Hat Trump der Wissenschaft geschadet - und wenn ja, wie?

Das renommierte Fachjournal Nature hat erst unlängst einen Artikel über genau diese Frage verfasst: How Trump damaged science

Zusammengefasst kann man das so verstehen:

Es gibt strukturelle Schädigungen, die übergreifende Kooperationen massiv sabotiert haben und regulatorische Hürden, haben die Arbeit seit Beginn der Amtszeit erheblich schwerer gemacht. Diese regulatorischen Maßnahmen können rückgängig gemacht werden, wenn er aus dem Amt gewählt wird, wenngleich die bereits entstandenen Schäden, nicht wieder gut zu machen sind. Die Arbeit der Wissenschaft in den USA wurde direkt sabotiert.

Aber wichtigste Schaden, der nicht wieder gutzumachen ist, ist die systematische Schädigung der wissenschaftlichen Integrität und der reflektierten Wahrnehmung der Wissenschaft in der amerikanischen Bevölkerung. Donald Trump instrumentalisierte mit jeder seiner politischen Schritte die Wissenschaft für seine Zwecke. Wissenschaft wurde politisiert. Das Ergebnis ist ein nicht unerheblicher Anteil wissenschaftsfeindlicher Amerikaner und ein vollständiger Verlust der wissenschaftlichen Autorität in weiten Kreisen des Landes. Dieser Realitätsverlust, darüber welche Rolle die Wissenschaft in unserer sekulären Gesellschaft spielt und von welcher Wichtigkeit das wissenschaftliche Sprachrohr ist, ist ein unwiederbringlicher Schaden, der nur über Jahrzehnte wieder langsam aufgebaut werden kann.

Man muss das alles kritisch betrachten

Ich fand den Artikel nicht unbedingt schlecht geschrieben, aber Fachjournale haben sich in den letzten Wochen sehr stark politisiert. Es gibt auch ein Statement von Nature darüber, dass es jetzt wichtiger für Fachjournale wird, sich politisch zu äußern. Ich stehe dem sehr kritisch gegenüber. Ich finde es großartig, dass sich die Wissenschaft zu politischen Themen äußert, die sie unmittelbar betrifft, aber das kann sehr schnell außer Kontrolle geraten. Wenn Fachjournale beginnen ihre Kompetenzen zu überschreiten, büßen sie ein großes Stück Glaubwürdigkeit ihrer politischen Unabhängigkeit ein. Genau das muss aber um jeden Preis verhindert werden. Wissenschaft muss politisch unabhängig sein und das bedeutet auch, sich politisch unvorteilhafte Entwicklungen gefallen zu lassen und trotzdem seine Arbeit zu machen.

Weitere Journals sind nachgezogen

Aber die Entwicklungen sind dramatisch und die Wissenschaft leidet schon lange unter der Politik in den USA. Wir erleben in Deutschland, wie Wissenschaft in die Mitte der Gesellschaft rückt, und zu einer erfolgreichen Reaktion auf eine Krise geführt hat. In den USA kann man das Gegenteil beobachten.

Inzwischen hat sich auch das Fachjournal mit dem größten Impact Factor von allen, das New England Journal of Medicine, zu Wort gemeldet und einen sehr eindrucksvollen Appeal veröffentlicht, Donald Trump aus dem Amt zu wählen. Seit Jahrhunderten haben sich diese Fachjournale aus der Politik völlig rausgehalten. Aber die prekäre Situation zwingt die Wissenschaft förmlich dazu sich zu Wort zu melden und an die Vernunft zu appellieren.

Dying in a Leadership Vacuum | NEJM

Und auch das Journal Scientific American hat sich dazu geäußert und explizit ausgesprochen, dass die kommende Wahl in den USA entscheidend ist um die zukünftige Entwicklung der Wissenschaft zu beschützen.

On November 3, Vote to End Attacks on Science

Ich bin nach wie vor unentschlossen, ob ich das gut heißen soll oder, ob die Sprachrohre der Wissenschaft sich damit in eine Position begeben, aus der man nur ganz schwer wieder rauskommt.


Donald Trump und die Wissenschaft

  • Donald Trump ist aus dem Pariser Klimaabkommen ausgestiegen
  • Er hat die Energiewende in den USA vollständig zum Erliegen gebracht
  • Er hat Forschungsgelder gekürzt und internationale Beziehungen geschädigt
  • Er hat die wissenschaftliche Unabhängigkeit weltweit wichtiger Instanzen wie dem CDC in ein schlechtes Licht gerückt
  • Er hat als wichtigster Geldgeber, der WHO die Mittel gekürzt
  • Er arbeitet entgegen aller wissenschaftlicher Beratung seit seinem Amtsantritt daran das ohnehin unzumutbare Gesundheitssystem der USA weiter zu schwächen
  • Er hat die wichtigsten Ratgeber des Landes und er geballten wissenschaftlichen Expertise des Landes während der Pandemie den Rücken zugekehrt
  • Er hat wissenschaftliche Ergebnisse dementiert und seine eigenen völlig perverse Hypothesen in die Mitte der Gesellschaft geworfen und so den Fokus der Forschung auf völlig falsche Bereiche gelenkt
  • Donald Trump ist der größte Verbreitern von Desinformation aller Zeiten

Und eines möchte ich noch ganz persönlich hinzufügen. Er hat die soziale Sicherheit im Land so stark ins Chaos gestürzt, dass die USA zu einem unglaublich unattraktiven Ort für talentierte junge Forscher, internationale Zusammenarbeit, und Migration forschungstreibender Kräfte gemacht. Ich persönlich habe mich bewusst dagegen entschieden meine Karriere in den USA fortzusetzen. Eine Freundin von mir, die ihren Master an der Universität Yale gemacht hat, wollte seit langer Zeit dort auch ihr Doktorat fortsetzen, hat sich aber aufgrund der prekären politischen Lage bewusst dagegen entschieden. Um nur ein paar persönliche Beispiele zu nennen. Im großen Maßstab sind solche persönlichen Entscheidungen ein nicht zu ingorierender Verlust für das amerikanische Forschungsfeld.

Die USA ist kein begehrenswertes Ziel mehr für Studenten, oder Forscher die sich versuchen an die Spitze vorzuarbeiten.

Donald Trump hat sogar Daten von Klimaforschern in den USA löschen lassen. Als Reaktion darauf haben einige Wissenschaftler, ihre Daten auf europäische Server hochgeladen, um die Daten zu schützen. Das halte ich für stark repräsentativ und wichtig, da es viel zu wenig Resonanz in den Medien gab.


Tatsache ist, dass die destruktive Politik von Donald Trump und der rechtskonservativen Hardliner in den USA der Wissenschaft nicht nur gewaltigen Schaden zufügt, und das nachhaltig, dass nicht mehr nur Wissenschaftler die leidtragenden sind, sondern die gesamte Bevölkerung, vielleicht sogar weltweit.

Vielleicht ist einfach der Punkt erreicht, an dem die Wissenschaft dazu gezwungen ist das Wort zu erheben. Ein Point Of No Return, den niemand erreichen wollte, aber eine notwendige Maßnahme nichtsdestotrotz. Hoffentlich wird es dabei bleiben, und hoffentlich wird es nie mehr notwendig sein.


zeit.de mit Werbung

Wie Wissenschaftler Klima-Daten vor Trumps Machtübernahme sichern

Kurz vor Trump: Noch schnell ein paar Klimadaten retten | DW | 19.01.2017