Die Maßeinheit BPM (=beats per minute) einmal auf die Politik übertragen führt zu „GPL“ (=Gesetze pro Legislaturperiode). Was kommt bei einer Überprüfung dieses Indexes heraus?

Die Generation Techno weiß, 120 bis 150 'beats per minute' müssen schon sein. Mehr geht auch, langsamer ebenso. 120 Schläge die Minute entsprechen in etwa dem menschlichen Herzschlag. Die Messung weist die aktive Herztätigkeit nach. 2 Herzschläge pro Sekunde. Leben. Also ist der Pulsschlag mit einem Arbeitsnachweis vergleichbar.

Braucht die Politik einen messbaren Leistungsnachweis?

Wie genau ist „gute Politik“ oder „erfolgreiche Politik“, „Gerechtigkeit“ oder „Gemeinwohl“ messbar? Ja, es gibt Indizes wie den so genannten Warenkorb oder Bemessungsgrundlagen für Steuern. Aber eine Maßeinheit um die Arbeit der Volksvertreter im Parlament zu bewerten existiert  nicht und hätte womöglich eine rein statistische Aussagekraft. Also wozu und vor allem wie wären Gesetze pro Legislatur messbar?

Ein möglicher Parameter könnte sein, die Beschlüsse und Abstimmungen bei Gesetzen und Verordnungen, sowie Ausführungs- und Angleichungsbestimmungen ins Verhältnis zum Jahr oder der Legislaturperiode zu setzen.

Die Aussagekraft des errechneten Ergebnisses zeigt auf den ersten Blick tatsächlich, dass Summe X Beschlüsse gefasst wurden. Vor der Abstimmung zu einem Gesetzesvorhaben der Regierung stehen Beratungen im Parlament, den Ausschüssen, Interessenvertretern, den Parteigremien und nicht zuletzt der Öffentlichkeit. Das bedeutet: Ein Parlament, das Beratungen abhält und Beschlüsse fasst, sollte den Erfolg seiner Arbeit, der Arbeit seiner Abgeordneten messen können.

Quelle: www.bundestag.de

22 Sitzungswochen pro Jahr – ist unsere demokratische Repräsentanz etwa faul?

Eine ketzerische Frage verdient eine klare Antwort: Wer von 52 Wochen im Jahr 22 Anwesenheitspflicht im Bundestag hat, der hat also 30 Wochen im Jahr frei? Ferien? Urlaub? Oder?

Mitnichten! Das Abgeordnetenmandat sieht vor, dass die Demokratie in der Weise ausgestaltet wird, dass Abgeordnete zur Hälfte ihren Auftrag aus den Wahlen im Parlament und zur anderen Hälfte in ihrem Wahlkreis ausüben. Also bedeuten 22 Sitzungswochen 44 Wochen Ausübung des Mandats. Dann bleiben rein rechnerisch etwa 8 Wochen Zeit für Erholung und Privatleben pro Jahr. Sicher, auch das hört sich komfortabel an. Wer aber weiß was ein Mandat bedeutet, das ernsthaft ausgeübt wird, wird erkennen, 8 Wochen Erholung im Jahr stehen Abgeordneten definitiv zu.

Die Erkenntnis hieraus: Die Bedeutung reiner Zahlen bemisst sich nicht allein in ihrem augenscheinlichen Wert. Der Kontext bestimmt die Aussagekraft.

Wie viele Gesetze beschließen also unsere Abgeordneten?

Aus den Publikationen des Deutschen Bundestags geht hervor, dass die Anzahl der Gesetze, Verordnungen, Ausführungs- und Angleichungsbestimmungen sich von Legislaturperiode zu Legislaturperiode nicht oder nur marginal unterscheidet. Im Prinzip produzieren unsere Abgeordneten die ewig gleiche Menge an Beschlüssen mit Gesetzeskraft. In der Legislaturperiode von 2009 bis 2013 hat der Bundestag insgesamt 553 Gesetze beschlossen. In der in diesem Jahr zuende gehenden Legislaturperiode wurden bis heute 387 Gesetze in zweiter und dritter Beratung beschlossen. Die genaueren Statistiken finden Sie hier, wenn Sie eigenständig recherchieren und die Daten miteinander abgleichen wollen:

https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2013/46598866_kw37_statistik-213446

Signifikante Veränderungen der Anzahl der „Gesetze pro Legislatur“ gab es etwa mit dem Beitritt der fünf neuen Bundesländer nach dem 3. Oktober 1990. Das wiederum liegt nicht an den eigentlichen Gesetzen, sondern an deren Angleichungen mit den einzelnen Bundesländern. So ist in der Historie erkennbar, dass es lediglich zwei weitere Änderungen in dieser eher willkürlichen Statistik gegeben hatte: Mit dem Zusammenschluss des so genannten Südweststaates am 25. April 1952, der Gründung des heutigen Bundeslandes Baden-Württemberg und mit dem Beitritt des Saarlandes am 1. Januar 1957.

Weitere Veränderungen stehen im Zusammenhang mit den Verträgen zu Montanunion, EWG, EG und der heutigen EU. Auch hier sind in der föderal aufgebauten und strukturierten Bundesrepublik Deutschland Angleichungen nötig.

Fazit:

Die bloße Anzahl beschlossener Gesetze sagt nichts über deren Qualität aus. Welche Themen ein Parlament behandelt und behandeln muss, liegt vor allem an den Anforderungen der jeweiligen Zeit. Aktuell sind dies Gesetze im Zusammenhang mit der Bekämpfung des Corona-Virus. In anderen Jahren und Legislaturperioden waren Finanzkrisen, Massenarbeitslosigkeit oder vor 20 Jahren die Einführung des Euro demokratisch zu bewältigen. Sicher folgt manch ein Gesetzesvorhaben auch den Versprechen der Regierungsmehrheit, die diese etwa in Programmen und vor Wahlen gegeben hat. Wie viele Gesetze tatsächlich aus dem jeweiligen Koalitionsvertrag resultieren, lässt sich kaum auf einen Blick ergründen.

Dem entsprechend sind Vergleiche im Maßstab „Gesetze pro Legislaturperiode“ vielleicht für Dissertationen interessant. Für die Beurteilung konkreter und aktueller, politischer Fragen sind sie eher bedeutungslos.

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