Risiko in Forschung und Entwicklung ist extrem hoch“. Ohne hohe Renditen kaufe niemand die jeweiligen Aktien. Laut Steutel gaben die Impfstoffe „unser normales Leben wieder zurück“ und der Preis dafür sei „eigentlich äußerst gering“. Und laut Berichten heißt es aus der Pharmabranche, BioNTech-Chef Ugur Sahin geht es nicht um seine persönlichen Profite, sondern um Gelder zur Erforschung neuer Medikamente; mit den höheren Preisen hätten die Pharmafirmen teure Auflagen seitens Deutschlands und der EU absichern wollen.

Bundesregierung bestellte unnötig viele Impfdosen

Die Bundesregierung hat sich gegenüber den Herstellern verpflichtet, insgesamt 672 Millionen Covid-19-Impfstoffdosen abzunehmen, wie das Gesundheitsministerium der SZ, NDR und WDR mitteilte. Der frühere Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) habe davon bis zum Regierungswechsel 2021 bereits 557 Millionen Impfdosen bestellt. Mit den Impfstoffen könnte jeder Deutsche achtmal „kurz gepikst“ werden, was Ludwig von der Arzneimittelkommission für „viel zu hoch“ hält.

Da Deutschland auch für das laufende Jahr 2023 weitere Corona-Impfstoffe im Wert von zwei Milliarden Euro abnehmen muss, rechnet der Vorsitzende des Haushaltsausschusses, Helge Braun, mit der Vernichtung eines Großteils der Lieferung. „Das ist aus meiner Sicht nicht nur hinsichtlich der Kosten furchtbar, sondern auch wegen des Ressourcenverbrauchs unethisch.“ Das Gesundheitsministerium bemühe sich derzeit darum, Impfstoffe an ärmere Länder zu spenden – allerdings übersteige derzeit das Angebot die Nachfrage bei weitem.

Den Krankenkassen droht ein Preisschock


Der Anspruch auf die staatlich garantierte Corona-Impfung läuft in Deutschland am 7. April aus. Danach müssen die gesetzlichen Krankenkassen die Impfungen übernehmen – und damit auch die Kosten. Unklar ist noch, zu welchen Preisen die Kassen die Impfstoffe von den Herstellern abkaufen werden, da sie noch keine Informationen dazu haben. Sicher ist bislang, dass Pfizer und BioNTech in den USA die Preise je Dosis kräftig anziehen. Wie die SZ berichtete, soll in den USA eine Impfdosis von Pfizer und Moderna bereits ab dem ersten Quartal 2023 zwischen 110 und 130 Dollar kosten. Also rund das Fünffache von den bisherigen Preisen in Deutschland.

Die US-Senatoren Elizabeth Warren schrieb in einem Brief an Pfizer-Chef Albert Bourla, „diese Preiserhöhung ist pure und tödliche Gier“. Viele nicht krankenversicherte Amerikaner könnten sich den Impfstoff nicht leisten und an Covid sterben, so Warren. In Deutschland stellen sich die Krankenkassen inzwischen auf harte Preisverhandlungen mit den Impfstoffherstellern ein.





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