„Armin Laschet? Bundeskanzler? Niemals!“ „Mit ihm als Kanzlerkandidat bekommen wir Baerbock!“ So die innerparteilichen Fehleinschätzungen in der CDU.
Angesichts der aktuellen Insa-Umfrage bei der die CDU eine gute Woche nach der Inauguration Armin Laschets zum Kanzlerkandidaten bei 23% liegt, mag die Überschrift einer Außenseiterwette gleichkommen. Immerhin liegen CDU und Armin Laschet auf einem historischen Nullpunkt. Aber:
Das Team Laschet arbeitet von Beginn an arbeitsteilig. Friedrich Merz, die konservativ-populistische Lichtgestalt der CDU ist Teil des Teams Laschet und macht sich CDU-intern lautstark bemerkbar mit dem Versuch, die Reihen zu schließen („Tretet nicht aus!“ und „Nein, zum Gendern!“). Am 27. April wurde nun offiziell, dass Friedrich Merz Teil des Wahlkampfteams von Armin Laschet ist.
Die erhoffte Wirkung auf unzufriedene, konservative Stammwähler der Unionsparteien dürfte klar sein. Kurzfristig soll Merz dafür sorgen, dass die CDU in Sachsen-Anhalt bei den Landtagswahlen am 6. Juni kein Fiasko erlebt. Deshalb funkt Merz seit einigen Tagen vehement gegen die Grünen und ihr „Gender-Gaga“ und gegen deren Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock, der ein Friedrich Merz höchstens die Küche, aber nicht das Kanzleramt zutrauen „darf“. Soweit so naja.
Für Armin Laschet ist allerdings die saubere Analyse des aktuellen Zustands Voraussetzung für einen erfolgreichen Wahlausgang: So ließ Laschet verlauten, dass die CDU/CSU sich in einer Art Dilemma befinde: Im Westen seien die Grünen der Hauptgegner und im Osten die AfD. Das kann einen reinen Kanzlerwahlverein natürlich zerreissen. Aber Armin Laschet ist es gewohnt, unterschiedliche Kräfte und Strömungen einzubinden. So hat er unmittelbar nach Bekanntwerden der Aktion #allesdichtmachen in der NDR-Talkshow 3nach9 im Gespräch mit dem Schauspielstar Jan-Josef Liefers gezeigt, dass er tatsächlich aktiv zuhören kann. Ergo: Wir dürfen davon ausgehen, dass Armin Laschet sich als Versöhner präsentieren wird. Das wird die Nerven vieler beruhigen und für die Verbesserung der Zustimmungswerte sorgen.
Dazu kommt natürlich, dass CDU/CSU etwa fünfmal mehr Parteimitglieder mobilisieren können als die Grünen. Das wird dazu führen, dass mit Laschets Portrait schon frühzeitig das gesamte Land und jede Straßenkreuzung tapeziert werden wird. Großformat und an den besten Standorten. Ich prognostiziere Plakate, die nur sein Gesicht mit Hals und Brustkorb zeigen mit einem einzigen Wort darauf: „Vertrauen“, „Zukunft“, „Sicherheit“, „Versöhnung“, „Stabilität“ usw. Das kennen wir von der CDU aus einigen Bundestagswahlen. Die Wirkung dieser Plakatkampagne darf nicht unterschätzt werden.
Armin Laschet wird auf seine Erfolge als Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen hinweisen und hat hier den Trumpf in der Hand, in vielen Politikbereichen Probleme der vorangegangenen Rot-Grünen Landesregierung unter Hannelore Kraft angepackt zu haben.
Gleichzeitig aber gilt Armin Laschet als jemand der wie kein anderer für die Kontinuität im Kanzleramt steht. Denn er hat als Ministerpräsident mit der Bundeskanzlerin in der Corona-Krise eng zusammengearbeitet und ihre Politik seit Jahren mitgetragen. Das wird ihm vorgeworfen werden. Andererseits könnte gerade Frau Merkel ihm die Nutzung Friedrich Merz' als Scharfmacher im Wahlkampf übel nehmen. Insofern scheint Armin Laschet die nötige Emanzipation von Angela Merkel bereits jetzt angelegt zu haben und mit der Umsetzung zu beginnen.
