Am 25. Januar 2020, kehrte einen Australier aus Victoria (ein Staat im Süden Australiens) von seiner Reise nach Wuhan zurück und wurde als erster positiv auf SARS-CoV-2 getestet. Am nächsten, Tag feierte die ganze Nation sorglos Australiens Nationaltag. Es war hoch Sommer, die Kinder hatten noch Sommerferien und jeder, der es konnte, ging zum Strand. Zahlreiche Gruppen sammelten sich in den Parks oder zu Hause um das traditionelle BBQ (Grillen) zu geniessen und keiner war sich der bevorstehenden Gefahr bewußt.
GRILLEN IST EINE LEIDENSCHAFT IN AUSTRALIEN
Es sollte mehr als ein Jahr vergehen, ohne dass unser Leben extrem von der Pandämie auf dem Kopf gesetzt wurde. Zwar wurden teilweise (jedoch hauptsächlich in Victoria) besondere Verhaltensregeln eingesetzt. Uns traffen eine erste, dann eine zweite Welle (beide Mal haupsächlich in Victoria), aber sie waren nicht zu vergleichen, mit dem was meine Freunden und Familiemitglieder aus dem Rest der Welt erzählten. Als ich mit Europa und Afrika telefonierte, traute ich mich öfter nicht, über unsere Lage in zu sprechen, so lächerlich ich mir vorkam.
Zum Vergleich, erreichten wir erst am 29. August dieses Jahres (2021) die Anzahl von 1000 Toten, die dem COVID-19 zuzuschreiben waren. Zwischen Anfang Oktober 2020 und Ende July 2021 starben ca. nur 20 Menschen an Covid und es vergingen oft etliche Wochen, ohne dass neue Fälle gemeldet wurden.
DOCH DANN TRAF UNS DIE DRITTE WELLE WIE EIN BLITZ !!!
Am 24. Juni, einem Donnerstag, hatte unser jüngster Sohn Geburtstag. Da wir alle unter der Woche arbeiten, beschliessen wir ihn am darauffolgenden Wochenende zu feiern. Allerdings, als der Samstag kam war es zu spät dafür. Im Großraum Sydney waren plötzlich neue Fälle von der Delta-Variante aufgetreten und die Stadt wurde ab dem 27. Juni abgeriegelt. Zuerst sollte die Ausgangsperre 2 Wochen, dann einen Monat dauern. Heute, am 23. September, also 3 Monate später, ist sie immer noch in Kraft.
ANFANG WAR ABER NICHT VIEL ZU MERKEN
Ich stelle mich also darauf ein, die gleiche Erfahrung zu machen, wie meine Freunden in Europa: leere Straßen, traurig dahin guckenden Menschen, vielleicht sogar Regen?
Anfangs waren allerdings die neuen Verhalstensregeln kaum zu merken. Die Australier sind eine Mischung aus Deutschem und Französischem Geist: sie halten sich an die Regeln, versuchen aber das beste daraus zu tun. Zum Beispiel, mussten Geschäfte und Restauranten schliessen aber dafür wurden etlichen Essen zum Mitnehmen bestellt. Draußen musste man Masken tragen außer beim Sporttreiben und plötzlich fing jeder an, sich sportlich zu betätigen.
Äußerlich aber, änderte sich nicht viel. Die winterliche Sonne schien weiterhin. Ich durfte nach wie vor meinen täglichen Sparziergang an der Bucht entlang machen und meinen Kaffee zum Mitnehmen holen. Arbeiten tat ich sowieso schon lange von zu Hause aus.
Seit 3 Monaten bildete ich mir also ein, dass ich nicht unter der Pandämie gelitten hatte, dass meine Kinder, mir nicht fehlten, obwohl ich sie nicht besuchen durfte, weil sie zwar in der gleichen Stadt wie ich, aber weiter als 5 km von mir entfernt wohnten, dass das Leben fast normal war. Ich hatte mich an der Zweisamkeit meiner Eher gewohnt und daran, dass man Freunden nur durch das Telefon erreichen konnte.
SEIT SONNTAG DÜRFEN SICH ABER WIEDER BIS ZU 5 MENSCHEN VERSAMMELN!!!
Und dann hatte ich letzten Sonntag eine Erleuchtung. Was mir fehlte war nicht so sehr, oder nicht hauptsächlich, oder nicht nur, die Tatsache, dass ich meine Freunde und Kinder nicht sehen durfte. Nein, was mir fehlte war, menschliches Gewimmel um mich zu sehen!!!
Dies wurde mir klar, als plötzlich wieder Leben auf den Straßen gab. Seit einer Woche waren nämlich die Zahlen von den an Covid Infizierten runtergegangen und zum ersten mal seit 3 Monaten durften sich bis zu 5 Leute in den Parks treffen. Auf einmal verwandelte sich das Viertel in dem ich lebe in einem Fest: Picknick-Decken wurden ausgebreitet, Champagner Flaschen aufgemacht, Spielplätze besetzt und Menschen lachten wieder.
Natürlich ist es leicht für mich, mich zu freuen, wo ich doch zu den privilegierten Menschen gehöre, die durch den Covid-19 weder Arbeit noch Wohnung oder gar einen geliebten Menschen verloren haben. Wie überall sonst auf der Welt, gibt es in Australien auch viele Menschen, die an indirekten Folgen der Pandämie gelitten haben. Im July 2020 erreichte die Arbeitslosikeit 7.5% (statt 5% in 2018) und viele Kleinbetriebe mussten zu machen. Aber ich kann nicht umhin mich darauf freuen, dass bald 80% der Australier geimpft werden und dass danach die Abriegelungmaßnahmen für die Vollgeimpften gelockert werden.
Bleib alle gesund, wo immer ihr seid und lass mir wissen, wie ihr das Ende der Ausgangsperre erlebt habt.
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