Chronologisch stehen wir vor einer medialen Dauerbefeuerung der Medien durch das „Team Laschet“. Das Wahlprogramm wird wasserdicht und anschlussfähig an sämtliche Milieus ausformuliert werden. Und sicherlich nach besten Marketinggesetzen in homöopatischen Dosen in der Öffentlichkeit verbreitet werden.
Im Wahlprogramm werden sich die eigentlichen Kernkompetenzen der CDU wiederfinden: Innere und Äußere Sicherheit, wirtschaftliche Stabilität, Energiesicherheit, leistungsorientierte Bildungspolitik.
Damit wird Armin Laschet, aber auch Friedrich Merz die Talkshows und Gazetten dauerbefeuern.
Sicher wird hier auch die ein oder andere neue und progressiv erscheinende Idee von Friedrich Merz wirksam präsentiert werden. #Bierdeckelsteuer
Aus dem Wahlkampf in Sachsen-Anhalt wird sich Armin Laschet erwartungsgemäß weitgehend heraushalten und Merz mit Söder die Marktplätze überlassen.
Wenn die CDU in Sachsen-Anhalt aber ein gutes Wahlergebnis einfährt und es dort gelingt, die AfD auf Distanz zu halten, wird Armin Laschet seine Parteifreunde in Sachsen-Anhalt befriedet haben.
Insgesamt wirkt Armin Laschet als habe er die Stimmung im Lande längst erfasst und suche proaktiv nach einer für alle tragbaren Lösung und einem Ausweg aus der Logik des Dauerlockdowns.
Entscheidend wird sein, dass die CDU/CSU zur Ruhe kommt und im parteiintern die Reihen wieder geschlossen werden. Daran arbeitet Armin Laschet gerade. Er besucht die Landesverbände und hört zu. Hierbei wird er auch bei der Südwest-CDU erfahren, was diejenigen Landtagsabgeordneten mit Direktmandat und Ergebnissen über 30% anders und damit besser gemacht haben als etwa die Spitzenkandidatin Eisenmann. Daraus wird Erkenntisgewinn für den Kanzlerkandidaten resultieren.
Aus dem „Schrecken“ mit seiner Aufstellung, Annalena Baerbock zur Kanzlerin gemacht zu haben, entsteht so allmählich Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten. Die schärfste Waffe Laschets bleibt vorübergehend Friedrich Merz und den hat er buchstäblich von der Leine gelassen.
Das Problem mit den hohen Umfragewerten der Grünen kann sich buchstäblich in Luft auflösen. Je näher die Wahl rückt, desto mehr Menschen werden nachrechnen, ob sie über genügend Einkommen verfügen, um sich die Grünen Wahlversprechen auch leisten zu können.
Diese Karte wird für Laschet in den Sommermonaten sicherlich zur Trumpfkarte, die er medienwirksam ziehen wird.
Der letzte Punkt: Wir dürfen davon ausgehen, dass die Sonstigen bei der Bundestagswahl am 26.9. stark abschneiden werden. Die ÖDP, die Partei, die Basis, die Klimaschützer, die Freien Wähler, Volt und einige andere werden antreten. Die meisten bauen sich seit Jahren bundesweit ein stabiles Wählerpotential auf und werden so addiert auf vielleicht über 10% kommen. Das bedeutet, dass es Armin Laschet reichen wird, wenn die Unionsparteien auf 31% plus x kommen werden und etwa die FDP 14% plus x erreichen wird.
Das alles mag sich nach sehr viel Spekulation anhören. Diese scheinbaren Spekulationen basieren auf Beobachtungen und Auswertungen vergangener Wahlen und der Wahlkämpfe davor. Die CDU ist in Sachen Machterlangung und Machterhalt Champions League. Die Grünen können in diesen Bereich vordringen, laufen allerdings permanent Gefahr, sich selbst immer wieder ein Bein zu stellen.
Bedenken wir: Die CDU kommt von deutlich höherer Zustimmung bei den Wählerinnen und Wählern als die Grünen, die von deutlich niedrigeren Werten aus starten. Aktuell stellen die Grünen im Bundestag die kleinste Fraktion. Wie oben bereits angeführt, werden die Zahlen sich noch verändern, je näher die Wahlen rücken.
Die große Unbekannte ist und bleibt die Corona-Politik. Hier scheint sich Laschet mehr und mehr als Versöhner zu gerieren. Das wird ihm helfen, verloren gegangenes Vertrauen wiederzugewinnen.
Deshalb: Wetten, dass Armin Laschet der nächste Bundeskanzler sein wird?
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